Album von ugandischer Rapperin MC Yallah: Eleganter Flow zu düsterem Sound
Rapperin MC Yallah gehört zum ugandischen Label Nyege Nyege. Ihr Album „Yallah Beibe“ mischt ostafrikanischen Flow mit Berliner Elektronik-Knowhow.
MC Yallah swingt beim Rappen elegant und erzeugt damit unnachahmlichen Flow. Yallah Gaudencia Mbidde, so ihr bürgerlicher Name, legt mit „Yallah Beibe“ nun ihr zweites Album vor. Die in Kenia geborene ugandische Rapperin gehört seit 1999 zur ostafrikanischen HipHop-Szene und ist inzwischen auch jenseits der Region bekannt. Denn jeder Satz von „Ugandas Rap Queen“ (Arte Tracks) hat Groove, bei gefühlten 20 Silben pro Sekunde, große Kunst.
Das Fundament, auf dem Yallah reimt, bilden Beats und reduzierte Melodien von drei Produzenten: dem Franzosen Debmaster, dem Japaner DJ Scotch Rolex – beide leben in Berlin – und Chrisman aus der Demokratischen Republik Kongo. Das Trio gehört, wie Yallah, zum Dunstkreis des weithin geachteten Labels Nyege-Nyege, das seine Basis in Ugandas Hauptstadt Kampala hat.
Seit 2014 ist Nyege Nyege zum Netzwerk für Künstler:Innen aus Uganda und den Nachbarstaaten geworden und es pflegt regen Austausch mit Europa, Asien und Südamerika. Und das, obwohl dort Musik erscheint, die nicht den Gesetzmäßigkeiten des Popmainstreams entspricht.
Düster, angespannt, mitreißend
„Yallah Beibe“ ist ein Amalgam verschiedenster Elektronik-Stile, zu hören sind Spurenelemente von Trap über Dancehall bis zu Industrial-Techno. Yallahs Sound klingt düster und angespannt, aber in seiner Power immer mitreißend.
MC Yallah: „Yallah Beibe“ (Hakuna Kulala/PIAS)
In den zwölf Songs erzählt Yallah Geschichten über den Alltag einer Frau, die in Uganda lebt: Korruption, Gewalt, und patriarchale Strukturen sind an der Tagesordnung. Genauso berichtet sie von der Lust am Leben, ihren Wünschen und Träumen. „Es geht um das Leben an sich“, fasst sie zusammen. Dabei ist sie nie resignativ, stets kämpferisch, selbstbewusst. Im Video zum Titelstück tanzt Yallah im Innenhof eines Bürokomplexes.
Einzelne Wörter des Textes in Luganda, der Landessprache Ugandas, erscheinen groß im Bild, darunter immer wieder: „Nyingidde“ und „Ntuuse“ – ich ging hinein, bin angekommen. Mich hält niemand auf, scheint sie zu sagen.
Apokalypse mit Deathmetal
Yallah reimt abwechselnd in Luganda und den in Kenia gesprochenen Sprachen Kisuaheli und Luo. Lediglich eine Strophe reimt sie auf Englisch. In dem Track „No one seems to bother“, einem herausragenden Stück, klagt sie: „The world is going under / No one seems to bother.“ Begleitet wird Yallah von Lord Spikeheart, Sänger der kenianischen Band Duma, der mit kehligem Deathmetal-Gebrüll den Songtitel herausschreit.
Zwar ist Uganda formal eine Demokratie und ein in der Region vergleichsweise stabiler Staat. Das Land wird jedoch schon seit 1986 von Präsident Yoweri Kaguta Museveni autokratisch regiert. Oppositionelle werden mitunter verfolgt und gefoltert. Immer wieder verschwinden Menschen spurlos.
Die zweite Strophe von „No one seems to bother“, in der sie explizit die politischen Umstände in Uganda kritisiert, rappt Yallah bewusst in Kisuaheli, weil das in Uganda nicht viele verstehen. Sie bleibt vorsichtig, aus Furcht vor der Staatsgewalt. Als politische Aktivistin sieht sie sich nicht.
Drei Beatschmiede, eine Soundsignatur
Hatte Yallah ihr Debüt („Kubali“, 2019) noch allein mit Debmaster produziert, klingt ihre Musik durch den Einsatz von Scotch Rolex und Chrisman nun vielfältiger. Brüche entstehen in der Musik jedoch nicht. Vielmehr ergänzen sich die Ansätze der drei Beatschmiede und fügen sich harmonisch zusammen.
Dominiert auf den ersten drei von Debmaster produzierten Stücken noch der Subbass, gepaart mit hypnotischen Synthesizer-Läufen, bringt Chrisman in den nachfolgenden Songs weitere Elemente hinzu: Trap-artiges HiHat-Zischeln und donnernde Drumbeats. Ebenfalls von Chrisman produziert ist ein Highlight des Albums: „Big Bung“, ein Duett mit Rati Gan, der Yallah mit seinem afrokaribischen Dancehall-Gesang aus ihrer Komfortzone lockt und als Sängerin brillieren lässt.
Scotch Rolex, der seine Ursprünge im Noise und Industrial hat, verleiht Yallahs zweistimmigem Rap eine geradezu geisterhafte Note („Moss“). Seine sakral anmutenden Klangsflächen („Hera“) sorgen dann für den fulminanten Schlusspunkt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren