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Akkreditierung Leichtathletik-WMÜberprüfung ist nicht freiwillig

Wie die taz argumentieren könnte, wenn sie gegen die verweigerte Akkreditierung zur Leichtathletik-WM klagen würde.

Sprintstarts in Berlin - diesen Sommer ohne die taz. Bild: dpa

FREIBURG taz | Sollte die taz gegen die verweigerte Akkreditierung zur Leichtathletik-WM klagen wollen, könnte sie sich vor allem auf zwei Argumente stützen. Die fehlende gesetzliche Grundlage für eine Sicherheitsüberprüfung und die Pressefreiheit.

Bisher gibt es für Sicherheitsüberprüfungen bei Großveranstaltungen keine spezielle Rechtsgrundlage. Sie wäre aber nach weit verbreiteter Meinung erforderlich, weil hier in die Grundrechte der Personen eingegriffen wird, die sich durchleuchten lassen. Betroffen ist vor allem das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Bisher wird von den Veranstaltern damit argumentiert, dass die Durchleuchtung ja freiwillig sei. Das ist aber zweifelhaft, weil ja zum Beispiel Sportjournalisten nicht frei entscheiden können, ob sie über ein wichtiges Ereignis berichten wollen oder nicht. Die fehlende gesetzliche Grundlage betrifft Würstchen-Verkäufer, Fahrdienste und Journalisten gleichermaßen. Bei Journalisten kommt hinzu, dass sie sich auch auf die Pressefreiheit berufen können. Diese ist belastet, wenn Polizei und Verfassungsschutz per Sicherheitsüberprüfung (vor)entscheiden, wer über ein Großereignis berichten darf und wer nicht.

Die Klage gegen ein Akkreditierungsverfahren könnte allerdings scheitern, wenn Gerichte angesichts der aktuellen Terrorgefahren zumindest die bevorstehende Leichtathletik-WM als besonders gefährdet einstufen. Immerhin findet sie kurz vor der Bundestagswahl in der deutschen Hauptstadt Berlin statt und die Sicherheitsbehörden warnen schon seit Wochen vor Anschlägen. Hinzu kommen prozessrechtliche Probleme: Ein Eilverfahren hätte sofort nach Verweigerung der Akkreditierung gestartet werden müssen. Und für eine Feststellungsklage, die auch noch nach der WM entschieden werden kann, fehlt eventuell die Wiederholungsgefahr. Schließlich wird sich das Berlin Organising Committee nach der WM wohl auflösen.

Dass die WM von einer privatrechtlichen GmbH, der Berlin Organising Committee GmbH, durchgeführt wird, dürfte dem möglichen Erfolg einer Klage aber nicht im Wege stehen. Sie kann hier nicht frei nach Gusto agieren, schließlich sind das Land und der Bund an der GmbH beteiligt und es handelt sich um ein Ereignis von öffentlichem Interesse. Außerdem wird die Sicherheitsüberprüfung von staatlichen Behörden durchgeführt.

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9 Kommentare

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  • D
    dennis

    mal ganz davon abgesehen, dass die sportler mit sicherheit (was fuer ein wortspiel, koennte es jeden tag bringen) mehr oder weniger immunitaet besitzen und sich nicht akkreditieren muessen. wenn wir schon horrorszenarien malen, dann richtig. man stelle sich vor bolt zuendet nach seinem 100 m sprint eine im trainingsrucksack versteckte bombe. und das ganze live im fernsehen. geil!

  • IF
    Ingo Falken

    1. Ich bin LA-Fan!

    2. Unter diesen Umständen darf die WM nich stattfinden.

    Warum soll ein Reporter gefährlicher sein als jesder nullachfufzehn Besucher. Entweder es werden ALLE Kartenkäufer durchleutet oder keiner!

    Wer hat unter diesen Umstnden noch Lust auf das Spektakel?

  • CL
    Christoph Lemm

    Bei der Fussball WM war es doch genau das gleiche, aber da hat die TAZ berichtet und nicht gemuckt ?

    Oder habt Ihre gerade nur Sportreporter die durch keine Überprüfung kommen.....

  • R
    reblek

    Mal abgesehen davon, dass Christian Rath sich nicht dazu äußern kann, ob die taz klagt oder nicht, denn dafür sind sicher andere zuständig: Für die Behauptung, dass Rath "sich mehrfach blamiert" hat "mit vergleichbaren juristischen Absonderungen" hätte ich doch ganz gerne ein paar Belege von Herrn Bender.

  • MM
    Marathon Man

    Ja, dann soll die taz, am besten mit anderen betroffenen Journalisten, doch bitte auch mal klagen. Ich fände das viel sinnvoller, wenn man rechtlich für alle Journalisten klären lässt, was eigentlich an Sicherheitsmaßnahmen sein darf und wo die Grenze zum Überwachungsstaat, der die Pressefreiheit verletzt, beginnt, anstatt gleich zu boykottieren und damit die gesamte Leichtathletik zu bestrafen. Ganz unsinnig sind Sicherheitsmaßnahmen ja nun auch nicht - man denke mal an das Olympia-Attentat in München 1972. Ob da nun die Vergabe von Presseausweisen eine Sicherheitslücke darstellt, die gleich mit derartiger Datenabgleichungswut zu bekämpfen ist, ist wieder eine andere Frage.

    Auf jeden Fall wäre aber eine Klage sicher nicht so spektakulär wie ein Boykott - hat es die taz vielleicht unter der neuen Chefredaktion gerade zum Einstand nötig, sich als besonders "konsequent" zu profilieren? Neue linke Verbissenheit ist jedenfalls nicht das, was die taz braucht - dafür gibt es "Neues Deutschland" und "Junge Welt".

  • N
    noevil

    da gibt es noch ein Grundrecht, nämlich den Gleichbehandlungs-Grundsatz. Wenn die Einwilligungserklärung von akkreditierten Journalisten verlangt wird, dann sollte eigentlich jeder Besucher auch verpflichtet werden, solch eine Erklärung zu unterzeichnen.

     

    Nur - es ginge keiner mehr zu einer solchen Veranstaltung hin. Oder irre ich mich?

     

    Vielleicht braucht die taz ja auch eine/n Gleichstellungsbeauftragte/n.

  • M
    manni

    "DER" Terrorismus. Im Kampf gegen "DEN" Terrorismus sind alle Mittel legitim.

     

    Weshalb sollten beim allgemeinen Kampf gegen die Grund- und Menschenrechte Journalisten außen vor bleiben...?

  • T
    Tagedieb

    Und, gibt es jetzt eine Klage?

  • BB
    Bodo Bender

    Was bitteschön soll eigentlich dieses unausgegorene Gebrabbel des "Rechtsexperten der taz", das nicht einmal im Mündlichen der juristischen Examina bestehen könnte? Das Entscheidende ist doch: Leitet die taz rechtliche Schritte ein oder nicht? Alles andere ist doch uninteressant bis ärgerlich. Dieser "Rechtsexperte" hat sich ja mehrfach in der taz mit qualitativ vergleichbaren juristischen Absonderungen blamiert.