Alternative zu Streichung von Elterngeld: Splitting sorgt für Spannung
Im Streit um die Kindergrundsicherung bringt der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil einen neuen Deal ins Spiel. Er will das Ehegattensplitting abschaffen.
Doch die SPD will das Elterngeld möglicherweise doch wie ursprünglich erhalten. Der Parteivorsitzende Lars Klingbeil brachte gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland einen neuen Deal ins Spiel: „Wir schaffen endlich das Ehegattensplitting ab.“ Bei dem Splittingtarif handle es sich um ein „antiquitiertes Steuermodell“. Im Gegenzug dazu solle das Elterngeld bleiben. Dies sei keine Sozialleistung, es solle eher Männer dazu bringen, mehr in ihre Aufgabe in der Familie zu investieren. Sonst sei es „wohl wieder die Frau, die zu Hause bleibt, weil der Mann häufig mehr Geld bekommt“.
Das Ehegattensplitting ist eine Steuerform, bei der die Ehepartner:innen nicht einzeln ihr Einkommen versteuern. Bei dieser Variante wird das gemeinsame Einkommen durch zwei geteilt, die Einkommensteuer dafür errechnet und anschließend verdoppelt. Einen Vorteil haben vor allem Ehepaare, bei denen ein:e Partner:in deutlich mehr Geld verdient. Gerade in konservativen Kreisen ist das Gesetz beliebt, da es einen angeblich besonderen Wert der Ehe hervorhebt.
Kritiker:innen bemängeln, dass unverheiratete Paare es nicht anwenden können und es die Gleichstellung zwischen Mann und Frau behindert. Den Staat kostet das Ehegattensplitting laut Bundeszentrale für politische Bildung von 2020 jährlich 20 Milliarden Euro. Von der OECD und der EU-Kommission wurde Deutschland öfter für das Ehegattensplitting kritisiert – mit dem Argument, dass es Frauen vom Arbeitsmarkt fernhalte.
Debatte bei den Koalitionspartnerinnen FDP und Grüne
Veronika Grimm, Mitglied des Sachverständigenrates Wirtschaft, begrüßte auf Twitter Klingbeils Vorstoß. Man müsse zwar „schauen, was Abschaffung genau heißt“, der Vorschlag gehe aber in die richtige Richtung. Für die Koalition sieht es so aus, als drohen neue Streitpunkte. Gerade innerhalb der FDP ist man für eine Beibehaltung des Ehegattensplittings.
Der Bundestagsabgeordnete Markus Herbrand sieht eine Abschaffung als „Steuererhöhung gerade für Familien“ und als „Fortsetzung der Belastungspolitik von Bundesfamilienministerin Paus“. Zudem zweifelt er an einem Einfluss des Splittingtarifs auf Ungleichstellung. Die partnerschaftliche Entscheidung über Arbeitsmodelle sei „Ergebnis freier und eigenverantwortlicher Lebensplanung“.
Anders sieht das die Bundestagsabgeordnete Katharina Beck, finanzpolitische Sprecherin der Grünen. Sie begrüßt hinsichtlich der Gleichstellungspolitik eine mögliche Reform des Ehegattensplittings. „Lindners und Scholz’ Sparkurs“ erzwinge aber „Kürzungen, die offensichtlich niemand will“. Zuspruch bekam die SPD von der oppositionellen Linken und dem Deutschen Gewerkschaftsbund.
Eine Abschaffung des Ehegattensplittings „wäre eine gigantische Mehrbelastung für die Mitte der Gesellschaft“, hieß es aus dem Finanzministerium. Dies würde Familien und Paare mit rund 25 Milliarden Euro zusätzlich belasten. „Eine Steuererhöhung, die durch den Koalitionsvertrag der Ampelparteien klar ausgeschlossen ist.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“