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Amnesty-Bericht zu RüstungsexportenKnarren gegen die Arabische Revolution

Amnesty International hat ausgerechnet, welches Land den Despoten in Nahost wie viele Waffen lieferte. Deutschland ist mit dabei, wenn auch nicht größter Lieferant.

Leopard-2-Panzer (mi) beim Schaufahren mit einer Panzerhaubitze (li) und einem Marder. Bild: reuters

BERLIN taz | Welches Land wie viele Waffen zur Unterdrückung des Arabischen Frühlings lieferte, hat nun Amnesty International (AI) ausgerechnet. Demnach wurden von 2005 bis 2009 allein aus Deutschland Aufstandsbekämpfungswaffen im Wert von 77 Millionen Euro an Bahrain, Ägypten, Libyen, Syrien und den Jemen geliefert. In diesen fünf Staaten fingen dieses Jahr Aufstände gegen die Staatsgewalt an.

Die Summe der genehmigten deutschen Waffenausfuhren im benannten Zeit- und Lieferraum betrage 261 Millionen Euro, erklärt Mathias John, Rüstungsexperte von AI. Doch habe Amnesty International sich im Bericht "Arms Transfers to the Middle East and North Africa" auf solche Waffen konzentriert, mit denen die meisten Menschenrechtsverletzungen begangen werden: Kleinwaffen, Granatenwerfer, gepanzerte Fahrzeuge.

Welches der größte Lieferant solcher Gerätschaften war, sagt der AI-Bericht nicht. Doch war es Deutschland offensichtlich nicht. Italien, Belgien, Serbien und Bulgarien spielten eine weit größere Rolle.

Angesichts der Vielfalt der Exportmöglichkeiten und der Grausamkeiten, zu denen es im Arabischen Frühling kam, erklärt John, Waffenembargos kämen jetzt zu spät. Amnesty verweist auf die Mitte 2012 anstehenden Verhandlungen über den weltweiten Rüstungsexport-Vertrag "Arms Trade Treaty". "Hier müssen Menschenrechte endlich vorrangig berücksichtigt werden", sagt John.

Der AI-Experte sieht aber auch die Gefahr, dass die Bundesregierung unter Verweis auf die Verhandlungen auf UN-Ebene eigene Anstrengungen zur Exportregulierung unterlässt. In Deutschland hatten Nachrichten über Heckler-&-Koch-Gewehre und Milan-Raketen ungeklärter Herkunft in Libyen sowie die Lieferung von Leopard-2-Panzern nach Saudi-Arabien die Opposition im Bundestag auf den Plan gerufen.

SPD, Grüne und Linkspartei verlangen mehr Transparenz und Kontrolle der Exporte. So müsse der Rüstungsexportbericht, der fürs Jahr 2010 etwa immer noch aussteht, früher und detaillierter vorgelegt werden. Die Linksfraktion wird Donnerstag 16 Anträge zum kompletten Exportstopp in 16 Nahost-Länder im Bundestag zur Abstimmung stellen: Eine schöne Gelegenheit für Schwarz-Gelb, eigene Kontrollpläne zu erläutern.

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7 Kommentare

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  • F
    Franky

    Hoffentlich merkt sich das libysche Volk den Verrat

    der schwarz gelben Gefahr bei der Auftragsvergabe

    im Wiederaufbau.

     

    Die westlichen Diktatoren und Profitöre des Zinssystems können sich bald zu den toten arabischen Despoten dazu gesellen.

  • T
    tazleser_by

    Ich glaube, den AI Bericht lese ich mir selbst durch. Denn was hier verzapft wird ...

     

    Was z.B. sind "Aufstandsbekämpfungswaffen" genau?

    Mit einem Heer an HiTech Waffen gewinnt man keinen Guerilla Krieg, s. Afghanistan, s. Vietnam. Und auch nicht mit Leo2.

     

    "auf Waffen konzentriert, mit denen die meisten Menschenrechtsverletzungen begangen werden"

    Sehr witzig, was ist das denn für eine Statistik? Jede Waffe verletzt das Menschenrecht auf Leben.

  • KL
    Karl Letis

    Es ist traurig, dass sich ai immer mehr in die Niederungen der Parteipolitik begibt, und sich von dem der Berücksichtigung des Schicksals des einzelnen Menschen entfernt oder dieses für andere Zwecke missbraucht.

     

    Die Diskussion um Olaf Henkel war schon ein ungünstiges Signal, dass ich nie verstanden haben.

     

    Ich spende nichts mehr.

     

    Viele, die ich kenne und die dort arbeiten, wollen nur noch ihren Heilgenschein pollieren.

     

    Wenn man bedenkt, mit welchen hohen Zielen man angetreten ist und welche glaubwürdigen Ziele man erreichen könnte...

  • V
    vic

    Deutschland ist ein Land, das von von Betrügern, Verfassungs- Fremdenfeinden und Waffenhändlern regiert wird.

    Beschämend.

  • I
    ilmtalkelly

    Man kann deutlich den Zusammenhang von vorangegangenen Waffenlieferungen und darauf folgender Eskaltion in der Krisenregionen erkennen.Die Waffenlieferungen machen ein Übergehen des Volkswillens durch die dortige Administration erst möglich. Der Schlüssel für solche Kriege liegt in unserer Mitte.

     

     

    mal gucken !

  • DL
    Detlev Langenhahn

    ...so,so..drittgrößter Waffenlieferant...das ist also Deutschland!!

     

    Mal sehen, wo ist denn die Quelle der Information..ich kann sie irgendwie nicht finden. Mal Googlen....

    Mist auch nichts, außer... Deutschland als Waffenlieferant weit abgeschlagen.

     

    Wo hat dieser Marki Marksist Alias "Webmarksist" diese Dubiose Information her.

     

    2005 - 2009 sind ein langer Zeitraum für Spekulationen, was wäre wenn ....diese Waffe an Herrn X geht, legal natürlich. Bringt er damit die Ratte von Herrn Y um oder schießt er sich ein zweites Arschloch..grübel.

    Na zum Glück wußte ich schon 2002 was heute 2011 so alles los ist.

  • W
    Webmarxist

    Damit macht Deutschland seinen Ruf als drittgrößter Waffenexporteur der Welt alle Ehre und aus diesem Grund bin ich auch für ein Rüstunggüterexportverbot.