Aktuelle Fachstudie von „Nature“: Ein Plan für Meeresschutz
Von einem besseren Schutz der Ozeane würden nicht nur Biodiversität und Klima profitieren, sondern auch die Wirtschaft – mit dreifachem Effekt.
BERLIN taz | Hier der gierige Mensch, dort die schutzbedürftige Natur – dass dieses Bild hinkt, zeigt eine am Mittwoch erschienene Studie. Im Fachmagazin Nature legt ein 26-köpfiges Team mit biologischer, klimawissenschaftlicher und ökonomischer Expertise einen umfassenden Plan vor: Würde man 30 Prozent der Ozeanfläche aus der zerstörerischen Nutzung nehmen, hülfe das nicht nur den Lebewesen und Organismen im Wasser, sondern auch der Wirtschaft.
Co-Autor Boris Worm erklärt, dass Meeresschutzgebiete dann als Kinderstube für überfischte Bestände kommerziell relevanter Arten dienen könnten – und durch Wanderbewegungen auch außerhalb wieder für vollere Netze sorgen würden. Geeignete Gebiete identifizierten die Forscher:innen mit Hilfe globaler Daten, statistischer Berechnungen und Modellierungen.
Es hätte gar einen dreifachen Effekt, betont Worm: „Intelligenter Meeresschutz trägt dazu bei, mehr Fisch zu produzieren, gefährdete Arten zu schützen und kostengünstige Klimalösungen zu finden.“ Die Folgekosten der Grundschleppnetzfischerei seien ähnlich hoch wie jene der Luftfahrt. „Der Meeresboden ist der größte Kohlenstoffspeicher der Welt“, sagt Co-Autorin Trisha Atwood von der Utah State University. Um die Erderhitzung zu stoppen, müsse man ihn ungestört lassen.
Insgesamt, resümieren die Autor:innen, könne der vorgelegte Plan mehr als 80 Prozent der globalen Habitate gefährdeter Meeresarten absichern, jährliche Fischfänge um mehr als 8 Millionen Tonnen steigern und 1 Milliarde Tonnen CO2-Emissionen verhindern. Ein global koordiniertes Vorgehen sei etwa doppelt so wirksam wie ein nationales. Die meisten der vorgeschlagenen Gebiete befinden sich innerhalb der Wirtschaftszone von Küstenstaaten, auch in der Nord- und Ostsee.
Inwieweit den Empfehlungen – Ähnliches gibt es auch für Landflächen – gefolgt wird, wird sich beim UN-Biodiversitätsgipfel im chinesischen Kunming zeigen, der für Herbst 2021 oder Frühjahr 2022 erwartet wird. Dort steht zur Diskussion, 30 Prozent der globalen Landes- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen. Bisher sind nur etwa 7 Prozent der Weltmeere geschützt, 2,7 davon streng.
Leser*innenkommentare
4813 (Profil gelöscht)
Gast
Habe gestern gelesen, dass die Fischerei mit Grundschleppnetzen genauso klimaschädlich ist, wie der gesamte weltweite Flugverkehr.
Liebe Mitmenschen, bitte keine Scholle mehr und ihr dürft wieder ein bisschen fliegen.
tomás zerolo
"Würde man 30 Prozent der Ozeanfläche aus der zerstörerischen Nutzung nehmen, hülfe das nicht nur den Lebewesen und Organismen im Wasser, sondern auch der Wirtschaft"
Was wir erleben ist eine Variation der "tragedy of the commons". ICH muss mich doch nicht zurückhalten. Sollen doch die anderen anfangen.
Hoffen und Daumendrücken -- und den eigenen Anteil dazu beitragen. Im reicheren Teil der Welt sind wir erstens besser in der Lage dazu, zweitens tragen wir einen viel grösseren Teil der Verantwortung.
11758 (Profil gelöscht)
Gast
Als passionierter Taucher mit 20 jähriger Erfahrung habe ich die Zerstörung mit eigenen Augen gesehen. Wo einst z. B. im Roten Meer Riffe mit vielen Fischen in Küstennähe waren, ist wenige Jahre später "tote Hose". Auch tauchte ich im kristallklaren Wasser vor Gozo, und schwupps war ich hinter einem Felsen in einem Wirbel und der Boden übersäht mit heilen und halb verrotteten Platikflaschen.
Bin jedoch pessimistisch. Der Mensch (mich eingeschlossen) wird niemals seinen Lebensstandard und Konsum einschränken und dass ist das Einzige, was funktioniert: Konsumeinschränkung und Reduktion der Weltbevölkerung. Erneuerbare Energien und Recycling heilen nur ein bisschen die Sympthome. Was aber bringt Solarsteom, wenn jeder stattdessen in jedem Raum einen Fernseher hat.