piwik no script img

Altmaier als Energie-DiplomatZwischenstopp in Kiew

Der deutsche Wirtschaftsminister will im Streit um die Gaspipeline Nord Stream 2 vermitteln – und drängt auf Garantien für die Ukraine.

Wirtschaftsminister Altmaier fliegt nach Kiew und spricht mit Journalisten Foto: dpa

Kiew taz | Es soll ein Zeichen sein, sagt Peter Altmaier. Auf dem Weg nach Russland legt der Bundeswirtschaftsminister einen Zwischenstopp in der Ukraine ein. „Es war mir persönlich wichtig, hier in Kiew Gespräche zu führen, bevor ich heute Nachmittag weiterreise zu meinem offiziellen Antrittsbesuch in Moskau“, sagte der CDU-Politiker bei einem Treffen mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Wladimir Groisman. Und versprach ihm, „dass Deutschland seine Verantwortung und seine Verpflichtung gegenüber der Ukraine auch künftig sehr ernst nehmen wird“.

Doch in der Energiepolitik, für die Altmaier zuständig ist, war die Ukraine zuletzt überhaupt nicht zufrieden damit, wie Deutschland seine „Verantwortung und Verpflichtung“ wahrnimmt. Die Bundesregierung stellte sich den russischen Plänen für die neue Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 zumindest nicht entgegen. Die sieht Kiew als Bedrohung – wirtschaftlich ebenso wie sicherheitspolitisch.

Denn durch die neue Leitung, die parallel zur bestehenden vom russischen Wyborg ins deutsche Lubmin führen soll, würde sich die Kapazität der Lieferungen von Nord Stream auf 110 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr verdoppeln. Als Konsequenz würde die bestehende Pipeline, die mit einer Kapazität von 93 Milliarden Kubikmetern über die Ukraine und Polen verläuft, an Bedeutung verlieren – und die Ukraine damit einen Teil der Transitgebühren von 1,8 Milliarden Euro im Jahr sowie einen wichtigen Machthebel gegen Moskau.

Die Bundesregierung habe den Bau der Pipeline lange als „privatwirtschaftliche Entscheidung“ gewertet, sagte Altmaier. Doch nun schlägt er andere Töne an. „Ob eine solche Maßnahme am Ende realisiert wird“, sei „auch von politischen Fragen abhängig“, sagt er im Regierungsflieger kurz vor der Landung in Moskau. Und er macht auch klar, welche das sein werden. Er habe der Ukraine zugesagt, dass Deutschland bei allen Gesprächen über Nord Stream 2 „das berechtigte Interesse der Ukraine nach Versorgungssicherheit berücksichtigen wird“.

Altmaier betont Rolle der EU-Kommission

Dazu erhebt der Wirtschaftsminister eine klare Forderung. „In der Ukraine ist enorm investiert worden, um einen Gas-Transit nach Europa zu ermöglichen“, sagte er. „Dieser Gas-Transit darf nicht zum Erliegen kommen.“ Das, so hofft man in der deutschen Delegation, soll Russland in einer Vereinbarung garantieren.

Altmaier deutet an, wie Russland zu diesem Zugeständnis bewegt werden soll: Er betonte die Rolle der EU-Kommission, die in dieser Frage „sehr wichtig“ sei. Und die hat im vergangenen Jahr die Erweiterung ihrer Gasrichtlinie auf internationale Pipelines vorgeschlagen. Was innerhalb der EU schon seit Jahren gilt – dass Pipelinebetrieb und Gasverkauf wirtschaftlich getrennt sein müssen – würde dann auch für Nord Stream 2 gelten.

Bei diesem Projekt ist der russische Staatskonzern Gazprom sowohl für den Bau der Leitung als auch für die Lieferung des Gases zuständig. Wäre das auf EU-Territorium künftig verboten, hätte Gazprom ein Problem. Bisher steht Deutschland der geplanten Richtlinie kritisch gegenüber. Doch das, so kann man Altmaier verstehen, könnte sich jederzeit ändern.

Ob Moskau sich davon beeindrucken lässt, ist offen. Doch der Wirtschaftsminister geht offenbar optimistisch in die für Dienstag geplanten Gespräche mit dem russischen Energieminister Alexander Nowak und mit Ministerpräsident Dmitri Medwedjew: Auf dem Rückflug nach Berlin ist am Dienstagabend optional ein Zwischenstopp in Kiew eingeplant, bei dem die Ukraine über Ergebnisse der Gespräche in Moskau informiert werden soll – so es denn welche gibt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Die Nord Stream AG, die die Pipeline betreibt, hat z.Zt. zu 51% Gazprom und zu 49% westeuropäische, hauptsächlich deutsche Eigentümer. Wäre interessant zu wissen, ob die geplante EU-Richtlinie auch ziehen würde, wenn Gazprom nur Minderheitseigner wäre.