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Alba Berlin-Geschäftsführer im Interview"Wir haben Fehler gemacht"

Marco Baldi, Geschäftsführer von Alba Berlin, erklärt, wie er mit weniger Geld und neuem Coach der Konkurrenz ein Schnippchen schlagen will.

Alba-Geschäftsführer Marco Baldi sieht seinen Verein in der kommenden Saison gegen Bamberg und München gut aufgestellt. Bild: dpa

taz: Herr Baldi, alle schauen auf den Aufsteiger FC Bayern München. Sind die Bayern die neue Lokomotive der Basketball-Bundesliga?

Marco Baldi: Ich sehe Bayern München als Geschenk. Die meinen es ernst. Die bringen sicherlich viel Wind in die Liga.

Inwiefern?

Sie werden die Mentalität in der Liga weiter verändern. Um es provokativ zu sagen: Statt der Nivellierung das Wort zu reden, wird mittlerweile offensiver gedacht.

Nivellierung?

Ja, damit haben wir uns viel zu lange herumgeschlagen. Es gab ja die abstrusesten Ideen. Es sollte ein Salary-Cap, also Gehaltsobergrenzen in der Liga, eingeführt werden, um den Spielern sagen zu könnten: Mehr Geld gibt es hier nicht. Ich bin aber ein Mensch, der an Qualität glaubt. Nur Qualität setzt sich am Ende durch.

Bild: dpa
Im Interview: Marco Baldi

Der 49-Jährige ist Geschäftsführer des Basketball-Bundesligisten Alba Berlin, bei dem er seit 1991, der Vereinsgründung, dabei ist. Der Ex-Juniorennationalspieler dribbelte einst für Ludwigsburg und den DTV Charlottenburg.

Bayern München verstärkt also den kompetitiven Charakter der Liga, und das finden Sie toll?

Genau. Und nicht nur das. Sie kommen ja nicht nicht nur mit dem Vorschusslorbeer. Sie haben ja schon jetzt etwas geschafft. Eine Zweitligasaison unter absoluten Erstligabedingungen zu spielen, das muss man erst mal durchziehen.

Alba Berlin

Der Verein: Erfolgreichster deutscher Basketballklub der letzten zwei Jahrzehnte. Seit seinem Bestehen (1991) hat Alba acht Meistertitel gewonnen und sechs Pokalsiege gefeiert. 1995 gewannen sie den internationalen Korac-Cup. Im letzten Jahr kamen durchschnittlich 10.360 Zuschauer zu den Heimspielen in die Arena am Ostbahnhof.

Die Spielzeit: 18 Mannschaften stehen in der Basketball-Bundesliga (BBL), die seit 1994 als GmbH organisiert ist. Die ersten acht Teams qualifizieren sich für die Play-offs. Neu dabei ist heuer der FC Bayern München, der in den kommenden drei Jahren mindestens einmal Meister werden möchte; Trainer ist Dirk Bauermann, Manager Marko Pesic.

Aber letztlich ist Bayern doch nur ein weiterer Konkurrent für Alba.

Alba war und ist im deutschen Basketball in vielen Bereichen ein Vorreiter. Die Lokomotivfunktion haben wir über eine lange Zeit gehabt. Aber jetzt müssen für die Lokomotive ein paar neue Gleise hinzukommen, auf der sie fahren kann. Dafür sorgen nun auchdie Bayern. Es wird uns sehr helfen, wenn der Markt wächst.

Sind Sie Bayern-Fan?

Ich wurde heute gefragt, ob wir gekränkt sind (lacht), dass jetzt Bayern so viel Licht abkriegt. Aber Bayern muss sich erst mal behaupten. So wie wir das auch immer müssen.

Weil jeder Alba schlagen will?

In Bamberg halten 70 Prozent der Zuschauer nicht Schilder mit "Hurra, wir sind Meister" hoch, sondern "Albakiller". Das muss man sich erarbeiten. Dieses Potenzial bringen die Bayern mit, einfach weil sie die Bayern sind.

Mit der verstärkten Konkurrenz kann es aber sein, dass Alba in der Hierarchie der Liga zurückfällt. Ist das kein Problem für Sie?

Dann waren wir nicht gut genug. Wer Sport macht, begibt sich in Wettbewerb. Wir werden den Wettbewerb mit Bayern München annehmen. Wir wollen aus unseren Möglichkeiten das Beste machen.

Letztlich trifft das Alba ja in einer sehr speziellen Situation. Das Team scheint auf der Suche nach sich selbst zu sein. Sie haben innerhalb von ein paar Monaten schon den dritten Trainer verpflichtet?

Neu ist, dass wir nicht mehr der Klub sind, der in Deutschland am meisten für seine Profis ausgibt. Darauf sind wir aber nicht stolz, wie manche meinen könnten.

Bamberg liegt jetzt vorn.

Ja, auch wenn es der Freund Heyder aus Bamberg (Manager der Franken; d. Red.) nicht gern zugibt und gerne sein Märchen weiterverkaufen möchte, dass sich die fränkische Trutzburg gegen die Großen durchsetzt.

Wir als kleines gallisches Dorf schaffen es durch Gewieftheit, Intelligenz und Zusammenhalt - das ist der Bamberger Ansatz. Dieses Märchen stimmt aber nicht. Bamberg hat 50 Prozent mehr Budget für das Profiteam als jedes andere Team in der Liga zur Verfügung. Herzlichen Glückwunsch!

Alba, der Underdog?

Ich sehe das als Herausforderung an. Wir wollen auch da wieder die Nummer eins werden. Für uns gilt jetzt mehr denn je: Wir müssen attackieren.

Was heißt das konkret?

Wir haben erst einmal den richtigen Trainer für diese Situation gesucht. Wir haben uns gefragt: Wer bringt es mit, das Unbedingte. Das war Gordon Herbert.

Warum haben Sie das seinem Vorgänger Muli Katzurin denn nicht zugetraut?

Das war eine schwere Entscheidung. Es ging aber gar nicht darum, wer der Allerbeste ist, sondern wer ist für die Situation, in der wir uns heute und wahrscheinlich auch in den nächsten drei bis fünf Jahren befinden, der Passendste.

Also man will mit Herbert eine neue Ära begründen?

Oh, da bin ich vorsichtig. Das sind immer so große Begriffe.Wir haben die Trainerfrage von allen Seiten gewendet, getastet und befühlt. Und wir glauben, das ist der Trainer, der zu uns passt und hervorragend Spieler entwickeln kann. Da hat er richtig Bock drauf. Außerdem hat er so etwas Unbeugsames. Die Mannschaften, die er geführt hat, waren immer am Limit.

Nachhaltigkeit gab es bei Alba immer in der Vereinsführung, fast immer auf der Trainerposition. Aber beim Spielerkader fällt die hohe Fluktuation auf. In den letzten fünf Jahren sind etwa 40 Spieler gegangen und gekommen.

Ich glaube, dass wir auf allen Gebieten nachhaltig arbeiten. Was wir in den letzten Jahren zu wenig hatten, ist Kontinuität innerhalb des Profiteams. Kontinuität ist aber kein Selbstzweck. Kontinuität ist wünschenswert, wenn der Hunger und der Wettbewerbseifer unter den Spielern weiter vorhanden sind. Außerdem muss man sich Kontinuität wirtschaftlich leisten können.

Unsere Nachhaltigkeit zeigt sich mehr in der Art, wie wir wirtschaften. Das hat uns in den letzten 20 Jahren 14 Mal ins Finale der Meisterschaft gebracht. Wir wollen nichts auf Teufel komm raus versuchen, um dann drei Jahre an den Hinterlassenschaften des Kraftakts zu knabbern oder gar von der Bildfläche zu verschwinden.

In den letzten acht Jahren hat Alba nur eine Meisterschaft gewonnen.

Es ist gefühlt zu wenig, keine Frage. Alba hat in den letzten Jahren zu wenig aus seinen Möglichkeiten gemacht. Jetzt können wir uns ewig dafür geißeln, aber was soll das bringen? Wir haben im Trainerbereich immer eine erhebliche Kontinuität gehabt. Wir haben sehr lange an Luka Pavicevic festgehalten, vielleicht zu lange. Das war die Zeit, in der wir durch das große Vertrauen in den Trainer zu viele Spielerwechsel vorgenommen haben. Hinterher ist man immer schlauer. Wir haben nicht alles richtig gemacht.

Die Euroleague wurde jüngst auch wieder verpasst.

Das nervt, weil man weiß, dass man sich eigentlich vor Charleroi, gegen die wir ausgeschieden sind, nicht verstecken muss.

Ist der Erfolgsdruck jetzt bei Alba gar nicht so überirdisch groß, weil sie eh davon ausgehen können, weil sowieso 10.000 Zuschauer im Schnitt in die Halle gehen und Alba als Sponsor zur Seite steht.

Nein. Das Wichtigste, was es für einen Profiklub gibt, sind Titel. Wir machen das ja nicht zur Gewinnmaximierung. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass wir so viele Zuschauer haben. Und es ist nicht so, dass hinter uns eine Alba-Group steht, die sagt, uns ist das völlig wurscht, was ihr da performt.

Ich sags auch unseren Spielern immer wieder: Bankkonten interessieren eure Kinder einen Scheißdreck, der Pokal interessiert sie. Deshalb drehen auch manche Vereinslenker durch. Roman Abramovic beim FC Chelsea etwa. Der kann sich alles kaufen, nur keine Titel.

Wie sehr schmerzt es Sie, gerade jetzt sparen zu müssen?

Was heißt schmerzen. Auch das ist Realität. Wir haben letztes Jahr einen Kraftakt vollzogen. Wir haben während der Saison eingegriffen und den Trainer ausgetauscht. Das hat Kosten verursacht. Das müssen wir wieder aufholen. Wir hätten natürlich das Jugendprogramm zusammenstreichen können. Aber das wollten wir nicht.

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