Air Berlin beschenkt Abgeordnete: Goldkärtchen für alle
Air Berlin schenkt allen Bundestagsabgeordneten Vielfliegerkarten für dienstliche und private Flüge. Transparency sieht in der Praxis den "Nährboden für Lobbyaktivitäten".
BERLIN taz | Die Fluggesellschaft Air Berlin hat allen Bundestagsabgeordneten eine goldene Vielfliegerkarte geschenkt. Das bestätigte das Unternehmen am Dienstag. Jeder Karte soll ein Brief von Firmenchef Joachim Hunold beigelegen haben: Für Air Berlin sei "die Unterstützung durch die Politik in Deutschland von großer Bedeutung". Die "Topbonus Card Gold " bietet Annehmlichkeiten, die sonst nur Vielflieger haben: Sitze mit mehr Beinfreiheit, bevorzugte Abfertigung, zusätzliches Freigepäck und 40 Prozent Bonus auf alle gesammelten Meilen.
Air Berlin erklärte am Dienstag, die Abgeordneten dürften die Karte nur dienstlich nutzen - im Übrigen sei die Zusendung mit der Bundestagsverwaltung abgestimmt gewesen. Diese wiederum erklärte, die Abgeordneten hätten jeweils zwei Topbonus-Karten von Air Berlin geschickt bekommen, die zum Sammeln von dienstlich - dann mit der "Topbonus Card Gold" - beziehungsweise privat erflogenen Prämienmeilen bestimmt waren. Man habe "keine Kenntnis über die Nutzung" der Karte, so die Verwaltung. Abgeordnete seien "verpflichtet, dienstlich erworbene Meilen für Dienst- und Mandatsreisen einzusetzen". Für "kostenlose Servicevorteile" gelte keine Anzeigepflicht.
Transparency International sieht in dieser Praxis jedoch den "Nährboden für spätere Lobbyaktivitäten" und hat den Bundestagspräsidenten aufgefordert, die Anzahl jener Angeordneten offenzulegen, die die Topbonus Card angenommen haben. Norbert Lammert ist derzeit auf einer Auslandsreise. Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau sagte der taz, auch bei ihr sei eine Bonuskarte von Air Berlin angekommen. Sie habe das Schreiben mit dem Vermerk "Wird nicht genutzt" an ihr Sekretariat gegeben und die Reisestelle des Bundestages informiert. Gefragt, ob sie etwas über die Zahl der Beschenkten wisse, antwortet sie: "Man müsste dieses Geschenk ja angenommen haben, und ich kann mir gut vorstellen, das Kolleginnen und Kollegen das genauso gemacht haben wie ich."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste