Alke Wierth über das Verwaltungschaos vor den Wahlen in Berlin: Jibt’s schon. Aber is nich!
Jibt’s schon. Aber is nich!“ Nach fast zwanzig Jahren Berlin ist mir klarer geworden, was der kryptische Satz bedeutet, mit dem mir einst eine Lebensmittelverkäuferin meine Frage nach einem bestimmten Produkt beantwortete. „Jibt’s schon“ bezieht sich auf die reine Existenz von etwas: Ja, es gibt Büffelmozarella und es gibt auch Bürgerämter in Berlin und sogar Termine dort, ja, es gibt Pläne, einen Flughafen zu bauen, und es gibt auch einen Termin für Neuwahlen der Landes- und Bezirksregierungen.
Das „is nich“ dagegen bringt zum Ausdruck, das aus irgendeinem nicht näher erläuterten Grund allerdings der tatsächliche Zugriff auf das Produkt/das Angebot/die Serviceleistung aktuell und auf unbestimmte Zeit nicht möglich ist. Irgendeine höhere Macht steht zwischen dem Gewünschten und Angestrebten und seiner tatsächlichen Manifestation.
In Berlin, wo ein Flughafen schon länger nicht fertig wird, als er eigentlich gebaut werden sollte, wo wochenlang wartende Geflüchtete vor Landesbehörden hungerten und dursteten, wo Bürgerämter so überfüllt sind, dass BürgerInnen gegen gesetzlich vorgeschriebene Meldetermine verstoßen müssen, droht nun eine Landeswahl verschoben werden zu müssen – wegen Behördenversagens. Opposition und auch die regierenden Koalitionspartner SPD und CDU machen sich jeweils gegenseitig für diese chaotischen Zustände verantwortlich.
Fakt ist: Der Einfluss Regierender auf die ihnen unterstehenden Behörden oder – wie beim Flughafen – Landesunternehmen scheint in Berlin ausgesprochen gering zu sein. Im Klartext bedeutet das: Beide machen ihren Job schlecht. Vielleicht wäre deshalb eine regierungsfreie Zeit nach Verschiebung der Wahlen und beendeter Amtszeit der bisherigen MandatsträgerInnen gar nicht schlecht. Sie könnte Erkenntnisse darüber ermöglichen, wo in den Verantwortungs- und Handlungsabläufen die höhere Macht zwischen „Jibt’s schon“ und „Is nich“ eigentlich steckt.
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