Die Fußball-EM im Uefa-Land: Inszenierte Emanzipationsbewegung
In unserer Kolumne „Nur öppis chliises“ fragen wir uns, wie die Schweiz im Alltag die Europameisterschaft bewältigt.
V ielleicht ist es ja die Hitze. Fehlt es dem Körper an Wasser, fließen die Gedanken auch nicht mehr so schnell. Ich bediene mich noch einmal reichlich an dem Trinkbrunnen. Aber die Botschaft des farbenfrohen Schilds mit dem Fußball drauf, welches die Stadt Bern hier aufgestellt hat, verstehe ich immer noch nicht. „Bern hält das Spiel sauber – und sein Wasser auch.“ Ich habe nur mitbekommen, dass Zürich (Fifa) und Nyon (Uefa) das Spiel ziemlich schmutzig haben werden lassen. Vom neuen Wunder von Bern habe ich noch nichts gehört.
Rund um den Bundesplatz geht es geschäftig zu. Die Fanzone mit Bühne und allem Drum und Dran wird aufgebaut. Auf einem Abfallcontainer mit fünf Löchern steht: „Wo gefeiert wird, wird auch getrennt.“ Der erhöhte Bekenntniseifer mit gewagten Verbindungen für saubere Lösungen ist schwerlich zu ignorieren.
In Lausanne fällt mir auf dem Trainingsgelände der Spanierinnen erstmals auf, dass diese Europameisterschaft einen großen Hersteller von Haushaltsgeräten zum offiziellen nationalen Uefa-Sponsorpartner hat. Während der EM-Zeit soll dessen Onlinekampagne mit dem Slogan „2025 ist das Jahr des Fußballs und der Waschmaschinen“ laufen. Und in einem TV-Werbespot für Waschmaschinen mit Schweizer Nationalspielerinnen und dem Sportkoordinator Johan Djourou heißt es: „Wir wollen nie aufhören, besser zu werden, auf und neben dem Spielfeld.“
Online-Kampagne eines Uefa-Sponsors
Die Uefa, die sich dieser Tage gern als die Schaltzentrale einer großen Emanzipationsbewegung inszeniert, hat bislang kritische Nachfragen unbeantwortet gelassen. Wirklich neu ist das verstärkte Interesse von Unternehmen für Haushaltsprodukte am Fußball der Frauen nicht. Auch die Trainingsjacken des deutschen Teams ziert der Name eines solchen Herstellers, der vor allem durch den Verkauf von Staubsaugern bekannt geworden ist. Wie der DFB in einer Pressemitteilung damals kundtat, ginge es bei der Partnerschaft aber auch darum, den Thermomix als Marke zu platzieren. Die Firmen-Website schmückt ein Foto, auf dem DFB-Nationalspielerinnen sich freudig um ein solches Gerät scharen.
Mit der Kooperation, erklärte das Staubsauger-Thermomix-Familienunternehmen, wolle man auch auf das Gender Care Gap aufmerksam machen. Es ist zu vermuten, dass es dem Uefa-Partner jetzt in der Schweiz ebenfalls um irgendetwas Emanzipatorisches geht. Die PR-Abteilung ist noch am Tüfteln. Es wird gewiss eine saubere Lösung gefunden werden.
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