Alle lieben ihre Doppelspitze: Grünen-Landeschefs hinter Roth/Trittin
Die Landespolitiker loben das Personaldoppel. Die Kritik aus dem Realo-Lager wehrten die Landeschefs ab. Claudia Roth genieße einen „breiten Rückhalt“, hieß es.
BERLIN taz | Prominente Grünen-Landespolitiker haben ein mögliches Spitzenduo von Claudia Roth und Jürgen Trittin gegen Kritik aus dem Realo-Lager verteidigt. „Trittin ist für uns im Wahlkampf 2013 unverzichtbar“, sagte Daniel Köbler, Fraktionschef in Rheinland-Pfalz, am Freitag. „Und natürlich kann ihn Claudia Roth in einem Duo gut ergänzen. Sie genießt einen breiten Rückhalt in der Partei.“
Sven Lehmann, Grünen-Landeschef in Nordrhein-Westfalen, sagte, die Grünen müssten die Personen, die sie im Wahlkampf vertreten, auch aus ihren Inhalten herleiten: „Wichtige Themen im Wahlkampf werden zum Beispiel Umverteilung, die Stärkung des Gemeinwesens und die Energiewende sein.
Ein Duo Roth/Trittin könnte diese Themen äußerst glaubwürdig vertreten.“ Roth sei wegen ihrer authentischen Art in der Partei beliebt und genieße großen Rückhalt, sagte Lehmann. „Nur wer Flügelinteressen vor die Inhalte stellt, kann ein solches Duo ablehnen.“
In der taz urteilte Tübingens OB skeptisch
Diese Kritik zielt auf Boris Palmer und andere Vertreter des grünen Realo-Flügels. Tübingens Oberbürgermeister hatte im taz-Interview ein Doppel von Parteichefin Claudia Roth und Fraktionschef Jürgen Trittin im Wahlkampf skeptisch beurteilt. Ein solches Tandem repräsentiere die Partei nicht in ihrer Breite, hatte Palmer argumentiert. „Und es würde auch relevante Wählermilieus außen vor lassen.“ Um bürgerliche Wähler der Mitte oder kirchlich orientierte Kreise zu gewinnen, schlug Palmer Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt für ein grünes Spitzenteam vor. Andere Realo-Vertreter bewerteten die Personaldebatte ähnlich.
Landespolitiker werfen ihnen nun vor, ausschließlich taktische Flügelinteressen zu vertreten. Der Berliner Landeschef Daniel Wesener sagte mit Blick auf Palmers Kritik, die Grünen müssten sich im Moment programmatisch für den Wahlkampf aufstellen: „Ich habe kein Verständnis dafür, dass manche Leute jetzt personalpolitisches Mensch-ärgere-dich-nicht spielen.
Das ist ein rein destruktives Verhalten“, sagte Wesener und fügte hinzu: „Man kann das personalpolitische Vakuum der Realos nicht füllen, indem man andere Kandidaten schlecht redet.“ Stattdessen müssten sie eben einen guten Kandidaten aufstellen, wenn sie mit dem Personalangebot unzufrieden seien.
Flügelstreit bei der Personaldebatte in der Kritik
Auch der rheinland-pfälzische Fraktionschef Köbler kritisierte den Flügelstreit bei der Personaldebatte scharf. „Der kalte Krieg ist bei den Grünen vorbei. Innerhalb der Partei hat nun wirklich keine Strömung das Interesse, eine andere unterzubuttern“, betonte Köbler. Deshalb müssten Realo-Vertreter in der Lage sein, sich souverän hinter die prominenten Leute zu stellen, die zur Verfügung stünden. Niedersachsens Landeschef Jan Haude bezeichnete ein Duo Roth/Trittin als „gangbaren Weg“.
Er verstehe die Emotionalität der Personenfrage nicht, schließlich entfalteten die Grünen über ihre Themen eine Bindewirkung in die Mitte, sagte Haude. Gleichzeitig lobte er Katrin Göring-Eckardt: „Sie wäre eine gute und interessante Variante, weil sie mit ihrer Anbindung an kirchliche Milieus eine ganz neue Facette aufmacht.“ Haude plädierte dafür, die Diskussion Roth/Trittin und Göring-Eckardt nicht kontrovers gegeneinander zu führen, sondern sie gewinnbringend zu verbinden.
Die Grünen diskutieren derzeit, wer Spitzenkandidat im Wahlkampf 2013 wird. Bis Ende August müssen Kandidaten ihr Interesse anmelden, am 2. September soll sich der Länderrat mit der Frage beschäftigen. Beschlossen ist bereits, dass ein quotiertes Duo an die Spitze soll – denkbar ist auch eine Formation mehrerer Kandidaten. Wenn Konkurrenz entsteht, könnte die Grünen-Basis in einer Urwahl entscheiden.
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