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Andreas Bausewein gegen Große KoalitionRot-Rot-Rebell in Thüringen

Scheitert Schwarz-Rot könnte der Erfurter Oberbürgermeister zur neuen Nummer eins der SPD werden. Die CDU geht jedoch davon aus, dass die Koalition mit der SPD so gut wie sicher ist.

Der Erfurter Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) beantwortet auf der Basiskonferenz der Landes-SPD in Erfurt Fragen von Journalisten. Bild: dpa

DRESDEN taz | Andreas Bausewein ist groß, jung, gut aussehend, politisch geradlinig und volksnah. Eigenschaften, die im Amt des Oberbürgermeisters einer Landeshauptstadt gewiss nicht schaden. 2006 hatte der studierte Sozialpädagoge und Erziehungswissenschaftler das Erfurter Rathaus für die SPD erobert und galt als der Shootingstar der Thüringer SPD. Er ist kein reiner Berufspolitiker und hat kurze Zeit beim Thüringer DGB gearbeitet. Keine typische Parteiochsentour also, obschon der 36-Jährige auch Juso-Landeschef und Landtagsabgeordneter war.

Bausewein ist von SPD-Landeschef Christoph Matschie am Ende der Sondierungsgespräche mit Linken und Grünen einmal gefragt worden, ob er für das Amt des Ministerpräsidenten eines linksgrünen Bündnisses zur Verfügung stehen würde. Bausewein bat sich damals Bedenkzeit aus, dann überrollte ihn die Ankündigung von Schwarz-Rot. Auch auf taz-Nachfrage lehnte er kurz vor der Erfurter Basiskonferenz diese Rolle ab, falls Schwarz-Rot noch gekippt würde.

Nach vier Stunden Redeschlacht hörte sich das anders an. "Ich will mich wieder stärker in die Parteiarbeit einbringen", drohte Bausewein. Der Erfurter Oberbürgermeister plädiert für ein rot-rot-grünes Bündnis und hatte mit zur Basiskonferenz eingeladen. SPD-Landeschef Matschie warf Bausewein am Wochenende vor, ihm gehe es um einen Machtwechsel an der SPD-Spitze in Thüringen. Aber Bausewein war klug genug, keinen Putsch zu forcieren, und versuchte stattdessen zu integrieren. Den prominentesten Befürworter eines Linksbündnisses in der Thüringer SPD, Richard Dewes, pfiff er wegen polarisierender Äußerungen zurück. Kommt es zum SPD-Aufstand könnte Bausewein die neue Nummer eins werden - in der SPD und im Land.

Die thüringische CDU geht jedoch davon aus, dass eine schwarz-rote Landesregierung so gut wie sicher ist. Der SPD-Landeschef Matschie habe sich der Union gegenüber bis jetzt als "zuverlässiger Partner" erwiesen, lobte CDU-Fraktionschef Mike Mohring in der Leipziger Volkszeitung seinen Wunsch-Koalitionspartner. Er unterstelle, "dass die SPD so stabil ist, dass wir für fünf Jahre mit ihr eine verantwortungsbewusste Regierung bilden können."

Der CDU-Fraktionschef machte auch deutlich, dass ein Scheitern der Koalitionsverhandlungen zu Neuwahlen führen würde. "Sollte die SPD den Koalitionsvertrag ablehnen, dann hat Rot-Rot im Landtag nur 45 von 88 Stimmen", so Moring. Daraus würde "nie eine stabile Mehrheit."(mit afp)

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12 Kommentare

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  • AF
    Alex Freiraum

    Naja den OB Bausewein als linken Rebell darzustellen ignoriert aber auch recht stark die Ergebnisse seiner politischen Arbeit in Erfurt in den letzten Jahren, den hier in Erfurt steht er vorallem für eine Politik des radikalen Kahlschlages alternativer und freier Kultur, so wurde von Ihm und seiner Partei eine repressive Innenstadtverordnung durchgesetzt die soziale und alternative Gruppen aus dem Bereich der Innenstadt massiv verdrängt, desweiteren betrieb er massiv die Räumung eines seit mehr als 8 Jahren besetzten Hauses , im Wahlkampf ging er mit der Parole " Klare Verhältnisse schaffen" und der Forderung nach einer klaren Unnachgibigkeit gegenüber der alternativen Szene auf Stimmenfang, also eine Politik die eher untypisch für " links" ist aber wahrscheinlich gehts Ihm ja auch bloß um Macht und Einfluß in der Partei.

  • CB
    Carlos Bauer

    Nun versucht ein Teil der Thüringer SPD die geprellte Basis milde zu stimmen, indem wenigstens ein Widerspruch gegen die programmatisch pervertierte Koalitionsverhandlung gegeben wird. Nur weil Soziale Arbeit studiert wurde, heißt das nicht, dass man soziale Arbeit leistet. Ich erinnere an die schon gedruckten Plakate in Bezug auf die "Stadtwerk- Kündigungsschutz- Affäre". Ich ermutige zum Hinterfragen der Intention der Thüringer SPD, des OB Andreas Bausewein und würde darum bitten die Taten des "Rebellen" anhand der tatsächlichen Stadtpolitik in Erfurt nachzuvollziehen. Diese reichen von sozialem Ausschluss zugunsten touristischer Attraktivität über Gentrifizierung bis hin zur Zerstörung alternativer, politischer, soziokultureller Zentren.

  • S
    Stefan

    Sollte eine "Große Koalition" wie es die Überschrift sugeriert nicht aus den beiden stärksten Parteien einer Wahl bestehen? Rhetorische Frage, denn eine Koalition zwischen den größten Parteien in Thüringen wäre zwischen der CDU und der Linkspartei. Darauf würde ich mich freuen! Am "größten" ist mein Wunsch allerdings, eine Koalition zwischen Linkspartei, SPD und Bündnis ´90/Die Grünen.

  • R
    r.renner

    ist schon lustig in der brd: wer wahlergebnisse ernst nimmt, gilt als rebell...

  • CN
    Che Nie

    Für die Stabilitätsrechnungen von CDU und Matschie-Flügel würde man wohl jeden ordentlichen Architekten absehbar verhaften und einsperren.

     

    Bei den massiven Protesten in der SPD ist es doch höchst fragwürdig ob im Landtag die Stimmen für eine CDU-Ministerpräsidentin reichen. Heide Simonis und Andrea Ypsilanti lassen grüßen!

  • PB
    Peter Braun

    "Scheitert Schwarz-Rot könnte der Erfurter Oberbürgermeister zur neuen Nummer eins der SPD werden. CDU geht davon aus, dass die Koalition mit SPD so gut wie sicher ist." Nur mal so als Frage: Gibt's hinter "Schwarz-Rot" nicht ein Komma? Und heißt es nicht "die CDU" und "mit der SPD"? Merkwürdige Sparsamkeit.

  • AF
    Alex Freiraum

    Naja den OB Bausewein als linken Rebell darzustellen ignoriert aber auch recht stark die Ergebnisse seiner politischen Arbeit in Erfurt in den letzten Jahren, den hier in Erfurt steht er vorallem für eine Politik des radikalen Kahlschlages alternativer und freier Kultur, so wurde von Ihm und seiner Partei eine repressive Innenstadtverordnung durchgesetzt die soziale und alternative Gruppen aus dem Bereich der Innenstadt massiv verdrängt, desweiteren betrieb er massiv die Räumung eines seit mehr als 8 Jahren besetzten Hauses , im Wahlkampf ging er mit der Parole " Klare Verhältnisse schaffen" und der Forderung nach einer klaren Unnachgibigkeit gegenüber der alternativen Szene auf Stimmenfang, also eine Politik die eher untypisch für " links" ist aber wahrscheinlich gehts Ihm ja auch bloß um Macht und Einfluß in der Partei.

  • CB
    Carlos Bauer

    Nun versucht ein Teil der Thüringer SPD die geprellte Basis milde zu stimmen, indem wenigstens ein Widerspruch gegen die programmatisch pervertierte Koalitionsverhandlung gegeben wird. Nur weil Soziale Arbeit studiert wurde, heißt das nicht, dass man soziale Arbeit leistet. Ich erinnere an die schon gedruckten Plakate in Bezug auf die "Stadtwerk- Kündigungsschutz- Affäre". Ich ermutige zum Hinterfragen der Intention der Thüringer SPD, des OB Andreas Bausewein und würde darum bitten die Taten des "Rebellen" anhand der tatsächlichen Stadtpolitik in Erfurt nachzuvollziehen. Diese reichen von sozialem Ausschluss zugunsten touristischer Attraktivität über Gentrifizierung bis hin zur Zerstörung alternativer, politischer, soziokultureller Zentren.

  • S
    Stefan

    Sollte eine "Große Koalition" wie es die Überschrift sugeriert nicht aus den beiden stärksten Parteien einer Wahl bestehen? Rhetorische Frage, denn eine Koalition zwischen den größten Parteien in Thüringen wäre zwischen der CDU und der Linkspartei. Darauf würde ich mich freuen! Am "größten" ist mein Wunsch allerdings, eine Koalition zwischen Linkspartei, SPD und Bündnis ´90/Die Grünen.

  • R
    r.renner

    ist schon lustig in der brd: wer wahlergebnisse ernst nimmt, gilt als rebell...

  • CN
    Che Nie

    Für die Stabilitätsrechnungen von CDU und Matschie-Flügel würde man wohl jeden ordentlichen Architekten absehbar verhaften und einsperren.

     

    Bei den massiven Protesten in der SPD ist es doch höchst fragwürdig ob im Landtag die Stimmen für eine CDU-Ministerpräsidentin reichen. Heide Simonis und Andrea Ypsilanti lassen grüßen!

  • PB
    Peter Braun

    "Scheitert Schwarz-Rot könnte der Erfurter Oberbürgermeister zur neuen Nummer eins der SPD werden. CDU geht davon aus, dass die Koalition mit SPD so gut wie sicher ist." Nur mal so als Frage: Gibt's hinter "Schwarz-Rot" nicht ein Komma? Und heißt es nicht "die CDU" und "mit der SPD"? Merkwürdige Sparsamkeit.