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AnalyseWeiter am Abgrund

■ Warum Leo Kirch trotz riesiger Geldprobleme vorerst nicht pleite geht

Ist Leo Kirch am Ende? Was das Verbot für den Pakt mit Bertelsmann für den Mogul bedeutet, schien manchem sofort klar. Und in der Tat ist Kirch Hauptverlierer des Medienpokers. Schließlich hat er bereits mehr als 1,5 Milliarden Mark bei dem Versuch verbuddelt, das Zukunfts-TV mit DF 1 allein zu beherrschen. Schließlich ist er in Sachen Digital-TV Verpflichtungen von mehr als zwölf Milliarden Mark eingegangen: für Film- und Sportrechte sowie für die Decodertechnik d-Box, die nun stetig an Wert verliert. Und schließlich sieht es bei ihm deswegen schon länger leer in den Kassen aus: Allein im Inland hat er Schulden von 3,1 Milliarden Mark, und nachdem 1997 ein Großkredit unter Führung von Spezi Edmund Stoibers staatlicher Aufbaubank platzte, wurden auch die anderen Kirch-Banken nervös. Schon seit längerem drängen sie, Beteiligungen abzustoßen und drohten teils, die Kredite im Falle weiterer Schicksalsschläge zu kündigen, wie zu hören ist. Ein zweiter Schlag könnte von Münchener Ermittlern drohen, die Kirch wegen 400 Millionen Mark hinterzogener Steuern drankriegen wollen.

Jedoch: Am Ende ist Kirch, der schon einige Male am Abgrund stand, ohne zu purzeln, auch diesmal nicht – wenn es auch nie so nahe schien. Keiner der Finanziers kann nämlich einen Zusammenbruch des undurchsichtig-verschachtelten Imperiums wünschen – im großen Medienchaos wären sie ihre Gelder schnell los. So weit, daß es niemals mehr Geld abwirft, ist Kirchs Imperium zudem nicht. Da ist sein Stammgeschäft: der Handel mit Filmrechten, der hübsch läuft. Kirchs unendlicher Filmvorrat wurde von seinen Finanzprüfern mit 6,8 Milliarden bewertet. Selbst wenn das weit überhöht ist und man die Rechte kaum rasch in Bares umsetzen kann – der Filmstock ist es, der Kirch am Leben erhält. Dazu kommt das lukrative Pro 7 (hält Sohn Thomas) und der 40-Prozent- Anteil bei Springer. Der ist zwar größtenteils bei der Berliner Bank verpfändet, wird aber für Kirch täglich mehr wert, da Springer so erfolgreich ist.

Insgesamt dürfte Kirchs Vermögen also mindestens bei fünf Milliarden Mark liegen, auch wenn man die beliehenen Anteile berücksichtigt. Da machen die 3,1 Milliarden (Inlands-)Schulden zwar eine äußerst ungesunde Balance – sie bringen Kirch aber nicht um. US-Konzerne wie Time Warner haben Schulden, die größer sind als ihr Vermögen.

Vorerst kann Kirch also am Rande des Abgrunds weitermachen. Er wird nur dem Drängen seiner Banken folgen müssen und sich mehr auf sein Stammgeschäft, den Filmhandel, beschränken. Wirklich gefährlich wird's erst, wenn der 71jährige einmal nicht mehr ist. Eine groß angekündigte Stiftung, die Deutschlands zweitgrößtes TV-Imperium dann retten soll, existiert einstweilen nur auf dem Papier. Lutz Meier

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