Aktion an Kenias öffentlichen Schulen: Gratis-Binden für Bildungschancen

An Kenias Schulen werden jetzt Binden verteilt. Zurzeit verpassen Mädchen dort jährlich 39 Schultage, weil die Monatsbinden zu teuer sind.

Tanzende Mädchen in Schuluniform

Viele Mädchen gehen aus Scham nicht zur Schule Foto: imago/Robert Harding

NAIROBI taz | In Kenias öffentlichen Schulen haben Mädchen jetzt kostenlosen Zugang zu Monatsbinden. Am 21. Juni hat Präsident Uhuru Kenyatta ein entsprechendes Gesetz unterschrieben, es ist bereits in Kraft. Der Hintergrund: Binden sind für viele afrikanische Mädchen unbezahlbar – und etwa jedes zehnte Mädchen geht während der Menstruation aus Scham nicht zur Schule.

Nach Angaben des Bildungsministeriums verpassen diese Mädchen im Durchschnitt 39 Schultage pro Jahr – und das bleibt nicht ohne Auswirkung auf ihre schulischen Leistungen.

Schon vor dem neuen Gesetz galt Kenia als Vorreiterland. In großen Teilen des Landes versorgen Entwicklungsorganisationen Bedürftige mit kostenlosen Monatsbinden oder sie unterstützen kleine Betriebe, die selbst Binden herstellen. Auch Mehrwertsteuer muss auf Binden nicht bezahlt werden. Ein Paket mit acht Stück kostet jetzt etwas weniger als einen Euro. Das ist allerdings immer noch viel Geld in einem Land, wo ungefähr 40 Prozent der Bevölkerung von einem Euro pro Tag leben muss.

Laut einer Umfrage finden 65 Prozent der kenianischen Frauen Binden noch immer zu teuer. Sie benutzen als Alternative Hahnenfedern, Socken, alte Lappen, aber auch Teilen von alten Matratzen.

In einigen öffentlichen Schulen gab es schon vor dem Gesetz gratis Binden – das ist jetzt Pflicht für alle, und der Zeitpunkt, so lässt sich vermuten, hängt mit den bevorstehenden Wahlen zusammen: Anfang August gehen die Kenianer an die Wahlurnen.

Männliche Lehrer verteilen oft die Binden

Tatsächlich kommt das Gesetz gut an. Jenny Mudavadi, eine Hausangestellte in der kenianischen Hafenstadt Mombasa, wird den Präsidenten nicht wählen, ist ihm aber sehr dankbar. „Ich habe zwei Töchter in der Schule und beide haben bereits ihre Regel. Zu dritt ist das eine teure Sache für uns. Wenn wir nicht genug Geld für Binden hatten, blieben die Mädchen weg von der Schule.“

Aber auch wenn es an den Schulen gratis Binden gibt, wird nicht alles reibungslos laufen. „An jenen Schulen, wo es schon zuvor kostenlosen Zugang zu Binden gab, wurden sie oft von den Lehrern gestohlen“, erzählt Megan White Mukuria von der Zana Africa Foundation, die in Afrika Mädchen mit Binden versorgt, damit sie weiter in die Schule gehen. „Keine Ahnung, ob sie sie selbst oder Familienmitglieder benutzen oder sie verkaufen. Oft sind männliche Lehrer für die Verteilung verantwortlich. Aber viele Mädchen trauen sich nicht, einen Mann um Binden zu bitten.“

Schon Anfang 2004 hatte das kenianische Parlament 5 Millionen Euro für die Gratisbinden an öffentlichen Schulen bewilligt. Zum ersten Mal diskutierte damals das vor allem aus Männern bestehende Parlament über die Menstruation von Frauen. Der inzwischen verstorbene Mutula Kilonzo, der später einige Zeit Bildungsminister war, hatte das Thema eingebracht: Es war ihm ein persönliches Anliegen.

Als Kind, erzählte Kilonzo, hatte er immer mit einem Jungen und einem Mädchen im Wettstreit über die besten Noten gestanden. Die drei waren immer an der Spitze. Aber in der siebten Klasse verschwand das Mädchen plötzlich von der Schule. Sie hatte ihre Regel bekommen und zu Hause gab es kein Geld für Binden. Der junge Kilonzo war wütend über das Aussteigen des Mädchens.

Später als Politiker erklärte er: „Damals konnte ich nicht kapieren, dass ein intelligentes Mädchen wegen ein paar Binden nicht mehr in die Schule gehen konnte. Ein halbes Jahrhundert später kann ich endlich anfangen, etwas an der Lage zu ändern.“

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