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Alternativer NobelpreisHilflos und alternativlos

Anna Klöpper

Kommentar von

Anna Klöpper

Ganz kurz für ganz große Aufmerksamkeit sorgen die Alternativen Nobelpreise. Sie bieten Menschen eine Bühne, die darum kämpfen, die Welt zu retten.

Der gemeinhin als alternativer Nobelpreis bezeichnete Right Livelihood Award Foto: Right Livelihood Foundation/dpa

E s hat schon etwas Tröstliches, dieses wiederkehrende Ritual: Jedes Jahr im Herbst werden die Alternativen Nobelpreise verliehen, an Menschen, die sich um das Gute kümmern auf der Welt: Umweltschutz, Menschenrechte, so etwas. Das ist in diesen Zeiten schon etwas wert, angesichts der täglichen Dosis Krieg und Verderben und AfD, angesichts von Dürren und Überflutungen und all dem zum Trotz verschobener Klimaziele und Verbrennerverbote.

Und da kommen dann die Alternativen Nobelpreise daher und erinnern uns kurz daran, dass eine bessere Welt vielleicht nicht möglich ist, aber dass immer noch Menschen bereit sind, dafür zu kämpfen. Die diesjährigen Preise gehen unter anderem an Menschen, die in Sudan erste Hilfe organisieren, wo es keine staatlichen Strukturen mehr dafür gibt. Und an die taiwanische Digitalaktivistin Audrey Tang, die auch mal Digitalministerin ihres Landes war und dort mit der Eigenheit aufgefallen sein soll, keine Befehle erteilen zu wollen.

In Zeiten, in denen der Präsident der USA lauthals nach dem Friedensnobelpreis kräht und gleichzeitig seine Generäle auf einen „Krieg im Innern“ gegen alles, was aus seiner MAGA-Sicht irgendwie links ist, einschwört: Da sind Anlässe wie der Alternative Nobelpreis auch eine Gelegenheit der Selbstvergewisserung. Es gibt sie noch, die progressiven Kräfte, auch wenn sie gerade niedergebrüllt werden.

Was auch stimmt: Die Alternativen Nobelpreise halten uns ganz hübsch den Spiegel vor, wie es um die Aufmerksamkeitsökonomie für Bürgerkriege in Afrika und Um­welt­ak­ti­vis­t*in­nen auf den untergehenden Inseln in Ozeanien bestellt ist: nämlich schlecht. Das sieht man schon daran, dass es einen Anlass wie den Alternativen Nobelpreis braucht für Zeitungsseiten und Kommentare, die sich mit dem Umstand befassen, dass die Probleme dieser Welt riesig sind, aber sich viel zu wenig Menschen darum kümmern (oder die Falschen, siehe Trump).

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Die Verleihung der alternativen Nobelpreise ist in dem Sinne zweierlei: ein Ausdruck unserer Hilflosigkeit und dennoch alternativlos.

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Anna Klöpper
Leiterin taz.eins
Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.
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