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Alice-Schwarzer-StiftungFeministischer Turm in Schieflage

Dem Kölner FrauenMediaTurm werden die Zuschüsse gekürzt. "Emma"-Herausgeberin Alice Schwarzer, Chefin der Stiftung, der das Archiv gehört, geht auf die Barrikaden.

Ist echt sauer: Alice Schwarzer. Bild: dapd

KÖLN taz | Die rot-grüne Regierung in Nordrhein-Westfalen bekommt Ärger mit Alice Schwarzer. Die Emma-Herausgeberin will nicht hinnehmen, dass das Land seine Förderung für den Kölner FrauenMediaTurm kürzen will. Am Dienstag will sie auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf dem Kabinett von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und ihrer Stellvertreterin Silvia Löhrmann kräftig die Leviten lesen. Doch ihre Rufe dürften unerhört bleiben.

Sieben Protestbriefe hat Schwarzer bereits in den vergangenen Monaten an Kraft geschrieben - allesamt vergeblich. Jetzt sucht sie die Öffentlichkeit. Es geht um ihr Refugium: das 1994 eröffnete Archiv und Dokumentationszentrum FrauenMediaTurm (FMT), beheimatet in einem mittelalterlicher Wehrturm am Kölner Rheinufer und getragen von einer Stiftung, deren Chefin Schwarzer ist.

Praktischerweise hat auch die Emma-Redaktion ihre Redaktionsräume in dem Gebäude. Wer allerdings ansonsten den FMT nutzen will, hat es nicht ganz leicht: Die Öffnungszeiten sind stark reglementiert, ohne Voranmeldung geht gar nichts. Bis man einen Termin bekommt, können Wochen vergehen. Pro Besuch werden 5 Euro verlangt.

Die Vorgängerregierung hatte gleichwohl noch ein Faible für den FMT. Mit der Unterstützung von Frauenprojekten hatten Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und sein Frauenminister Armin Laschet (CDU) zwar ansonsten nicht viel am Hut. Sogar die Landeszuweisungen für Frauenhäuser wurden um 30 Prozent gekürzt. Doch der FMT durfte sich über einen warmen Geldregen freuen.

Existenz bedroht

Ab 2008 erhielt die gemeinnützige Stiftung vom Land eine institutionelle Förderung von 210.000 Euro im Jahr. Laut Schwarzer habe ihr Rüttgers seinerzeit diese großzügige Apanage über zehn Jahre zugesagt, also bis zum Jahr 2017. Dumm nur, dass er schon 2010 abgewählt wurde. Das bringt den FMT jetzt in Schwierigkeiten. Denn inzwischen regiert die Sozialdemokratin Hannelore Kraft in Düsseldorf und aus dem Frauen- wurde ein Emanzipationsministerium, das von der Grünen Barbara Steffens geführt wird. Auch die Prioritäten der neuen Regierung änderten sich - zu Lasten des FMT.

Aus drei verschiedenen Ressorttöpfen stammte bislang das Geld für das Schwarzer-Projekt. Steffens strich bereits Anfang vergangenen Jahres ihren Anteil von 70.000 Euro komplett. Um "erhebliche Kahlschläge der Vorgängerregierung rückgängig zu machen", seien "finanzielle Kraftanstrengungen" notwendig gewesen, lässt die Ministerin ausrichten. Aufgrund der Haushaltslage wollen auch Kulturministerin Ute Schäfer (SPD) und Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) ihre Zuschüsse halbieren.

Die dann noch verbleibenden 70.000 Euro decken nach Angaben des FMT gerade mal die Betriebskosten. Wenn das Land die Kürzungen nicht zurücknehmen würde, empören sich Schwarzer & Co., sei "die Existenz des in dieser Form weltweit einmaligen Frauenarchivs bedroht". In der Landesregierung sieht man den Protest gelassen. Der Fall sei doch längst abgehakt, heißt es kühl aus Kabinettskreisen. Schwarzer solle sich lieber um andere Finanzquellen kümmern.

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14 Kommentare

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  • J
    Jörn

    Hier geht es um zwei Dinge: Zum einen darum, dass eine Bibliothek des radikalen Feminismusses Fördergelder erhält. Hier kann man sich sicher streiten, welche Projekte gefördert werden sollten und ob Radikalfeminismus irgendetwas mit Gleichberechtigung zu tun hat oder das Gegenteil davon ist und ob deshalb eine Regierung so etwas fördern sollte oder nicht. Das ist eine berechtigte politische Diskussion.

    Der andere Aspekt besteht darin, dass hier öffentliche Fördergelder veruntreut werden. Manche werden Frau Schwarzer als den Fleisch gewordenen Feminismus ansehen. Effektiv wird hier jedoch Geld für etwas gezahlt, was tatsächlich nicht vorhanden ist. Frau Schwarzer Geld zu zahlen hat mit Feminismusförderung per se nichts zu tun.

    @Anne Beck: Wenn Ihnen die Förderung der Feminismusforschung am Herzen liegt, sollte Ihnen wichtig sein, dass dieses Geld nicht versickert sondern damit eine für Frauen effektiv nutzbare Einrichtung zur Verfügung gestellt wird. Dann sollten Sie den Missbrauch der Fördergelder nicht noch verteidigen.

    Insofern verwundert es auch nicht, dass gerade eine rot-grüne Regierung darauf achtet, dass die Frauenförderung effektiv ist während es schwarzen Regierungen vor allem darum geht Unruheherde mit etwas Geld ruhig zu stellen und das Fehlen der Frauenförderung - wenn es nicht gewollt ist - zumindest nicht stört.

  • AB
    Anne Beck

    Es sollte hier nicht um die Abrechnung mit einer Feministin gehen, sondern um die Tatsache, daß wieder einmal einer wichtigen `Fraueneinrichtung` - d.h. ein Archiv über die Frauenbewegung - finanzielle Fördermittel gestrichen werden aufgrund persönlicher Ressentiments. Ausgerechnet initiiert vom Frauenministerium - wie wichtig ist ihnen die Geschichte der Frauenbewegung? Häme, Spott, Feindseligkeiten waren Feministinnen seit Anbeginn ausgesetzt. Das Ergebnis einer patriarchalen Dominanz.

    Das jetzt zum Anlaß zu nehmen, mit Häme und Spott über eine Feministin abzulästern , sollte uns Frauen eher rebellieren lassen und A. Schwarzer mehr unterstützen. Letztendlich geht es um unsere feministischen Interessen, die auch hier - wie üblich zu allen feministischen Themen - in einigen Kommentaren wieder kleingeredet werden. Das obige Foto von Alice Schwarzer soll wohl die Antipathien auch bildhaft zum Ausdruck bringen? Auch darin erkenne ich leider keine korrekte, ausgewogene Berichterstattung.

  • MB
    Michel B

    Was?? Die Schwarzer nimmt Geld vom verhaßten Patriarchat?? Wie inkonsequent ist das denn???

  • IN
    Ihr NameMicha

    Umfrage:

    Was ist schlimmer, Ulla Schmidt, Ilse Aigner, oder Alice Schwarzer???

    Die Gewinnerin bekommt weiss ich nich... hahaha KRRRRR!

  • CB
    Carolina Brauckmann

    Wieso diese Häme? Auch im Artikel von Pascal Beuker, der ja eigentlich nur berichten sollte. Und in den Kommentaren heftige Schläge unter die Gürtellinie!

    Wenn man anderer Meinung ist, lässt sich das argumentativ ausfechten. Bei A. Schwarzer wird indes schnell die Ideologie-Keule geschwungen, und der Verweis darauf, dass sie das oftmals auch mache, verbessert die Sache nicht. Jetzt wird auf- und abgerechnet, auch auf politischer Bühne. Schade um die Inhalte, denn letztlich geht es um eine beeindruckende und bewahrenswerte Wissenssammlung zum Feminismus und nicht um offene Rechnungen, oder?

  • TR
    Thorsten Reinert

    Frau Schwarzer, wenn Sie Geld brauchen, verscherbeln Sie doch Ihr Bundes-Unverdienst-Kreuz bei Ebay! Sie haben es sowieso nicht verdient, Sie Blödzeitungs-Schmierantin!

  • SB
    Siegfried Bosch

    Schlimm, dass Landesrechnungshof und Staatsanwaltschaft sich nicht einschalten angesichts der Tatsache, dass Frau Schwarzer hier öffentliche Subventionen für eine nur selten geöffnete Stiftung zweckentfremdet für ihre Emma-Zeitung.

  • KK
    Karl K

    Alice " Emma" Schwarzer" , wat höb wi lacht!

     

    Naja, als der Bayenturm noch eine Ruine war und

    wir uns für " Quartier, weiter hier" für die Offene Jazzhaus Schule

    massenhaft die Lunge aus dem Hals bliesen, da haben wir nicht gelacht.

     

    Als aber selbst der hartmäulige Regierungsprâsident Antwerpes

    ( " dat sind allet Arschlöchet, so jroß, dat da nen LKW durchfahren kann", you remember?) sich gezwungen sah, dem edelsanierten Emma-Turm

    einen offiziellen Besuch abzustatten, weil es die Spatzen von den Dâchern pfiffen,

    daß dort aber auch alles sich auf " Emma" buchstabierte.

     

    Ja da haben wir gelacht.

    Als Herr Antwerpes, der es ablehnte, dass sich neben seiner Dienstwohnung sich eine Sekräterin seiner Behörde in einer Dienstwohnung einmietete.

    Also dieser Herr reagierte geradezu empört, als er von einem Journalisten

    gefragt wurde, ob er denn nicht in Ausfluß seiner Aufsichtspflicht mal einen Blick in die Bürocomputer geworfen hätte, ehe er lauthals verkünde bei ( seinem Lieblingsschoßhund) Emma, - äh im Bayenturm sei alles

    in bester Ordnung"!

    "Also nein, das ginge denn aber doch zu weit!"

     

    Es ist einfach schön, dass unter rot-grün einfach mal

    hingeschaut wird und dieser präsidialkompatiblen Selbstbedienungsmentslität

    ein Riegel vorgeschoben wird. Und zu allem Unglück ist SAAB auch noch pleite.

    So'n Mist aber auch.

  • L
    lounger

    Möglicherweise sollte die one-woman-show mal hier sehen, wie ein Archiv breit finanziert und öffentlich zugänglich funktioniert:

     

    Archiv der Frauenbewegung

    http://www.addf-kassel.de/

  • H
    Horsti

    Frau Schwarzer bleibt ihrer Devise treu. Auch die EMMA lebt weit überwiegend nicht aus privaten Mitteln, sondern aus staatlichen Zuschüssen. (öffentliche Bibliotheken die Abos abnehmen)

    Wenn Frau Schwarzer so viel daran liegt, warum finanziert sie die Einrichtung nicht über ihre Bucheinnahmen?

  • MH
    Mario H.

    Sie kann es doch von ihren Freunden von der Blöd-Zeitung zahlen lassen, die haben genug Geld. Und können sicherlich hier und dort auch mal ihre Unterstützung im Kampf gegen den Rechtsstaat brauchen...

  • K
    KFR

    bemerkenswerte Abhängigkeit-Verhältnisse;

    eine Stiftung sollte eigentlich aus dem Stiftungs-Kapital lebensfähig sein;

    hoffen wir mal die Trennungen zu anderen kommerziellen Aktivitäten und Personalia sind nachvollziehbar ?

  • R
    René

    Wer ineressiert sich eigentlich noch für die Schwarzer seid dem die in letzter Zeit so eng mit der Bild zusammen arbeitet hat sie doch sich selbst und die Bewegung für die sie steht verraten geschieht ihr Recht

  • 5
    5-Euro-Joe

    Für eine radikalideologisches Medien-Archiv besteht kein öffentlicher Bedarf, also liebe Frau Schwarzer: Erwirtschaften Sie dessen Unterhalb also bitteschön doch selbst!

     

    Sollten Sie Wert darauf legen, auf breitere Akzeptanz in der Gesellschaft zu stoßen, hier ein kleiner Tipp: Verfolgen Sie das feministische Anliegen zukünftig zur Abwechslung einmal mit Objektivität und Ergebnisoffenheit, und kratzen Sie sich die ideologischen Scheuklappen einfach mit "Ockhams Rasiermesser" von den Schläfen. Verwenden Sie die dadurch entstandenen Ressourcen dann bitte dafür, endlich für irgendetwas NÜTZLICH zu sein.