Alpen-Schutzzone soll für Lift weichen: Pfiat di, Birkhuhn!
Der Bayerische Landtag dürfte die Skischaukel am Riedberger Horn bewilligen. Naturschützer protestieren und wollen dagegen klagen.
Die Gemeinden Balderschwang und Obermaiselstein im Oberallgäu wollen mit der neuen Liftanlage ihre Skigebiete verbinden und so der österreichischen Konkurrenz im Wettstreit um Skitouristen trotzen. Dieser wird angesichts ausbleibenden Schnees immer unerbittlicher geführt.
Mit moderneren Anlagen oder stärkeren Schneekanonen hoffen sich die Winterressorts ein Stück des kleiner werdenden Kuchens zu sichern. Die bayerische Staatsregierung will nun für das Liftprojekt eine Fläche von 80 Hektar aus der strengsten Alpen-Schutzzone C herausnehmen. Im Gegenzug soll eine Fläche von 304 Hektar aufgenommen werden.
Opposition und Naturschutzverbände sind gegen das von Heimatminister Markus Söder vorangetriebene Projekt. Einzigartige Naturschutzgebiete würden zerstört, das vom Aussterben bedrohte Birkhuhn verlöre einen seiner letzten Zufluchtsorte.
„Bei einem zustimmenden Votum würden die verantwortlichen Politiker den Wildtier-Lebensraum am Riedberger Horn opfern und gleichzeitig die bayerische Forstpolitik der vergangenen Jahre ad absurdum führen“, sagt Andreas Kinser von der Deutschen Wildtier Stiftung. Schließlich sei der dortige Wald, der nun gefällt werden soll, über Jahrzehnte hinweg mit Steuermitteln aufwendig saniert worden.
Präzedensfall zur Aushöhlung des Alpenplans
Die Vergrößerung der Schutzzone C an anderer Stelle halten die Kritiker für ein Täuschungsmanöver. Schließlich sei es nicht Sinn und Zweck einer Schutzzone, sie immer dorthin zu verschieben, wo gerade keine Erschließung geplant sei, sagt Hubert Weiger, der Vorsitzende des BUND.
Gleichermaßen äußern sich seit Langem auch Alpenverein und Landesbund für Vogelschutz (LBV). Und natürlich die Opposition. Söder wolle als Ersatz für die Umweltzerstörung am Riedberger Horn zwei Gipfel unter Schutz stellen, die schon längst unter Naturschutz stehen, sagt Florian von Brunn von der SPD. Selbst die CSU-Umweltministerin hält nichts von der Skischaukel.
Vor allem fürchten die Gegner einen Präzedenzfall: Den Alpenplan gibt es bereits seit 45 Jahren. Noch nie wurde er geändert. Weiger spricht von der Gefahr eines Dammbruchs, eine Ausnahmegenehmigung werde andere Ausnahmen nach sich ziehen. Die Verbände haben bereits angekündigt, gegen die Entscheidung vor Gericht zu ziehen. Auch 80 Prozent der Bayern lehnen einer LBV-Umfrage zufolge den Bau der geplanten Skischaukel ab.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer dagegen unterstützt das Projekt und verweist auf die Menschen vor Ort: „Wenn eine Bevölkerung aus einer Region ein Anliegen hat, dann achte ich auf ein solches“. In den beiden betroffenen Gemeinden hatten sich im September letzten Jahres 68,3 beziehungsweise 85 Prozent in einer Bürgerbefragung für die Skischaukel ausgesprochen.
Insgesamt 1.125 Einwohner waren damals zur Abstimmung aufgerufen. Doch es gibt auch Widerstand. „Im Freundeskreis Riedberger Horn“ organisierten sich die regionalen Kritiker. Die Initiative hat rund 2.500 Unterstützer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Parteitag der CDU im Hochsauerlandkreis
Der Merz im Schafspelz
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs