Andrea Nahles im „Brigitte“-Interview: Parteisoldatin zeigt sich nahbar
Beim „Brigitte“-Interview spricht die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles offenherzig über ihre Gefühle. Sie lacht viel. Aber immer wieder scheinen Verletzungen durch.
KÖLN taz | Andrea Nahles sitzt in einem Sessel im Kölner Gürzenich, flankiert von zwei Brigitte-Journalistinnen. Vor jeder Fragerunde kann die Sozialdemokratin einen Begriff auswählen. Nahles entscheidet sich für „zweite Reihe“ statt „Rampenlicht“.
Ob es ihrem Naturell entspreche, in der zweiten Reihe zu stehen, will Chefredakteurin Brigitte Huber wissen. „Überhaupt nicht“, ruft Nahles. Warum sie diesen Begriff gewählt habe? „Weil ich noch nicht in die erste Reihe vorgedrungen bin“, sagt die Generalsekretärin der SPD.
Die Brigitte-Redaktion lädt im Wahljahr Politikerinnen zum Gespräch. Bundeskanzlerin Angela Merkel und CDU-Frau Ursula van der Leyen waren schon dran, die grüne Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt, Sahra Wagenknecht von der Linken und FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.
Nun also Andrea Nahles. Sie zeichnet von sich an diesem Sonntag das Bild einer Frau, die das Landleben liebt. „Ich mag keine Städte“, sagt sie dem irritierten Publikum. „Auch Köln wäre für mich kein Ort, wo ich leben möchte. Sorry.“ In Berlin versieht die 43-Jährige den Job als Parteisoldatin. Für ihre Wochenenden hat sie sich in der Eifel ein Refugium geschaffen, wo mit Nachbarn und Bekannten nur selten über Politik gesprochen wird.
Die Dreifaltigkeit ohne Maria
„Macht es Spaß, den Wahlkampf für Peer Steinbrück zu leiten?“, fragt Chefredakteurin Huber. Gelächter im Saal, auch Nahles lacht. „Es ist die beste Aufgabe, die ich je hatte“, sagt sie nach einer etwas zu langen Denkpause.
Nahles lacht viel. Aber immer wieder scheinen Verletzungen durch. Als sie mit ihrer Tochter schwanger war, musste sie sich in der eigenen Partei anhören, dass ein Kind und ihre Aufgabe als Generalsekretärin nicht vereinbar wären. Sie wird wütend, wenn sie gedemütigt wird, sagt sie. Wenn man versucht, sie wegzuschubsen oder schlecht über sie redet. Dass sie vom Trio Steinmeier/Steinbrück/Gabriel in den Hintergrund gedrängt wird, versucht sie mit Flapsigkeit wegzuwischen. „Dreifaltigkeit ohne Maria war noch nie was.“
Nahles mag verletzbar sein. Aber sie ist auch eine Parteisoldatin: Bei der Frage nach den Helden der Jugend entscheidet sie sich gegen „Star Trek“ und für Oskar Lafontaine. Kurz vor seinem Wechsel zur Linkspartei haben die beiden ein sehr emotionales Gespräch geführt, sagt Nahles. „Wir haben das Tischtuch offiziell durchschnitten.“ Für immer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei