Amnestie in Russland: Zweite Pussy-Riot-Sängerin frei
Nach Maria Aljochina hat auch Nadeschda Tolokonnikowa das Gefängnis verlassen. Beide Pussy-Riot-Mitglieder wollen sich künftig für Menschenrechte einsetzen.
MOSKAU ap/dpa | Nach Michail Chodorkowski sind auch zwei der schärfsten Kritikerinnen des russischen Präsidenten Wladimir Putin wieder in Freiheit: Die beiden Mitglieder der Punkband Pussy Riot, Nadeschda Tolokonnikowa und Maria Aljochina, wurden am Montag im Zuge der von Putin veranlassten Amnestie aus der Haft entlassen. Beide äußerten sich dazu kritisch: Es handele sich um eine Show des Kremls, um dem Westen vor den Olympischen Winterspielen in Sotschi im Februar zu besänftigen, sagte Tolokonnikowa. Aljochina sprach von einer PR-Aktion.
Sie waren wegen einer putinkritischen Performance in einer Moskauer Kathedrale im März 2012 zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Das dritte Bandmitglied, Jekaterina Samuzewitsch, war im Oktober auf Bewährung freigekommen. Aljochina erklärte dem russischen Fernsehsender Doscht, sie hätte es vorgezogen, ihre Strafe bis März 2014 ganz abzusitzen.
Aljochina sagte zunächst, sie sei von ihrer Freilassung am Morgen völlig überrascht worden: Sie sei derart schockiert gewesen, dass sie gar nicht begriffen habe, was vor sich gehe, sagte sie. Weiter erklärte sie: „Wenn ich eine Chance gehabt hätte, es abzulehnen, hätte ich das zweifellos gemacht. Das ist keine Amnestie. Das ist ein Scherz und eine PR-Aktion.“
Die vom russischen Parlament verabschiedete Amnestie betreffe weniger als zehn Prozent aller Häftlinge und nur einen Bruchteil von inhaftierten Müttern, sagte sie. Die wegen Rowdytums verurteilten Aljochina und Tolokonnikowa fielen unter die Amnestie, weil sie kleine Kinder haben. Wegen schwerer Straftaten verurteilte Frauen sind von der Amnestie nicht betroffen, auch wenn sie kleine Kinder haben.
Aljochina beklagte, dass sie sich von ihren Mithäftlingen nicht habe verabschieden können. Sie sei in ein Auto gesteckt und zum Bahnhof von Nischni-Nowgorod gefahren worden. Von dort sei sie zu einem Treffen mit örtlichen Menschenrechtsaktivisten gefahren, sagte ihre Anwältin Irina Chrunowa. Deren Angaben zufolge will sich die Künstlerin künftig der Verteidigung der Menschenrechte widmen. Auch Tolokonnikowa äußerte sich in dieser Richtung.
Beobachter hatten die Amnestie als Teil einer Charmeoffensive des russischen Präsidenten Wladimir Putins anlässlich der Olympischen Winterspiele in Sotschi im Februar 2014 gewertet. Zu den Nutznießern des Beschlusses zählt auch der frühere russische Ölmagnat Michail Chodorkowski, der sich nach seiner Entlassung am Freitag derzeit in Berlin aufhält.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Trump und Putin
Bei Anruf Frieden
80 Jahre nach der Bombardierung
Neonazidemo läuft durch Dresden
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen