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Affäre um vergifteten Exspion SkripalSchlagabtausch im Sicherheitsrat

Der Anschlag auf den Exspion Skripal belastet die Beziehungen zwischen Moskau und dem Westen. Das zeigte sich auch am Donnerstag im UN-Sicherheitsrat.

Zumindest die Begrüßung zwischen dem russischen UN-Botschafter Wassili Nebensja und der britischen Botschafterin Karen Pierce ist freundlich Foto: reuters

London/Moskau/Berlin dpa/rtr | Mehr als vier Wochen nach dem Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion Sergej Skripal und seine Tochter gerät Julia Skripal zunehmend in den Fokus. Die 33-Jährige, die sich am Donnerstag erstmals öffentlich geäußert hatte, könnte nach ihrer Genesung möglicherweise zur Klärung einiger offener Fragen beitragen. Weiter im Zentrum der Krise steht der Vorwurf der britischen Regierung, Moskau habe die Tat zu verantworten. Die Russen weisen diese Anschuldigung vehement zurück. Beide Länder lieferten sich am Donnerstagabend einen heftigen Schlagabtausch im UN-Sicherheitsrat in New York.

„Wir haben unseren britischen Kollegen gesagt, dass sie mit dem Feuer spielen und das noch bereuen werden“, sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja und warf Großbritannien „dreckige Spiele“ vor. „Diese ganze zweifelhafte Sache ist eine Erfindung oder eine Provokation der übelsten Sorte.“ Russland habe mit der Vergiftung der Skripals nichts zu tun, es gehe nur darum, „unsere politische Legitimität grundsätzlich in Frage zu stellen“.

Die britische UN-Botschafterin Karen Pierce wies das zurück. Das Ganze sei „Teil eines größeren Musters von unverantwortlichem Verhalten Russlands“, sagte Pierce. „Wir haben nichts zu verstecken, aber ich fürchte, dass Russland etwas zu befürchten haben könnte.“

Der Vorsitzende des Deutsch-Russischen Forums, Matthias Platzeck (SPD), sieht angesichts des schwelenden Konflikts den Frieden in Europa in Gefahr. „Wir treiben auf einen gefährlichen Tiefpunkt zu. Die militärische Gefahr hat sich deutlich verschärft, die Lage ist explosiver als zu Zeiten des Kalten Krieges“, sagte der frühere brandenburgische Ministerpräsident der Märkischen Allgemeinen. „Es geht um den Frieden in Europa.“

Deutsch-russische Beziehungen

Platzeck zeigte sich überzeugt, dass weitere Sanktionen gegen Russland zu keinem Erfolg führten. „Das Gegenteil ist der Fall. Seit 2014 gibt es dramatische Verschlechterungen im politischen, militärischen und wirtschaftlichen Bereich.“ Dazu komme, dass die Stimmung im russischen Volk zunehmend kippe. „Deutschland war mal Sehnsuchtsland für die Russen. Viele wenden sich wegen der einseitigen Schuldzuweisungen auch im Fall Skripal jetzt aber ab. Die Völker entfremden sich. Das halte ich für besonders schlimm, weil sehr viel auf sehr lange Zeit kaputt geht.“

Der frühere russische Doppelspion Sergej Skripal und seine Tochter Julia waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank im südenglischen Salisbury gefunden worden. Sie sollen mit dem in der ehemaligen Sowjetunion entwickelten Kampfstoff Nowitschok vergiftet worden sein.

Julia Skripal hatte sich am Donnerstag erstmals nach der Giftattacke öffentlich zu Wort gemeldet, aber keine Details zur Tat genannt. „Ich bin vor über einer Woche aufgewacht und bin glücklich sagen zu können, dass es mir von Tag zu Tag besser geht“, sagte die 33-Jährige einer von Scotland Yard verbreiteten Mitteilung zufolge. Sie dankte den vielen Menschen, die zu ihrer Genesung beigetragen hätten.

Ein Nowitschok-Geheimprogramm?

Am Freitag konkretisiert der britischen Botschafters in Berlin einige Vorwürfe: In Russland werde nach Angaben des britischen Botschafters in Berlin, Sebastian Wood, entgegen der offiziellen Darstellung weiterhin mit dem Nervengift Nowitschok experimentiert. Wenn Russland sage, dass alle Kampfgifte aus Sowjetzeiten unter Aufsicht internationaler Beobachter vernichtet worden seien, so sei das aus britischer Sicht „falsch, völlig falsch“, sagte Wood am Freitag im Deutschlandfunk. „Unsere Nachrichtendienste wissen, dass es dieses Geheimprogramm zum Nowitschok-Giftstoff gibt, das die russische Regierung nie offengelegt hat.“

Der Diplomat forderte Russland auf, als ersten Schritt diese Offenlegung nun nachzuholen. Es gehe um einen Verstoß gegen die Chemiewaffen-Konvention. Die Belege, dass Russland hinter dem Anschlag auf den Ex-Agenten Sergej Skripal stecke, seien „klar genug“.

„Wir wissen schon, dass die russischen Behörden experimentiert haben, wie man dieses Nervengift am besten einsetzt, um Menschen zu töten“, sagte Wood. Bekannt sei auch, dass der russische Staat Menschen wie Skripal als Ziele von Anschläge betrachte. „Wir haben eine starke Einschätzung, dass es höchstwahrscheinlich ein Anschlag des russischen Staates war, und deshalb mussten wir alle gemeinsam reagieren“.

Es gebe genug Belege für Russlands Verantwortung im Fall Skripal, und die habe Großbritannien mit seinen Verbündeten geteilt, die sie überzeugend fanden. Es gehe hier aber abgesehen vom Einzelfall um das Gesamtbild, um ein russisches Verhaltensmuster, mit dem das Land agiere und versuche, andere Länder zu destabilisieren.

Lesen Sie auch: Debatte Giftanschlag auf Skripal – Seht her, wie es Verrätern ergeht

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1 Kommentar

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  • Vielzahl staatlicher Akteure

     

    Zu den schlagenden Argumenten zugunsten der Anti-Putin-Verschwörungstheorie zählt die Feststellung, nur ein staatlicher Akteur sei in der Lage, ein solches Gift herzustellen. Allerdings gibt es diese Akteure inzwischen verstreut auf der ganzen Welt unter der Kontrolle von mindestens 20 weiteren Regierungen, wie aus israelischen Geheimdienstquellen seit geraumer Woche verlautet. Und wenn es jemand genau weiß, dann der Mossad. („ A secret Israeli intelligence report to Prime Minister Binyamin Netanyahu and defense minister Avigdor Lieberman revealed that although the military-grade chemical agent used to poison Sergei Skripal and his daughter was originally produced in Soviet Russia, today at least 20 other governments are manufacturing and stockpiling the illicit chemical agent.“ DEBKAfile, Jerusalem, 27. 03. 2018)

     

    Israel hat sich dann auch bezeichnenderweise demonstrativ geweigert, dem Geheiß Londons zu folgen und sich der diplomatischen Rausschmißorgie anzuschließen.