Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Grünes Licht für Johnson-Impfstoff

Studien zeigen, wie migrantische Menschen und Kinder unter der Coronakrise leiden. Hausärz­t:innen erhalten 500.000 Impfdosen extra.

Eine Spritze wird mit einem Ompfstoff aufgezogen.

In den USA schon am Start, in Europa jetzt auch zugelassen: Impfstoff von Johnson&Johnson Foto: Matt Rourke/ap

EU-Behörde gibt grünes Licht für Johnson-Impfstoff

Der Corona-Impfstoff des US-Herstellers Johnson & Johnson kann in der EU nach Prüfung der EU-Arzneimittelbehörde (EMA) uneingeschränkt verwendet werden. Der Wirkstoff könne in sehr seltenen Fällen Blutgerinnsel auslösen, teilte die EMA am Dienstag in Amsterdam mit. Doch sie bewertet den Nutzen des Coronavirus-Impfstoffs höher als dieses Risiken. Ein entsprechender Warnhinweis solle beigefügt werden.

Es gebe zudem eine große Ähnlichkeit zu Fällen, die bei dem Impfstoff von AstraZeneca aufgetreten seien, teilte die EMA weiter mit. Die US-Behörden hatten vor einer Woche nach dem Auftreten seltener Thrombosen zu einer vorübergehenden Aussetzung von Impfungen mit dem Mittel geraten. J&J hatte darauf die Auslieferung des Impfstoffs in die EU, die erst Anfang vergangener Woche begonnen hatte, verschoben. Die EMA war zuvor schon Berichten über Thrombosen nachgegangen. (dpa/reuters)

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Unicef-Bericht zu Kindern in der Pandemie

Ein Jahr nach dem ersten Lockdown zeichnen sich nach Unicef-Angaben massive Auswirkungen der Coronapandemie auf Kinder und Jugendliche ab. Die vielfältigen Einschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens gefährden nach Einschätzung des Kinderhilfswerks nicht nur die Bildungserfolge junger Menschen, sondern haben auch weitreichende Folgen für ihr gesamtes Wohlbefinden und ihre Entwicklung.

Es mehrten sich die Hinweise, dass derzeit viele Familien an ihre Grenzen stießen, heißt es in dem Bericht. Demnach gaben bei einer aktuellen Befragung mehr als die Hälfte von 1.000 Eltern in Deutschland an, dass die Kontaktbeschränkungen sowie die Schließung von Schulen und Kindertagesstätten den Stress in ihren Familien deutlich erhöht haben. Ein Teil berichtete zudem von einem gestiegenen aggressiven Verhalten gegenüber den Kindern.

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Laut dem Bericht waren schon vor der Pandemie mehr als jedes fünfte Mädchen und nahezu jeder siebte Junge im Alter von 15 Jahren unzufrieden mit ihrem Leben. „Dass ein signifikanter Teil der Jungen und Mädchen ohne Zuversicht in die Zukunft geht, ist richtig schlimm“, betonte Waldersee. Im Hinblick auf das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen lande Deutschland im Vergleich zu anderen Industriestaaten lediglich im Mittelfeld. Auffällig sei vor allem die relativ hohe Unzufriedenheit von Mädchen und jungen Frauen, sagte der Autor des Berichts, Hans Bertram. 16 Prozent von ihnen schätzten sich als depressiv ein, 13 Prozent erhielten verschreibungspflichtige Beruhigungsmittel. „Damit weicht Deutschland signifikant von anderen Ländern ab.“

„Ich glaube, das lastet auch auf den Seelen der Kinder“, sagte die Schirmherrin von Unicef Deutschland, Elke Büdenbender, am Dienstag bei der Vorstellung des Unicef-Berichts zur Lage der Kinder in Deutschland 2021. Die Frau von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnte: „Je länger die Pandemie dauert, umso mehr nehmen Frust und Stress in den eigenen vier Wänden zu.“

Der Unicef-Bericht zeige, dass Deutschland bei der Zufriedenheit der Kinder schon vor der Pandemie im internationalen Vergleich nur Mittelmaß gewesen sei, sagte der Unicef-Vorstandsvorsitzende Georg Graf Waldersee. Mängel, die auch vorher schon da gewesen seien, würden jetzt „schonungslos offengelegt“. Dazu gehörten zum Beispiel Defizite bei der digitalen Ausstattung der Schulen.

Waldersee verwies darauf, dass die Pandemie nun schon über ein Jahr dauere, und das sei in einem Kinderleben eine sehr lange Zeit: „In einem Jahr können Weichen für das ganze weitere Leben gestellt werden. Seit mehr als einem Jahr fehlt nun ganz viel von dem, was für Kinder und für Jugendliche ihr Wohlbefinden ausmacht und was sie für ihre Entwicklung benötigen.“ Kinder bräuchten öffentliche Räume wie Kindergärten, Schulen, Freizeitangebote und vor allem den Austausch mit Gleichaltrigen.

„Kinder brauchen andere Kinder“, betonte auch der Autor des Unicef-Berichts, der Familiensoziologe Hans Bertram. Gerade für jüngere Kinder in der Grundschule sei der Präsenzunterricht eine zwingende Voraussetzung, um eine Gleichheit der Entwicklungschancen zu schaffen.

Spieleplatz zwischen Häusern.

Kinder leiden unter den Coronamaßnahmen: Spielplatz in einer Unterkunft für Geflüchtete in Berlin Foto: Florian Boillot

Bertram sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass der Staat die Schulpflicht faktisch vorübergehend außer Kraft gesetzt habe. „Das heißt, die Pflicht, dass die Kinder lernen, liegt jetzt wieder bei den Eltern. Das war in Preußen schon so. Aber die Weimarer Verfassungsväter haben die Schulpflicht deswegen eingeführt, weil sie gesehen haben: Wenn das Elternhaus für den Unterricht verantwortlich ist, hat man große soziale Differenzen.“

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Schon vor der Pandemie hätten Kinder aus Einwandererfamilien und Kinder von Alleinerziehenden schlechtere Startchancen gehabt, sagte Bertram. Corona verstärke diese Unterschiede zusätzlich. So stelle die Pandemie Familien mit begrenztem Wohnraum vor große Herausforderungen.

„Und weil Kinder und Familien besonders belastet sind, müssen wir sie gerade jetzt stärken, und besonders eben die, die es ohnehin schon schwer haben“, appellierte Büdenbender. „Diese Botschaft ist vor der Bundestagswahl sehr, sehr wichtig.“

Methodisch stützt sich der Unicef-Bericht auf statistische Daten von Eurostat, der OECD und dem deutschen Statistischen Bundesamt. Dabei handele es sich vorwiegend um international vergleichende Datensätze und Längsschnittstudien wie zum Beispiel die Pisa-Studie. (dpa/epd)

Pandemie behindert Integration

Die Einschränkungen durch die Coronapandemie gefährden die Integration von Zu­wan­de­re­r:­in­nen in Deutschland massiv. Zu diesem Schluss kommen Ex­per­t:in­nen in einer am Dienstag veröffentlichten Studie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Petra Bendel und ihre Mit­au­to­r:in­nen warnen: „Errungenschaften, die wir in den vergangenen sechs, sieben Jahren erzielt haben, drohen zu versanden, wenn wir nicht entsprechend gegensteuern.“

Der Zugang zu Schulbildung, Sprach- und Integrationskursen sei für Eingewanderte und ihre Nachkommen besonders schwierig, zumal es vielfach an WLAN, Tablets oder Computern fehle und die Unterstützung durch Ehrenamtliche bedingt durch die Pandemie stark zurückgegangen sei. Dies gelte besonders für geflüchtete Kinder, die in Gemeinschaftsunterkünften lebten und dort mehrheitlich keinen Schreibtisch für sich hätten.

Wo immer möglich solle eine dezentrale Unterbringung angestrebt werden – auch um das Ansteckungsrisiko zu senken. Grundsätzlich könnten „Anti-Diskriminierungsmaßnahmen“ dazu beitragen, Mi­gran­t:in­nen und Flüchtlinge „beim Zugang zu einem weiter zu fördernden Wohnungsmarkt besser zu unterstützen“.

Die For­sche­r:in­nen haben auf Grundlage aktueller Tendenzen drei mögliche Szenarien durchgespielt: eine „Exklusionsgesellschaft“, in der „Assimilation an die Stelle von Integration und Inklusion“ tritt, eine Gesellschaft, deren Migrationspolitik „selektiv nach qualifizierten, gesunden und jungen“ Einwanderern Ausschau hält sowie eine an Teilhabe orientierte Gesellschaft, die „den Beitrag aller zu allen Teilbereichen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens wertschätzt“.

Die vom Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus beschlossenen 89 Einzelmaßnahmen benötigten nun „eine strategische und schlagkräftige Bündelung und Umsetzung“, fordern die Au­to­r:in­nen der Studie. Sie stellen fest, Migranten und Geflüchtete seien „systemrelevant“ und rechnen vor: „In Deutschland haben über 30 Prozent der im Lebensmittelsektor, in der Landwirtschaft und im Reinigungsgewerbe arbeitenden Personen eine ausländische Staatsbürgerschaft.“ (dpa)

Schü­le­r:in­nen lernen im Lockdown weniger

Auch im zweiten Coronalockdown haben Schülerinnen und Schüler in Deutschland einer Studie zufolge weniger gelernt. Zwar hätten sie täglich eine knappe Dreiviertelstunde mehr mit schulischen Tätigkeiten verbracht als während der ersten Schulschließungen, teilte das ifo Institut bei der Präsentation der Umfrage unter mehr als 2.000 Eltern am Dienstag in München mit. Mit durchschnittlich 4,3 Stunden am Tag seien das aber noch immer drei Stunden weniger als an einem üblichen Schultag vor Corona (7,5 Stunden).

Statt mit Schule hätten die Kinder und Jugendlichen mehr Zeit (4,6 Stunden) mit Fernsehen, Computerspielen und am Handy verbracht. Aktive Tätigkeiten wie Lesen oder kreatives Gestalten seien im ersten Lockdown angestiegen, hätten sich jetzt allerdings wieder auf den Umfang von vor Corona reduziert, erklärte der Leiter des ifo Zentrums für Bildungsökonomik, Ludger Wößmann.

Mehr als die Hälfte der Eltern (56 Prozent) glaubt den Angaben zufolge, dass ihr Kind pro Stunde zu Hause weniger lernt als im regulären Unterricht in der Schule; immerhin 22 Prozent sind vom Gegenteil überzeugt. Leistungsschwächere Schüler und Schülerinnen und Nicht-Akademikerkinder hätten zu Hause deutlich weniger effektiv und konzentriert gelernt.

Nur eines von vier Kindern (26 Prozent) hatte laut Umfrage täglich gemeinsamen Unterricht für die ganze Klasse, zum Beispiel per Video; 39 Prozent hatten das maximal einmal pro Woche. Die große Mehrzahl der Kinder hatte zu Hause Zugang zu Computer und Internet. 29 Prozent gaben jedoch an, regelmäßig Probleme mit der Nutzung digitaler Lernplattformen gehabt zu haben, fünf Prozent sogar täglich. (epd)

Studie: Homeoffice-Potential ausgeschöpft

Das Homeoffice-Potenzial der deutschen Wirtschaft ist einer neuen Studie der Krankenkasse DAK-Gesundheit zufolge weitgehend ausgeschöpft. Bezogen auf die Gesamtheit aller Beschäftigten nutzten zwölf Prozent die theoretisch gegebene Möglichkeit zum mobilen Arbeiten nicht, heißt es in der Untersuchung, die der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag vorlag. Von diesen zwölf Prozent verzichteten jedoch neun Prozent bewusst darauf. Nur drei Prozent waren nicht im Homeoffice, weil der Arbeitgeber es nicht erlaubte.

Von den Befragten, die trotz potenziell heimarbeitsfähiger Jobs freiwillig ins Büro gingen, tat dies der auf Umfragen basierenden Analyse zufolge allein fast ein Drittel wegen zu großer Ablenkung in den eigenen vier Wänden. Ebenfalls ein Drittel hat demnach etwa mindestens ein Kind unter zwölf Jahren, das aktuell in Zeiten der Coronapandemie oft nur eingeschränkt in Schule oder Kita geht.

Der DAK-Vorstandsvorsitzende Andreas Storm erklärte zu den Ergebnissen, Menschen entschieden sich etwa wegen ihrer begrenzten Wohn- und Platzverhältnisse gegen mobiles Arbeiten oder könnten „vertrauliche Unterlagen nicht einfach auf dem Sofa bearbeiten“. Für einen „gewissen Anteil der Beschäftigten“ lasse sich das Büro nicht „einfach ins Wohnzimmer verlagern“.

Die Studie des Berliner Iges-Instituts im Auftrag der DAK basiert auf der Befragung von mehr als 7.000 Beschäftigten, die im Februar erfolgte. Es handelt sich um die Fortsetzung einer längerfristig angelegten Untersuchung zu Homeoffice und Digitalisierung in der deutschen Arbeitswelt, welche die Krankenkasse bereits 2019 begann. (afp)

Weitere 500.000 Impfdosen für Haus­ärz­t:innen

Die niedergelassenen Ärz­t:in­nen in Deutschland sollen einem Bericht zufolge in der kommenden Woche 500.000 Corona-Impfdosen mehr erhalten als bisher geplant – allerdings nur noch den Impfstoff von Biontech und Pfizer. Wie die Rheinische Post (Dienstagsausgabe) unter Berufung auf die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) berichtete, wird der Bund den Praxen „für die Woche vom 26. April bis 2. Mai ausschließlich den Impfstoff von Biontech-Pfizer bereitstellen, mit zwei Millionen Dosen aber deutlich mehr, als bisher avisiert waren“.

Ursprünglich sollten in der letzten Aprilwoche demnach rund 1,5 Millionen Impfdosen an die Praxen gehen, davon drei Viertel Biontech und ein Viertel Astrazeneca. „Durch die höhere Liefermenge können Vertragsärzte nunmehr 24 bis 48 Dosen für die Woche vom 26. April bis 2. Mai ordern“, zitierte die Zeitung aus einer Mitteilung der KBV an die Praxen. „Nunmehr erhalten die Arztpraxen ausschließlich Impfstoff von Biontech-Pfizer.“

Eine Person in Schutzkleidung impft den Arm einer ältere Person, die von hinten zu sehen ist

Mehr Impfstoff als gedacht: Die deutsche Impfkampagne nimmt Fahrt auf Foto: Matthias Bein/dpa

Der Apothekerverband Nordrhein begrüßte die Pläne. „Das ist eine erfreuliche Steigerung und wird die Impfkampagne in den Hausarztpraxen erheblich beschleunigen“, sagte Verbandschef Thomas Preis der Rheinischen Post. Der „gut etablierte Impfstoff“ von Biontech und Pfizer sorge „für schnellere Abläufe in Praxen und Apotheken, weil viel Beratungszeit entfällt“. Der Astrazeneca-Impfstoff sei hingegen gut geeignet, in den Impfzentren geimpft zu werden.

„Das Ziel, dass schon im Sommer zumindest jeder eine Impfung erhalten hat, wird so immer wahrscheinlicher, zumal Biontech angekündigt hat, im Juni die Zahl der ausgelieferten Dosen noch einmal deutlich zu steigern“, fügte Preis hinzu. (afp)

Fast 10.000 Neuinfektionen gemeldet

Die Coronafallzahlen für Nordrhein-Westfalen sind am Dienstag nur unvollständig an das Robert Koch-Institut übermittelt worden. „Seit gestern Abend bestehen erhebliche Störungen im Landesverwaltungsnetz“, berichtete eine Sprecherin des Landeszentrums Gesundheit (LZG.NRW) in Bochum. Eine größere Zahl von Meldungen der Gesundheitsämter habe das LZG noch nicht erreicht. „Die angegebenen Werte sind daher leider unvollständig, wir bitten um Verständnis.“ Die Techniker des LZG würden derzeit fieberhaft versuchen, die Störungen in den Griff zu bekommen. Über den Grund der Störungen wurde zunächst nichts bekannt. Über die Probleme hatte zuvor der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet.

Auf der Grundlage der noch vor Eintritt der Störungen übermittelten Daten hatte das RKI am Morgen eine NRW-weite Inzidenz von 168,5 neuen Fällen pro 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen angegeben, 2,7 weniger als am Vortag. Aus einer Übersichtstabelle ging dabei hervor, dass große Städte wie Köln, Düsseldorf oder Duisburg keinen einzigen neuen Fall gemeldet hatten. Auch die deutschlandweiten Fallzahlen sind deshalb wohl nicht vollständig. Das RKI hatte am Dienstag für ganz Deutschland knapp unter 10.000 neuer Infektionsfälle gemeldet. (dpa)

Kritik an Details der Bundesnotbremse
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Der deutsche Lehrerverband fordert, die geplante Coronanotbremse des Bundes noch einmal nachzuschärfen und Schü­le­r:in­nen früher in den Distanzunterricht zu schicken als bisher vorgesehen. Es sei zwar ein Fortschritt, dass der maßgebliche Inzidenzwert für Schulschließungen von 200 auf 165 gesenkt worden sei, sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag). „Doch auch eine Inzidenz von 165 ist noch deutlich zu hoch.“

Bund und Länder wollen mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes einheitliche Regelungen im Kampf gegen die dritte Coronawelle festschreiben. In einem ersten Entwurf des Bundes war unter anderem vorgesehen, dass Schulen in den Distanzunterricht wechseln müssen, wenn binnen einer Woche mehr als 200 Neuinfektionen pro 100.000 Ein­woh­ne­r:in­nen registriert werden.

Dieser Schwellenwert soll nun aber gesenkt werden. Nach der Beschlussempfehlung des maßgeblichen Gesundheitsausschusses, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, sollen Schulen schon bei einer Inzidenz von 165 keinen Präsenzunterricht mehr anbieten dürfen. In vielen Regionen liegt die Inzidenz zurzeit deutlich höher. Abschlussklassen und Förderschulen sollen vom Stopp des Schulbesuchs ausgenommen werden können.

Meidinger betonte, er habe kein Verständnis dafür, warum man bei Schulen einen anderen, gröberen Maßstab anlege als in anderen Bereichen der Gesellschaft. Man dürfe nicht vergessen, dass die bundesweite Inzidenz in der Altersgruppe zwischen 10 und 19 Jahren bereits jetzt deutlich höher liege. „Um eine Ausbreitung des Virus in den Schulen wirksam zu stoppen, muss der Präsenzunterricht bereits ab einer Inzidenz von 100 beendet werden“, forderte Meidinger.

Daneben sieht die Neuregelung nun Ausgangsbeschränkungen von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr in Regionen mit hohen Coronazahlen vor. Nach dem ursprünglichen Plan sollten sie schon um 21.00 Uhr beginnen. Joggen und Spaziergänge sollen bis Mitternacht erlaubt bleiben, allerdings nur alleine. Die Notbremse soll am Mittwoch vom Bundestag beschlossen werden und nach einer Befassung der Länderkammer rasch in Kraft treten. Die Regeln sollen gelten, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in einer Stadt oder einem Landkreis drei Tage hintereinander über 100 liegt.

Die Kommunen begrüßten die Änderungen. „Es ist richtig, die Ausgangsbeschränkungen erst ab 22.00 Uhr vorzusehen. Andernfalls wären die Menschen alle zur selben Zeit abends noch in die Lebensmittelgeschäfte geströmt“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, der „Rheinischen Post“. Es sei auch richtig, die Schulen bereits ab Inzidenzwerten von 165 zu schließen. „Wenn wir auf die aktuellen Werte schauen, bedeutet das Gesetz, dass die Schulen in Deutschland kommende Woche weitgehend wieder schließen müssen.“

Der Deutsche Städtetag sieht in der Notbremse die Chance, verloren gegangenes Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen. „Das Durcheinander mit unterschiedlichen Lösungen in den Ländern bei der Notbremse hat in den vergangenen Wochen Vertrauen gekostet“, sagte der Leipziger Oberbürgermeister der Deutschen Presse-Agentur. „Wir brauchen jetzt vorübergehend einen gemeinsamen bundeseinheitlichen Rahmen, um dieses Vertrauen zurückzugewinnen. Dabei ist es gut, dass die bundeseinheitliche Notbremse bis Ende Juni befristet werden soll.“

Ärztepräsident Klaus Reinhardt forderte, neben dem Inzidenzwert noch weitere Kriterien für die Aktivierung der Notbremse heranzuziehen. „Dazu zählt beispielsweise die Zahl der täglichen Neuaufnahmen von Intensivpatienten sowie die Anzahl intensivpflichtiger und invasiv beatmeter Patienten der letzten sieben Tage“, sagte er der Düsseldorfer Rheinischen Post (Dienstag). (dpa)

Ministerium: 1,6 Milliarden Euro für Coronaforschung

Das Bundesforschungsministerium investiert in den Jahren 2020 und 2021 nach eigenen Angaben fast 1,6 Milliarden Euro in die Forschung zu Covid-19. Davon gehen rund 627 Millionen Euro an die Impfstoff-Hersteller Biontech in Mainz und Curevac in Tübingen. Im Jahr 2020 gab der Bund fast 2,9 Milliarden Euro für die Bereiche Gesundheitsforschung und -wirtschaft aus, davon 2,6 Milliarden Euro über das Forschungsministerium. Das Geld für die Coronaforschung stellt der Bund einem Ministeriumssprecher zufolge zusätzlich zu diesen laufenden Ausgaben zur Verfügung.

Zu den Hauptakteuren der institutionellen Coronaforschung zählen demnach das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) und das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF). Das HZI, in dem zurzeit 33 Gruppen an der Erforschung von Covid-19 arbeiten, erhielt demnach gut 32 Millionen Euro. Im DZIF befassten und befassen sich seit Beginn der Pandemie 17 Projekte mit SARS-CoV-2, wofür das DZIF 5,8 Millionen Euro bereitstellte. In zehn weiteren Projekten arbeitet das DZIF seit einigen Jahren an der Coronaforschung. Zwischen 2015 und 2016 standen hierfür knapp 27,5 Millionen Euro zur Verfügung.

In den vergangenen zehn Jahren hat das Ministerium sein Budget für die Gesundheitsforschung – zu dem die Biotechnologie zählt – stetig erhöht. Flossen 2010 noch knapp 1,9 Milliarden Euro in diesen Bereich, waren es 2019 fast 2,5 Milliarden Euro.

Auch der Biotech-Verband Bio Deutschland verzeichnet steigende Zahlen: 2020 warb die Branche drei Milliarden Euro Eigenkapital ein. Auch hier ging der Großteil – etwa die Hälfte – an Biontech und Curevac. Die Branche setzt auf einen positiven Effekt aus der Coronakrise, insbesondere bei Finanzierungen. Corona habe deutlich gemacht, wie konkret jeder einzelne auf Medizinforschung angewiesen sei, sagt die Geschäftsführerin von Bio Deutschland, Viola Bronsema.

Die Branche fordert von der Politik mehr steuerliche Anreize für private Investitionen in Biotech-Unternehmen. Deutschland drohe weltweit abgehängt zu werden, sagt Michael Motschmann, Gründer der MIG-Fonds in München. Das Unternehmen gehört zu den Hauptgeldgebern der Firma Biontech. „Wir müssen Innovationsfinanzierung stärker fordern und fördern.“ (dpa/lby)

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