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Allgemeine EmpörungNacktscanner schon wieder vom Tisch

Von den Kirchen bis zur Polizeigewerkschaft hagelt es Kritik am Nacktscan. Das Innenministerium reagiert, man mache "diesen Unfug nicht mit" - und hält sich doch ein Hintertürchen offen.

Hände hoch! Nacktscanner im Testbetrieb in Amsterdam-Schiphol.

BERLIN taz/afp/dpa Der Rückzieher ist eindeutig und hat doch eine Hintertür. An deutschen Flughäfen sollen keine Nacktscanner aufgestellt werden. "Da kann ich Ihnen in aller Klarheit sagen, dass wir diesen Unfug nicht mitmachen", sagte am Freitag eine Sprecherin von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Die Bundespolizei will im Herbst dennoch damit beginnen, Ganzkörper-Scanner in ihren Laboren zu testen.

Mit Hilfe von Nacktscannern kann die Kleidung von Fluggästen durchleuchtet werden, so dass sie auf einem Monitor nackt erscheinen. Anders als bei den bisher üblichen Metalldetektoren könnten so auch Plastiksprengstoff oder Keramikmesser gefunden werden.

Auslöser EU-Kommission

Ausgelöst wurde die Diskussion von der EU-Kommission. Sie schlägt vor, Körperscanner EU-weit als Mittel der Fluggastkontrolle zuzulassen. Doch wer entscheidet nun konkret über den Einsatz der Geräte? Die im März 2008 beschlossene EU-Verordnung über die Sicherheit in der Zivilluftfahrt sagt nur, dass alle Fluggäste vor Flugbeginn zu kontrollieren sind, "um zu verhindern, dass verbotene Gegenstände in die Sicherheitsbereiche und an Bord eines Flugzeugs gebracht werden".

Die "zulässigen Verfahren für die Kontrolle" kann die EU-Kommission in einer Durchführungs-Verordnung festlegen. Deren Entwurf, der der taz vorliegt, sieht sechs Maßnahmen vor. Neben Metalldetektoren, Abtasten und Sprengstoffhunden finden sich dort auch "Körperscanner". Experten der Mitgliedstaaten haben dem Entwurf in einem Ausschuss bereits zugestimmt.

EU-Parlament könnte EU-Verordnung aushebeln

Allerdings könnte das Europäische Parlament die Zulassung der Körperscanner binnen drei Monaten mit dem Argument verhindern, dass die EU-Kommission hier ihre Kompetenzen überschritten hat. In einer am Donnerstag beschlossenen Resolution droht das Parlament genau damit.

Die Zulassung von Körperscannern könne "nicht als rein technische Maßnahme" angesehen werden, sondern habe große Auswirkungen auf die Grundrechte der Bürger. Die Kommission soll nun innerhalb der Dreimonatsfrist eine "Folgenabschätzung hinsichtlich der Grundrechte durchführen" sowie die Auswirkungen auf die Gesundheit bewerten.

Kompromiss: Kein Zwang zum Nacktscan

Ein möglicher Kompromiss könnte sein, dass die Kommission drei Bedingungen akzeptiert: Kein Passagier darf zu einem Scan gezwungen werden, die Scanbilder dürfen nicht gespeichert werden, die Kontrolleure dürfen nur das Scanbild, nicht den Passagier sehen.

Wenn am Ende also auch Bodyscanner zu den EU-weit zugelassenen Kontrollmitteln gehören, dann steigt zumindest die Wahrscheinlichkeit, dass deutsche Fluggäste im Ausland mit solchen Geräten in Berührung kommen. Die Scanner müssen aber nicht in jedem EU-Staat eingesetzt werden.

Über deutsche Flughäfen entscheidet Schäuble allein

Über den Einsatz auf deutschen Flughäfen entscheidet Innenminister Schäuble. Gemeinsam mit der ihm unterstellten Bundespolizei ist er für die Sicherheit auf den Flughäfen zuständig. Der Bundestag muss bei dieser Entscheidung nicht gefragt werden.

Denn eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes wäre nicht erforderlich. Das Gesetz erlaubt bereits, dass Fluggäste "durchsucht oder in sonstiger geeigneter Weise überprüft" werden. Eine Änderung des Gesetzes wäre nötig, wenn nicht nur die Kleidung, sondern auch der Körper des Fluggastes durchleuchtet würde.

Breite Front der Ablehnung

Der Ablehnung des Innenministeriums ging eine breite Welle des Protests voran. Auch Vertreter der deutschen Kirchen und Gewerkschaften lehnten die Durchleuchtungstechnik ausnahmslos ab. Selbst die Polizeigewerkschaft wandte sich gegen den Einsatz: "Das Sicherheits-Niveau an Flughäfen lässt sich durch Körper-Scanner sicher nicht verbessern", sagte der Vorsitzende GdP, Konrad Freiberg, der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Mit der "überflüssigen Debatte", um die Geräte, so ergänzte Freiberg, werde nur erreicht, dass die Bevölkerung die Sicherheitspolitik zunehmend als "maß- und schamlos" wahrnehme. "Die Zukunft liegt vielmehr in neuartigen Metall-Detektoren."

Gefährlicher Trend zu Dumping-Löhnen

Außerdem bedürfe es ausreichend gut geschulten Sicherheitspersonals, fügte Freiberg hinzu. Der Trend zu Dumping-Löhnen und Privatisierung an Flughäfen sei gefährlich.

Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) reagierte mit Unverständnis auf den EU-Vorstoß. "Den Nutzen von Nacktscannern für die Sicherheit vermag ich wirklich nicht zu erkennen", sagte DPolG-Chef Rainer Wendt. "Die Pläne sollten ganz schnell wieder in der Schublade verschwinden", einen "staatlich verordneten Striptease" an Flughäfen brauche niemand.

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5 Kommentare

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  • I
    Isolde

    Keine Bange. Der Nacktscanner kommt. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Was glaubt ihr wohl wie teuer die Entwicklung dieses Teufelswerkes war? Wer immer dafür gezahlt hat, will sein Geld und noch mehr zurück.

    Hier geht es nicht um sinnvoll oder nützlich. Hier geht es einzig darum, Geld zu verdienen. Und wenn man etwas absolut sinnfreies verkauft, hauptsache die Börse klingelt. Man muss nur noch die Nachfrage künstlich herstellen. Mit Korruption wird das schon gehen ;-)

    Ein paar Modells am Flughafen, die freiwillig die Hüllen fallen lassen, ein paar kostenlose Bonbons am Flughafen für brave Passagiere und schon gehört es zum alltäglichen Geschäft.

  • R
    robert

    Hat sich schon jemand gefragt wer daran verdient?

  • M
    manfred (56)

    Ich mag nicht so recht glauben, daß der Ganzkörperscan schon vom Tisch ist. Es hat jetzt nicht so recht geklappt, da muß man die Massen erst mal ein bißchen beruhigen. Aber ich bin sicher: Die Hardliner werden dieses Projekt weiterverfolgen. Irgendwann wird man uns diese Dinger unterjubeln, versteckt in irgend einer Rechtskonstruktion, und unsere Volksvertreter werden dann erst wieder hinterher merken (wollen), daß Schäuble sie gelinkt hat.

  • T
    Tom

    Ich war zu tiefst erschüttert das diese Technik des Scanners an Flughäfen in Frage kommen würde.Das ist eine der grössten Menschenrechtsverletzungen die jemals in Sicherheitsfragen am Bürger und Bürgerinnen vorgenommen wird.Der Gipfel der Perversion die nicht mehr von mir nachvollziehen werden kann.Das Ende eines Sicherheits Wahns der nun zu einem Menschenrechtsverletzenden Verhalten ausgeufert ist.Würde dieser Scanner angewandt,würde ich nicht mehr Fliegen und würde eine Boykottierung sowie Protestaktionen in grossem Maße unterstützen.Tom aus Hamburg

  • A
    Anne

    ... davon abgesehen, seien wir mal ehrlich: Zumindest ab ca. dem 40. oder 50. Lebensjahr sind die allermeisten Menschen ohne Kleider wirklich äußerlich sehr unattraktiv, gemäß dem Geschmack von so ziemlich mindestens 3/4 aller Menschen, würde ich wetten. Und das ist wohl neben klimatischen u.a. (kulturellen, schon Kindern anerzogenen) Gründen einer der Hauptgründe dafür, dass sich Menschen nicht gerne nackt zeigen. Und es gilt tendenziell: Je blasser die Haut, umso stärker der Effekt nackter Unattraktivität.

     

    (obwohl es neuere Studien geben soll, die behaupten herausgefunden zu haben, dass Männer weltweit - im Durchschnitt - (zumindest bei Frauen) hellere Haut attraktiver finden und Frauen - im Durchschnitt - (bei Männern) dunklere Haut - aber es müsste erst mal genauer untersucht werden, was die Studien wirklich gemessen haben. Falsche Verallgemeinerungen und andere voreilige Schlüsse sind ja auch bei Studien in Wissenschaftsmagazinen häufig. Speziell in Afrika sind z.B. viele Männer in Großstädten von europäischen & nordamerikanischen audivisuellen Medien (Porno-TV etc.) in diese Richtung beeinflusst, aber sogar Frauen meinen dort manchmal, ihre Haut der hellen Farbe der TV- und Zeitschriften- Stars anpassen zu müssen - z.B. mit Chlorbleichen).