Alternativhäuser klagen: Immer Ärger mit der Räumung
Exbewohner der Liebig 14 beklagen Räumung als "illegal". Nicht zum ersten Mal gibt es juristische Ungereimtheiten bei einer Hausräumung in Berlin.
Die Exbewohner der Liebig 14 sind sauer: "Die Räumung war illegal." Ihr Anwalt habe das Haus nicht betreten, keinen Kontakt zum Gerichtsvollzieher haben dürfen. Im Haus lebten andere Personen als auf den Räumungstiteln genannt. Es sind nicht die ersten Ungereimtheiten bei einer Berliner Hausräumung.
"Ich bespreche mit den Bewohnern mögliche Konsequenzen, etwa eine Dienstaufsichtsbeschwerde", sagt Anwalt Max Althoff. Leicht sei das nicht: Die Räumung habe Fakten geschaffen, eine nachträgliche Zuordnung von Besitz sei kaum möglich. Althoff verweist auf einen Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) von 2008: Der untersagt Räumungen, wenn der Vollstreckungstitel Dritte, etwa Untermieter, nicht nennt.
Schon 2008 rügte ein Berliner Kammergericht die Räumung der Yorckstraße 59: Der Gerichtsvollzieher hätte nicht tätig werden dürfen, weil gegen Untermieter keine Räumungstitel vorlagen. Eine Frau wurde daraufhin vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs freigesprochen.
Auch bei der Teilräumung in der selbst verwalteten Bödikerstraße 9 (Friedrichshain) im März 2010 lag gegen den Untermieter kein Titel vor - geräumt wurde trotzdem. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Halina Wawzyniak dazu: "Wenn BGH-Beschlüsse in der Praxis nicht angewandt werden, sind sie wertlos."
Im Fall Liebig 14 verweist das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg auf den Gerichtsvollzieher: Laut ihm hätte er keine Personen angetroffen, die ein Recht zum Aufenthalt geltend machen konnten. Punkt, aus. Auch zur Yorck-Räumung teilte Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) auf eine Grünen-Anfrage vom April 2009 nur mit, es bestünden "keine Anhaltspunkte" für ein schuldhaftes Verhalten des Gerichtsvollziehers.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste