: Albträume von den Pixies
■ Ein Kauz? Mindestens ein routinierter Songwriter: Frank Black & The Catholics im Logo
Mit den Pixies dürfte Charles Thompson, besser bekannt als Frank Black, in den 80er Jahren ungefähr jede zweite Garagenband der Welt beeinflusst haben („Es ist schwierig, sich Nirvana vorzustellen ohne die Pixies“, so der All Music Guide). Nach der Trennung der Pixies 1993 beschritt – neben deren Bassistin Kim Deal – auch Frank Black anfangs vielbeachtete Solopfade.
Mit der jüngsten Platte Dog In The Sand verbeugt er sich mit seiner neuen Band, den Catholics, nicht zuletzt vor den Rolling Stones. Am Sonnabend ist Black mit den Catholics im Logo zu Gast.
taz hamburg: Worin unterscheidet sich dein Alter Ego Frank Black von der Privatperson Charles Thompson?
Frank Black: Es sind zwei verschiedene Persönlichkeiten. Ich würde sagen, dass Frank Black mehr als Charles Thompson ist, sozusagen eine übertriebene Ausgabe meiner selbst. Charles Thompson im Schnellgang. Es ist immer ein Sprung vom normalen Leben auf die Bühne. Ein Persönlichkeitswechsel, vom dem beide Charaktere profitieren. Jetzt wird es aber philosophisch.
Deine neue Platte klingt sehr entspannt, als ob du Frieden mit den Geistern in dir geschlossen hättest.
Ich bin tatsächlich relaxter geworden. In den letzten Jahren sind einige dramatische Sachen passiert: Mein Vater ist gestorben, wir standen und sehr nah. Vor einem Jahr habe ich meine langjährige Freundin geheiratet. Seitdem bin ich viel weniger nervös. Ich bin abgeklärter geworden und habe mehr Selbstvertrauen gewonnen.
Deine letzten Alben waren nicht so erfolgreich wie du erhofft hast. Wie wichtig ist dir Erfolg?
Für die Plattenfirmen ist Erfolg immer finanziell messbar. Für mich ist Erfolg eher eine emotionale, psychologische Angelegenheit. Ich habe das Glück, dass ich von meiner Musik leben kann und nebenbei keinen anderen Job machen muss. Das ist doch schon ein Erfolg. Sicher, jede neue Platte erscheint bei einer anderen Firma. Aber so ist nun mal das Leben eines Kultmusikers: auf Messers Schneide.
Wie kommst du immer wieder auf diese kauzigen Melodien?
Ich denke, ich habe einfach ein gutes Gespür dafür entwickelt. Wenn ich schreibe, denke ich dabei eigentlich niemals über die Melodie nach. Die kommt, wenn ich mit meiner 68er Telecaster improvisiere, die ich seit den Pixies spiele: Die erste vernünftige Gitarre, die ich mir jemals angeschafft habe. Trotzdem bleibt es ein Mysterium, wie das funktioniert. Man sieht einen Punkt in den Wolken und versucht ihn zu erreichen. Songschreiben lässt sich nur schwer analysieren, man tut es einfach.
Bist du selbst ein Kauz?
Keine Ahnung. Wahrscheinlich. Obwohl meine Frau mich sicher nicht als kauzig beschreiben würde. Sie verehrt mich! Und ich verehre sie.
Ein paar Songs klingen wie Outtakes von Exile On Main Street.
Als wir die neuen Stücke während einer US-Tour getestet haben, lief diese CD jeden Morgen im Bus. Der erste Song auf der ersten Seite ist ein Killer: „Rocks Off“. Nicht ohne Grund beginnt meine Platte mit „Blast Off“. Darin versuche ich, Mick Jagger und Keith Richards in einer Person zu sein. Auch diesmal haben wir wieder viele Country-Elemente benutzt: Pedal Steel Guitar und so weiter. Country ist immer ein großer Einfluss gewesen. Er scheint sogar noch zu wachsen. Manche Leute sagen, „Bullet“ würde sie an Gun Club erinnern. Witzig, auch die Pixies wurden ständig mit dem Gun Club verglichen. Wir hatten wohl die selben Einflüsse. In Amsterdam gaben wir mal den Support für Jeffrey Lee Pierce. Er war ein äußerst höflicher, schüchterner und sehr professioneller Musiker.
In deiner Band The Catholics spielt ein anderer legendärer Musiker: Eric Drew Feldman. Er hat mit Captain Beefheart Rockgeschichte geschrieben.
Er ist der Pianist der Catholics. Manche Leute haben immer noch nicht verstanden, dass es sich um eine richtige Band handelt und nicht um einen Solokünstler mit Begleitmusikern. Wahrscheinlich müssen wir noch mehr Platten machen, bis sich das endgültig herumgesprochen hat. Wir arbeiten hart an unserem Sound, auf Dog in the Sand spielen sieben Musiker gleichzeitig. Da wird nichts versteckt oder beschönigt. Alles sehr klar, rauh und minimalis-tisch.
Hast du einen Helden, mit dem du gerne mal arbeiten würdest?
Kürzlich machte Eugene Chadbourne mein Vorprogramm. Er spielte ein unglaubliches, 20-minütiges Solo auf dem Banjo. Das hat mich ziemlich beeindruckt. Danach wundert es mich nicht, dass der Typ schon 200 Alben rausgebracht hat.
Man vergleicht deine Soloplatten immer wieder mit den Pixies. Nervt das eigentlich?
Es ist doch naheliegend, dass man mich mit mir selbst vergleicht. Schlimmer wäre es, wenn man mich ständig mit Roxy Music vergleichen würde. Mit den Pixies habe ich meinen größten Erfolg gehabt, das meiste Geld verdient. Die Leute reden auch fast zehn Jahre nach dem Split noch immer über die Band. Darauf kann man schon stolz sein.
Schon mal über eine Pixies-Reunion nachgedacht?
Nur in meinen Träumen. Als Schüler hatte ich immer Angstträume: Oh nein, ich habe vergessen, für die Mathearbeit zu lernen! Manchmal habe ich einenPixies-Reunion-Traum: Wir fahren gemeinsam zur Show, eine 1000er Halle, aber nur eine Handvoll Leute sind gekommen. Und ich habe vor Angst alle Songs vergessen.
Interview: Olaf Neumann
Sonnabend, 21 Uhr, Logo
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