: Aller Bahn-Anfang ist schwer
Kommentar
von Richard Rother
Locomore und der Kampf um die Kundschaft
Ein gutes Produkt oder eine gute Dienstleistung sind noch lange kein Garant für wirtschaftlichen Erfolg. Dafür braucht der Anbieter – so banal ist die Marktwirtschaft – noch ausreichend Kunden und Kundinnen, die bereit sind, für das Angebot angemessen zu zahlen. Diese Erfahrung musste auch das Bahnunternehmen Locomore machen, das im Fernverkehr eine klitzekleine Alternative zur bundeseigenen Deutschen Bahn AG ist, zumindest auf der Strecke Berlin–Frankfurt–Stuttgart. Für Fans des umweltfreundlichen Bahnreisens ist das ein Hoffnungsschimmer, nicht mehr und nicht weniger.
Das junge Unternehmen, das sich durch Geldeinsammeln per Internet finanziert, musste nämlich lernen, was auch der DB zu schaffen macht. Am Freitag und Sonntag sind die Züge voll, unter der Woche hapert es an der Auslastung – trotz eines guten Preis-Leistungs-Verhältnisses. So ist das: Wenn die Nachfrage fehlt, nützen die besten Angebote nichts.
Locomore zieht daraus nun Konsequenzen. Einerseits wird das Angebot eingeschränkt und weniger gefahren, andererseits wird der Zug, der zwischen Stuttgart und Berlin pendelt, an nachfragestarken Tagen verlängert. Davon haben alle etwas: die preisbewussten Kunden, die dann noch einen Platz bekommen, und das Unternehmen, das seinen Umsatz steigert. Ob die Rechnung aufgeht, ist offen. Aber immerhin ist die Firma schon so mutig, für das nächste Jahr die Eröffnung einer neuen Strecke, nämlich Berlin–Köln, anzukündigen.
Locomore kämpft dabei weniger gegen die DB oder das Flugzeug, sondern gegen die Fernbusse. Dass die Fernbusfirmen im Unterschied zu Bahnunternehmen keine Maut- beziehungsweise Trassengebühren zahlen, ist ungerecht; es hilft aber im aktuellen Kampf um Kundschaft nicht weiter. Der Marktführer Flixbus hat gerade angekündigt, sein nationales und internationales Angebot ab Berlin deutlich auszuweiten. Gemessen daran ist Locomore ein sehr kleines Pflänzchen. Damit die Firma gedeiht, braucht sie vor allem eines: Kunden, die sie nutzen.
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