Alternative zu Streichung von Elterngeld: Splitting sorgt für Spannung
Im Streit um die Kindergrundsicherung bringt der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil einen neuen Deal ins Spiel. Er will das Ehegattensplitting abschaffen.
![Ein Hochzeitspaar mit Brautstrauß Ein Hochzeitspaar mit Brautstrauß](https://taz.de/picture/6382762/14/hochzeit-ehegattensplitting-1.jpeg)
Doch die SPD will das Elterngeld möglicherweise doch wie ursprünglich erhalten. Der Parteivorsitzende Lars Klingbeil brachte gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland einen neuen Deal ins Spiel: „Wir schaffen endlich das Ehegattensplitting ab.“ Bei dem Splittingtarif handle es sich um ein „antiquitiertes Steuermodell“. Im Gegenzug dazu solle das Elterngeld bleiben. Dies sei keine Sozialleistung, es solle eher Männer dazu bringen, mehr in ihre Aufgabe in der Familie zu investieren. Sonst sei es „wohl wieder die Frau, die zu Hause bleibt, weil der Mann häufig mehr Geld bekommt“.
Das Ehegattensplitting ist eine Steuerform, bei der die Ehepartner:innen nicht einzeln ihr Einkommen versteuern. Bei dieser Variante wird das gemeinsame Einkommen durch zwei geteilt, die Einkommensteuer dafür errechnet und anschließend verdoppelt. Einen Vorteil haben vor allem Ehepaare, bei denen ein:e Partner:in deutlich mehr Geld verdient. Gerade in konservativen Kreisen ist das Gesetz beliebt, da es einen angeblich besonderen Wert der Ehe hervorhebt.
Kritiker:innen bemängeln, dass unverheiratete Paare es nicht anwenden können und es die Gleichstellung zwischen Mann und Frau behindert. Den Staat kostet das Ehegattensplitting laut Bundeszentrale für politische Bildung von 2020 jährlich 20 Milliarden Euro. Von der OECD und der EU-Kommission wurde Deutschland öfter für das Ehegattensplitting kritisiert – mit dem Argument, dass es Frauen vom Arbeitsmarkt fernhalte.
Debatte bei den Koalitionspartnerinnen FDP und Grüne
Veronika Grimm, Mitglied des Sachverständigenrates Wirtschaft, begrüßte auf Twitter Klingbeils Vorstoß. Man müsse zwar „schauen, was Abschaffung genau heißt“, der Vorschlag gehe aber in die richtige Richtung. Für die Koalition sieht es so aus, als drohen neue Streitpunkte. Gerade innerhalb der FDP ist man für eine Beibehaltung des Ehegattensplittings.
Der Bundestagsabgeordnete Markus Herbrand sieht eine Abschaffung als „Steuererhöhung gerade für Familien“ und als „Fortsetzung der Belastungspolitik von Bundesfamilienministerin Paus“. Zudem zweifelt er an einem Einfluss des Splittingtarifs auf Ungleichstellung. Die partnerschaftliche Entscheidung über Arbeitsmodelle sei „Ergebnis freier und eigenverantwortlicher Lebensplanung“.
Anders sieht das die Bundestagsabgeordnete Katharina Beck, finanzpolitische Sprecherin der Grünen. Sie begrüßt hinsichtlich der Gleichstellungspolitik eine mögliche Reform des Ehegattensplittings. „Lindners und Scholz’ Sparkurs“ erzwinge aber „Kürzungen, die offensichtlich niemand will“. Zuspruch bekam die SPD von der oppositionellen Linken und dem Deutschen Gewerkschaftsbund.
Eine Abschaffung des Ehegattensplittings „wäre eine gigantische Mehrbelastung für die Mitte der Gesellschaft“, hieß es aus dem Finanzministerium. Dies würde Familien und Paare mit rund 25 Milliarden Euro zusätzlich belasten. „Eine Steuererhöhung, die durch den Koalitionsvertrag der Ampelparteien klar ausgeschlossen ist.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?