Affäre um WM-Vergabe 2006: Kein Wort zur Handschrift-Notiz
DFB-Präsident Niersbach will sich zu den angeblich von ihm stammenden handschriftlichen Notizen nicht äußern. Der Druck auf den Verbandschef wächst.
Sollte die Notiz tatsächlich von Niersbach stammen, wäre belegt, dass der DFB-Präsident nicht wie von ihm behauptet erst in diesem Sommer von dem dubiosen Geldfluss im Zuge der Vorbereitungen zum WM 2006 erfahren hat. Niesbach hatte beteuert, in die Absprachen einer Rückzahlung der Summe von 6,7 Millionen Euro an den früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus nicht eingebunden gewesen zu sein.
Am Montag befassen sich nicht nur die Mitglieder des DFB-Präsidiums mit dem neuen Sachstand im Skandal um die Macher des Sommermärchens. Anschließend muss sich Niersbach auch vor den Chefs der fünf Regional- und 21 Landesverbände erklären – traditionell kein Heimspiel für den DFB-Boss. Beide Sitzungen waren einberufen worden, um die Lage nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen Niersbach, seinen Vorgänger Theo Zwanziger und den früheren DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt zu erörtern.
Bislang galt ein Rücktritt Niersbachs am Montag als unwahrscheinlich. Vielmehr erhofften sich die Funktionäre von ihrem Vorsitzenden ein aktives Mitwirken an der Aufklärung der Anschuldigungen. Durch die Handschrift-Probe, die laut Spiegel Niersbach als Autor enttarnen könne, hat sich die Lage allerdings nochmals verschärft. Weder DFB-Präsidium noch die Amateurvertreter alleine können Niersbach laut Statuten von seinen Aufgaben entbinden. Ein Vertrauensentzug würde aber die Demission des 64-Jährigen unausweichlich machen.
Sollte Steuerhinterziehung bewiesen werden, könnte dem DFB für das Jahr 2006 sogar die Gemeinnützigkeit aberkannt werden – eine Strafzahlung in zweistelliger Millionenhöhe könnte die Konsequenz sein, berichtet Der Spiegel. Dieses Szenario sei beim DFB bislang kein Thema, hieß es aus Verbandskreisen.
Weiter wie gehabt
Die Reise mit der Nationalmannschaft nach Paris zum Testspiel gegen Frankreich am kommenden Freitag will sich Niersbach nicht nehmen lassen. Wie geplant solle er die Delegation des Deutschen Fußball-Bundes anführen, hieß es vom DFB. Offen sei jedoch noch, ob Niersbach mit der Auswahl von Bundestrainer Joachim Löw am Donnerstag von München aus nach Frankreich fliegt. Am Dienstag will Niersbach zu einer UEFA-Sitzung nach Nyon in die Schweiz reisen. Auf der Gästeliste des Sportpresseballes am Samstagabend in Frankfurt stand Niersbach nicht mehr.
Eine Reaktion der internationalen Fußball-Gremien steht weiter aus. Die FIFA-Ethikkommission hatte betont, sie „beobachte die Lage in Deutschland“. FIFA-Präsidentschaftskandidat Jérôme Champagne forderte den DFB derweil auf, „alles sauber aufzuklären, Reformen anzugehen, damit die Wahrheit ans Licht kommt“, sagte er dem Sender Sky. Auch Niesbach müsse Verantwortung übernehmen. „Es läuft eine Untersuchung und alle beim DFB müssen offen damit umgehen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Parteiprogramme für die Bundestagswahl
Die Groko ist noch nicht gesetzt