Aktivistin über Antiziganismus: „Es durchzieht unseren Alltag“
Diana Preda erlebt täglich in der Sozialberatung für Sinti und Roma, wie aus Vorurteilen Diskriminierung wird – und was das mit den Betroffenen macht.
taz: Frau Preda, Sie engagieren sich bei Amaro Drom gegen die Stigmatisierung von Sinti und Roma. Wie kam es dazu?
Diana Preda: Ich arbeite als Dolmetscherin und Vermittlerin in einer Sozialberatung für Sinti und Roma. In meiner Arbeit werde ich immer wieder mit den Stereotypen konfrontiert, denen wir ausgesetzt sind. Viele Menschen in Deutschland kennen unsere Geschichte nicht, wissen nicht, dass wir verfolgt wurden. Was sie glauben zu wissen, ist, dass Sinti und Roma klauen, betteln, stinken. Das stimmt aber nicht. Ich will zeigen, dass es anders ist.
Was sind denn die größten Probleme?
Es durchzieht einfach unseren Alltag. Sobald wir sagen, dass wir Roma sind, werden wir mit anderen Augen angesehen. Von Polizisten, Lehrern, Behördenmitarbeitern, Ärzten. Ich erinnere mich, wie wir mal einen Bekannten im Krankenhaus besucht haben. Wir waren mehrere Besucher. Dort hieß es dann gleich: „Wir haben einen Clan hier.“ Ich hasse dieses Wort.
Warum?
Weil es uns sofort als ganze Gruppe mit Kriminalität in Verbindung bringt. Angeblich arbeiten wir nicht, schicken unsere Kinder nicht zur Schule oder erschleichen Sozialleistungen. Aber das stimmt nicht. Viele von uns arbeiten, viele haben studiert. Natürlich gibt es auch schlechte Beispiele. Aber die gibt es überall. Bei Sinti und Roma werden aber fast nur die negativen Beispiele öffentlich thematisiert – sei es in den Medien, oder wenn es, wie in Berlin, extra in die polizeiliche Kriminalstatistik geschrieben wird.
Was hat das für Konsequenzen?
Diese Vorurteile haben auch direkte Folgen für Sinti und Roma. Ich arbeite in einer Beratungsstelle. Ich saß mal mit einer Familie in einem Amt, da wurde mit den Menschen so herablassend umgegangen. „Ich bin auch eine von ihnen, ich bin auch Romni“, habe ich gesagt. „Aber Sie sind anders“, war die Antwort. Können Sie sich das vorstellen? Auch im Arbeitskontext wurde mir mal gesagt, ich sehe genau wie eine Romni aus. Und in einer Frauenberatungsstelle wurde ich mal gefragt, wie es sein kann, dass alle Romnja alleinerziehende Mütter sind, die Geld brauchen. Aber natürlich kommen nur die Frauen zu der Beratung, die Hilfe brauchen. Wer einen guten Job hat oder einen Partner, der genug verdient, taucht dort doch nicht auf.
29 Jahre alt, ist Dolmetscherin beim Frankfurter Förderverein Roma e.V. Sie kam 2008 aus Rumänien nach Deutschland und arbeitete zunächst als Reinigungskraft. Seit 2018 engagiert sie sich bei Amaro Drom, wo sie inzwischen als Multiplikatorin tätig ist.
Die Leipziger Mitte-Studie hat 2018 gezeigt, wie verbreitet diese Vorurteile sind. 60 Prozent der Befragten glauben, dass Sinti und Roma zu Kriminalität neigen. 56 Prozent sagen, sie hätten ein Problem damit, wenn Sinti und Roma in ihrer Nachbarschaft leben, und 49 Prozent wären dafür, sie aus der Innenstadt zu verbannen.
Dafür habe ich keine Worte. Es gibt Menschen, die nie akzeptieren werden, dass wir gleich sind. Dass wir auch nur Menschen sind. Und es sind diese Vorurteile, die dann zu Diskriminierung auf dem Arbeits- oder Wohnungsmarkt führen und am Ende dafür sorgen, dass Sinti und Roma wirklich arbeits- oder obdachlos sind.
Sie engagieren sich seit letztem Jahr bei der Jugendorganisation Amaro Drom, auf deren Bundeskonferenz haben Sie am vergangenen Wochenende selbst einen Workshop zur Sensibilisierung für Diskriminierung angeleitet. Warum?
Ich habe selbst bei Amaro Drom am Projekt „Opre Romnja“ teilgenommen, das Frauen empowern will. Ich habe mich außerdem zur Teamerin bei „Dikhen amen“ ausbilden lassen, einem Projekt für mehr Sichtbarkeit von Sinti und Roma. Ich habe viel Solidarität und Hilfe bei Amaro Drom gefunden. Früher habe ich mich nicht immer getraut, zu sagen, wer ich bin. Heute sage ich das mit Stolz: „Ich bin Romni.“ Das möchte ich gerne an andere weitergeben.
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