piwik no script img

Agrarinfluencer Anthony LeeRechtsaußen-Bauernführer Lee verlässt Freie Wähler

Der Agrarinfluencer Anthony Lee verlässt die Freien Wähler. Er hatte zuvor für eine Koalition der CDU mit der extrem rechten AfD geworben.

Im Juni noch EU-Wahlkandidat der Freien Wähler, jetzt ausgetreten: Agrar-Influencer Anthony Lee Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Berlin taz | „Ich habe doch keinen Bock, bei so einer Scheiße mitzumachen“ – gewohnt selbstgerecht und vulgär hat Agrar-Influencer Anthony Lee seinen Austritt aus der Partei Freie Wähler erklärt. Die „Scheiße“, die er meint, ist die Abgrenzung von der rechtsextremen AfD. Dass die Freien Wähler eine Kooperation mit ihr ausschließen, fand der 48-jährige Wortführer der Bauernproteste des vergangenen Winters schon lange falsch. Dass der EU-Wahl-Kandidat jetzt öffentlich für ein Bündnis der CDU mit der AfD plädiert hat, hat für seine Partei das Fass zum Überlaufen gebracht.

„Herr Lee kommt mit seinem Austritt einer Parteiordnungsmaßnahme zuvor“, teilte Eike Jan Brandau, Bundespressesprecher der Freien Wähler, am Montag der taz mit. Der Landwirt aus dem niedersächsischen Rinteln habe am 8. November als Hauptredner an der Demonstration „Bielefeld steht auf. Gegen den Volksbankrott. Lichterspaziergang“ teilgenommen. Zu der Veranstaltung hätten mehrere „problematische“ Organisationen, darunter „Querdenken“, eingeladen. „Herr Lee hat dort für eine schwarz-blaue Koalition aus CDU und AfD geworben“, so Brandau. Daraufhin hätten die Freien Wähler ein Ordnungsverfahren gegen Lee eröffnet.

Er bestätigte in einem am Wochenende veröffentlichten Youtube-Video, dass er bei der Demonstration gesprochen habe. Lee behauptete, er wisse nicht, wer ihn eingeladen habe, obwohl er zuvor beim Bündnis aufgetreten sei. Der Influencer ergänzte, er habe dort für „einen Richtungswechsel“ in Deutschland geworben. „Und das geht eigentlich nur – wenn man ehrlich ist – mit Schwarz-Blau“, so Lee. Dafür „kriege ich jetzt ein Parteiordnungsverfahren an den Hals“. „Ich werde keine Partei gründen“, denn „es ist alles da“ (an Parteien), ergänzte Lee. Stattdessen werde er seine Reichweite – zum Beispiel bei Youtube mehr als 150.000 Abonnenten – nutzen.

Lee war Beisitzer im Landesvorstand Niedersachsen der Freien Wähler. Bis Juni 2024 war er Bundessprecher der Bauernprotestbewegung „Landwirtschaft verbindet Deutschland“ (LSV). Den Posten musste er abgeben, nachdem er gegen die Agrarsoziologin Janna Luisa Pieper vor Gericht verloren hatte. Lee wollte ihr die Äußerung verbieten lassen, dass er durch „rechts­extreme bis hin zu rechtspopulistischen Aussagen aufgefallen“ sei.

Demagogische Äußerungen

Seine Aussagen sind teils auch schlicht falsch. Bei einer Blockadeaktion auf einer Autobahn Mitte Januar behauptete er, Politiker wollten Bauern ihr Land zugunsten von Flüchtlingen wegnehmen. Dabei hatte niemand in der Ampelkoalition eine Enteignung von Höfen gefordert.

Bei einer Veranstaltung der Werte-Union 2021 sagte er: „Mein Vater war britischer Soldat bei der Rheinarmee. Und mein Opa war Waffen-SS-Offizier. Das heißt also, wenn ich Klartext spreche, hat das seine Gründe.“ Die Waffen-SS war für zahlreiche Massaker im Zweiten Weltkrieg verantwortlich.

Ausdrücklich im Zusammenhang „mit ­Migrationsgeschichten“ erklärte der Landwirt, der früher Polizist war, 2008 habe es bei der Berliner Polizei eine Anordnung gegeben, dass „zwei Polizistinnen nicht allein Streife fahren dürfen“ – was die Polizei aber dementierte. ­

Zudem stellte der Bauernführer die Verantwortung des Menschen für den Klimawandel infrage. „Wie weit der menschengemacht ist, ja, darüber kann man ja streiten“, sagte er.

Viele dieser Ausfälle passierten vor seiner Zeit bei den Freien Wählern. Aber erst jetzt hat die Partei die Reißleine gezogen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Schade, das Herr Lee sich mit einigen seiner Äußerungen so nah zur AFD bewegt und einige seiner Aussagen zum Anteil der Menschheit am Klimawandel definitiv nicht in Ordnung sind.

    Er hat aber auf der anderen Seite zurecht auf viele Missstände aufmerksam gemacht und die auch medial gut aufbereitet und erklärt. Teilweise überspitzt formuliert, aber faktisch fand ich es immer ok soweit es die Landwirtschaft betraf.



    Deshalb war er auch Sprecher beim LSV und nicht weil er wenig Vorbehalte gegen die AFD hat. Er wird jetzt von vielen dazu benutzt um die Landwirtschaft generell in die Rechte Ecke zu stellen. Die anderen Inhalte zählen dann nicht mehr.

  • Ich hab mir sein Video dazu mal angeschaut, wirkt ziemlich frustriert der Gute, wie ein Kind das sein Spielzeug nicht bekommt.



    Sehr entlarvend ist auch, dass er in seinem Video poltert, er würde das alles nicht für Geld machen, er braucht das nicht und hat das nicht nötig, aber in der Videobeschreibung ist ein Spendenaufruf über PayPal...ich hab ihn in den Youtube-Kommentaren mal drauf aufmerksam gemacht, der Shitstorm seiner Fanboys wird sicher bald folgen :D

  • In den sozialen Medien gerne von rechten Hohlbirnen zitiert, das Programm ist das gleiche wie bei der Nazipartei.