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Alternativnutzung für verlassene Malls„Die Renovierung lohnt sich“

Ellen Dunham-Jones ist Direktorin der Georgia Tech University und forscht zu alten Einkaufszentren. In den USA werden daraus Büros, Schulen oder Parks.

„In der Tat sind viele Gebäudestrukturen kostengünstig gebaut worden und von schlechter Bauqualität“ Foto: Imago/Arcade Images
Jörg Wimalasena
Interview von Jörg Wimalasena

taz: Frau Dunham-Jones, Sie forschen seit Jahren zur Alternativnutzung verlassener Einkaufszentren in den USA. Wie wirkt sich die Einzelhandelskrise auf die Gemeinden aus?

Ellen Dunham-Jones: Die Schließung einer Mall hat einen hohen symbolischen Wert. Die Bürger nehmen dadurch wahr, dass ihre Kommune verfällt – und meist stimmt das auch. Auch die materiellen Auswirkungen sind gravierend. Shopping-Zentren tragen über die Gewerbesteuer einen wichtigen Teil zum lokalen Steueraufkommen bei. Wenn diese Einnahmen wegfallen, gibt es auch weniger Geld für Schulen. Und natürlich gehen jede Menge Jobs verloren.

Ihre Studien zeigen jedoch, dass verlassene Einkaufsareale wieder für die Öffentlichkeit nutzbar gemacht werden können. Wie das?

Viele verlassene Malls wurden zu Bürogebäuden umgebaut, um das Areal wiederzubeleben. Doch es gibt auch Schulen, Community Colleges und Ärztehäuser in ehemaligen Malls.

Rechnet sich der Umbau für Kommunen?

In der Tat sind viele Gebäudestrukturen kostengünstig gebaut worden und von schlechter Bauqualität. Ein Umbau kostet oft viel Geld. Dennoch lohnt sich die Renovierung für die Kommunen. Ein ehemals verlassenes Gelände wird wiederbelebt und neue Geschäfte siedeln sich an. Das bedeutet Jobs sowie Steuereinnahmen und verhindert ein Absinken der Grundstückspreise in der Umgebung. Ein bestehendes Gebäude hat auch den Vorteil, dass es schon steht und es deshalb weniger Unwägbarkeiten – zum Beispiel die Qualität des Baugrunds – gibt.

Ist das Mall-Sterben auch eine Chance, kommerziell genutzte Räume einem öffentlichen Zweck zuzuführen?

Absolut. Als eine Mall in Boca Raton, Florida pleiteging, knüpfte die Stadt die Neuvergabe des Areals an die Bedingung, dass zwei Drittel des Areals in Form eines Parks als öffentlicher Raum verfügbar gemacht werden müsse. Andere Gemeinden verlangen von Investoren öffentlichen Wohnungsbau. Ausschließlich nichtkommerzielle Nutzung ist aber nicht im Sinne der Kommunen. Sie benötigen ja das Steuergeld der ansässigen Unternehmen.

Im Interview: Ellen Dunham-Jones

58 ist Direktorin des „Urban Design“- Programms der Georgia Tech University in Atlanta. Sie gilt als führende Expertin im Bereich suburbane Neugestaltung.

Laut Ihren Daten gibt es 1.500 verlassene Malls. 196 wurden einem neuen Zweck zugeführt. Wie könnte man das beschleunigen?

Oft fehlt es Gemeinden an Mitteln, um eine Mall neu zu gestalten. Viele Bundesstaaten stellen Gelder bereit, die Bundesregierung bisher aber kaum. Ich wünschte mir, dass mehr Geld in die Renaturierung verlassener Einkaufszentren gesteckt würde. Bisher sind nur zwei Prozent der verlassenen Areale zu Grünflächen ummodelliert worden. Dafür müsste es mehr Geld geben.

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