Amtsantritt von Boris Pistorius: Gelände voller Glassplitter
Boris Pistorius tritt sein neues Amt an. Nie war es so schwierig, deutscher Verteidigungsminister zu sein, wie gerade.
Verteidigungsminister geworden und gleich den US-Kollegen treffen: Austin und Pistorius Foto: Michael Kappeler/dpa
Vor ein paar Tagen hat Boris Pistorius sich noch damit befasst, zu verhindern, dass in Niedersachsen Sporthallen wegen der Energiekrise schließen müssen. Und als Erfolg vermelden lassen, dass zwischen Emden und Osnabrück auch künftig Sportlerinnen und Sportler nicht „kalt duschen müssen“.
Am Donnerstag begrüßte er in passablem Englisch den US-Verteidigungsminister und muss ab jetzt international umkämpfte Fragen mit beantworten: Kampfpanzer liefern, ja oder nein? Und: Wird das eigentlich nur im Kanzleramt oder auch im Bendlerblock entschieden?
Mag sein, dass im Job des Verteidigungsministers vor allem technokratisches Managertum gefragt ist. Es gilt, einen schwerfälligen Apparat zu steuern und ohne lauten Widerstand zu mobilisieren und reformieren – bei laufendem Betrieb, mit steigenden Ansprüchen, Munitionsmangel und Personalnot. Mag sein, dass es handwerklich im Prinzip egal ist, ob man für die Akquise von Turnhallen im Emsland zwecks Unterbringung von Geflüchteten verantwortlich ist oder für die Reform des beklagenswerten Beschaffungswesens der Bundeswehr.
Aber einen so weiten Sprung wie Pistorius hat ein neuer bundesdeutscher Verteidigungsminister noch nie machen müssen. Dem Mangel an Erfahrung mit Bundespolitik steht eine hochkomplexe Jobanforderung gegenüber. Es war vielleicht noch nie so schwierig, deutscher Verteidigungsminister zu sein wie nach dem 24. Februar.
Das Gelände ist voller Glassplitter. Wie groß die Schnittgefahr ist, zeigte Pistorius’ Randbemerkung, dass Deutschland „indirekt“ am Ukrainekrieg beteiligt sei. Dafür spricht ja faktisch einiges. Und doch war es ein Anfängerfehler, gilt doch die Doktrin, dass Berlin trotz Lieferung von immer mehr Waffen an Kyjiw keinesfalls Kriegsteilnehmer ist. Pistorius korrigierte sich umgehend. Die Frage aber ist mit dieser semantischen Selbstbegradigung nicht beantwortet. Pistorius’ Job ist es auch, dafür zu sorgen, dass die Grenze von indirekt zu direkt nicht tangiert wird.
Amtsantritt von Boris Pistorius: Gelände voller Glassplitter
Boris Pistorius tritt sein neues Amt an. Nie war es so schwierig, deutscher Verteidigungsminister zu sein, wie gerade.
Verteidigungsminister geworden und gleich den US-Kollegen treffen: Austin und Pistorius Foto: Michael Kappeler/dpa
Vor ein paar Tagen hat Boris Pistorius sich noch damit befasst, zu verhindern, dass in Niedersachsen Sporthallen wegen der Energiekrise schließen müssen. Und als Erfolg vermelden lassen, dass zwischen Emden und Osnabrück auch künftig Sportlerinnen und Sportler nicht „kalt duschen müssen“.
Am Donnerstag begrüßte er in passablem Englisch den US-Verteidigungsminister und muss ab jetzt international umkämpfte Fragen mit beantworten: Kampfpanzer liefern, ja oder nein? Und: Wird das eigentlich nur im Kanzleramt oder auch im Bendlerblock entschieden?
Mag sein, dass im Job des Verteidigungsministers vor allem technokratisches Managertum gefragt ist. Es gilt, einen schwerfälligen Apparat zu steuern und ohne lauten Widerstand zu mobilisieren und reformieren – bei laufendem Betrieb, mit steigenden Ansprüchen, Munitionsmangel und Personalnot. Mag sein, dass es handwerklich im Prinzip egal ist, ob man für die Akquise von Turnhallen im Emsland zwecks Unterbringung von Geflüchteten verantwortlich ist oder für die Reform des beklagenswerten Beschaffungswesens der Bundeswehr.
Aber einen so weiten Sprung wie Pistorius hat ein neuer bundesdeutscher Verteidigungsminister noch nie machen müssen. Dem Mangel an Erfahrung mit Bundespolitik steht eine hochkomplexe Jobanforderung gegenüber. Es war vielleicht noch nie so schwierig, deutscher Verteidigungsminister zu sein wie nach dem 24. Februar.
Das Gelände ist voller Glassplitter. Wie groß die Schnittgefahr ist, zeigte Pistorius’ Randbemerkung, dass Deutschland „indirekt“ am Ukrainekrieg beteiligt sei. Dafür spricht ja faktisch einiges. Und doch war es ein Anfängerfehler, gilt doch die Doktrin, dass Berlin trotz Lieferung von immer mehr Waffen an Kyjiw keinesfalls Kriegsteilnehmer ist. Pistorius korrigierte sich umgehend. Die Frage aber ist mit dieser semantischen Selbstbegradigung nicht beantwortet. Pistorius’ Job ist es auch, dafür zu sorgen, dass die Grenze von indirekt zu direkt nicht tangiert wird.
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Kommentar von
Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
Themen
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