„Alien: Covenant“ im Kino: Walter in der Bundeslade
Was ist das Wesen der Menschen? Und der Androiden? Ridley Scotts „Alien: Covenant“ schwingt sich in philosophische Höhen auf.
Wie eine Arche schwebt das Raumschiff durch die Tiefen des Weltalls, doch der Name „Covenant“ deutet dem bibelkundigen Zuschauer von Ridley Scotts jüngstem Alien-Abenteuer an, dass hier mehr im Busch ist. Wer die Heilige Schrift verschmäht, kann sich auch an Indiana Jones erinnern, der einst auf der Suche nach dem verloren Schatz war, der Ark of the Covenant, der Bundeslade, die der Legende nach die zehn Gebote enthält, vielleicht aber auch Mysteriöseres.
In jedem Fall ist sie ein Symbol der Macht, ein Objekt, das dem Benutzer ungeahnte Fähigkeiten verleihen kann, Fähigkeiten, die nicht nur im Science-Fiction-Kino gern mal missbraucht werden.
Wenn man nun noch weiß, dass während eines eher ruhigen Moments der komplette Text von Percy Shelleys Sonett „Ozmandias“ zitiert wird, mag man ahnen, in welche philosophischen Höhen sich Scotts Film aufzuschwingen sucht.
Wobei der, der hier auf der Suche nach Antworten auf die großen Fragen der Menschheit ist, gar kein Mensch, sondern ein Android ist: Der von Michael Fassbender gespielte David, der am Ende des Vorgängerfilms „Prometheus“ in einem gigantischen Raumschiff unterwegs war, das inzwischen gelandet ist. Auf einem unwirtlichen Planeten, der einst von einem mächtigen Volk beherrscht wurde, das einer furchtbaren Katastrophe zum Opfer gefallen ist.
Auf diesem Planeten landet nun die „Covenant“ mit ihrer Besatzung, darunter ein Android namens Walter, ebenfalls gespielt von Michael Fassbender, der nicht nur dank seiner doppelten Präsenz die substanziellste Figur eines Films ist, der in zwei Teile zerfällt: Wie es sich für einen zünftigen Alien-Film gehört, spart Scott nicht mit einigen brillanten Setpieces, in denen auf die bekannt drastische, sehr blutige Weise nach und nach die Crew, einer nach dem anderen, dahingemeuchelt wird.
Das ist oft spannend anzusehen, doch die interessanteren Momente bilden Szenen mit einem oder beiden Androiden, die von der Frage getrieben sind, was das Wesen der Menschen oder eben der Androiden ausmacht, und die vor allem vom Wunsch getragen sind, etwas zu erschaffen.
„Alien: Covenant“. Regie: Ridley Scott. Mit Michael Fassbender, Katherine Waterston u. a. USA 2017, 122 Min.
Vaterfiguren ziehen sich durch den Film, der Wunsch, die eigene Linie fortzusetzen, sich zu vermehren – oder etwas ganz Neues zu schaffen. Was das sein wird, ahnt man, denn „Alien: Covenant“ spielt nur wenige Jahre vor den im ersten „Alien“ beschriebenen Ereignissen. Der Kreis wird sich also bald schließen, Ridley Scott arbeitet schon an der Fortsetzung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite