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AfD vor der BundestagswahlEs ging vor allem um Macht

Kurz vor dem AfD-Parteitag lässt Frauke Petry die Bombe platzen: Sie will weder alleine noch in einem Team Spitzenkandidatin sein.

Hat gesagt, was sie sagen wollte: Frauke Petry Foto: dpa

Berlin taz | Am Dienstag wollte sich Frauke Petry noch auf keinen Fall zu einer möglichen Spitzenkandidatur äußern. Auf einer Pressekonferenz in Berlin referierte sie langatmig, wie die AfD den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abwickeln will – und verweigerte sich allen Fragen zum AfD-Bundesparteitag. Dieser kommt am Wochenende in Köln zusammen, um die SpizenkandidatInnen für die Bundestagswahl im September zu bestimmen.

Am Mittwochnachmittag nun ließ die AfD-Bundesvorsitzende die Katze aus dem Sack: Sie stehe „weder für eine alleinige Spitzenkandidatur noch für eine Beteiligung in einem Spitzenteam zur Verfügung“, sagte sie in einer Videobotschaft, die auf ihrer Facebook-Seite hochgeladen wurde. Die 41-Jährige begründete dies damit, dass „drängende Sachfragen“ wie etwa die grundsätzliche Ausrichtung der Partei unabhängig von Personalfragen diskutiert werden müssten. Für die AfD ist das ein Donnerschlag: Sie wird ohne das bekannteste Gesicht der Partei an der Spitze in den Bundestagswahlkampf ziehen.

Vorausgegangen war ein heftiger und langwieriger Streit um die Frage, wie die Spitzenkandidatur ausgestaltet werden soll. Dabei ging es nicht nur um die Frage, ob eine oder mehrere Personen die rechtspopulistische Partei in den Wahlkampf führen sollen. Es ging vor allem um die Macht in der Partei. Denn wer SpitzenkandidatIn ist, hat gute Chancen, auch die künftige Fraktion im Bundestag zu führen. Viele aus der Parteispitze wollten verhindern, dass Petry, die für ihre Alleingänge bekannt ist und sich vor allem mit ihrem Mann, NRW-Landeschef Marcus Pretzell abstimmt, noch mehr Macht bekommt.

Parteimitglieder und die Mehrheit im Bundesvorstand sprachen sich für eine Teamlösung aus, Petry war dagegen. Viele in der Partei gingen davon aus, dass sie alleinige Spitzenkandidatin werden wollte. Sie selbst allerdings hatte sich bis zum Mittwochnachmittag dazu nicht geäußert. Petry ist hochschwanger mit ihrem fünften Kind, der Geburtstermin soll nach ihren Angaben nach der Landtagswahl in NRW, bei der ihr Mann Spitzenkandidat ist, und vor der Bundestagswahl liegen.

„Seniorpartner“ ab 2022?

In ihrer Videobotschaft warb Petry noch einmal eindringlich für einen Antrag, den sie für den Bundesparteitag eingebracht hat. Darin fordert sie, dass die Partei eine Grundsatzentscheidung über ihre strategische Ausrichtung fällt: „gegen Fundamentalopposition und für den realpolitischen Weg einer bürgerlichen Volkspartei“, wie Petry es nennt. Man könnte auch sagen: für ihren Kurs und gegen den von AfD-Vizechef Alexander Gauland und Parteirechtsaußen Björn Höcke, gegen den ein Parteiausschlussverfahren läuft. Gauland wird in dem Antrag namentlich erwähnt.

Statt andere Parteien immer nur vor sich herzutreiben, müsse das Ziel der AfD sein, „das Steuerrad selbst in die Hand zu bekommen“, sagte Petry in ihrem Video. Die Partei müsse sich auf Regierungsübernahmen „als Seniorpartner“ ab dem Jahr 2022 vorbereiten, forderte sie. Bisher sei das Image der AfD aber von der „fundamentaloppositionellen Strategie“ dominiert.

Der Antrag hat für viel Wirbel in der AfD gesorgt, in einer Schaltkonferenz hatten sich elf von zwölf Landes­chefs dagegen ausgesprochen. Auch solche, die eigentlich selbst für eine Kursentscheidung in Petrys Sinne sind. Sie aber störte der spalterische Ton der Antragsbegründung.

„Das ist ein ganz falscher Ansatz; er spaltet, statt zu vereinen“, sagte auch Petrys Ko-Chef Jörg Meuthen. „Wer immer aber Spitzenkandidat wird, muss die Partei zusammenführen.“ Damit hatte Meuthen, der sich immer wieder mit Gauland und Höcke gegen Petry verbündet hat, dieser die Eignung zur Spitzenkandidatur abgesprochen. Stimmen, die Petry verteidigten, gab es aus der Parteispitze kaum. Viele aber waren davon ausgegangen, dass Petry mit Hilfe des Antrags doch noch eine alleinige Spitzenkandidatur durchsetzen wollte. War es so, hat sich die Sächsin verzockt und jetzt die Notbremse gezogen.

Parteiinterner Streit wirkt sich auf Umfragewerte aus

Das Ziel ihrer Gegner war bislang: den Antrag von der Tagesordnung stimmen und Petry in einem Spitzenteam einmauern. Mit dabei, so war aus der Parteispitze zu hören, sollten AfD-Vizechef Alexander Gauland und Alice Weidel sein, die auf Platz eins der baden-württembergischen Landesliste steht. Die beiden könnten nun ganz ohne Petry, vielleicht ergänzt durch einen westdeutschen Landeschef, das Spitzenteam für die Bundestagswahl stellen.

Gauland, der früher lange in der CDU war und einst die hessische Staatskanzlei leitete, ist derzeit Fraktionsschef in Brandenburg. Der 76-Jährige, der stets Tweedjackets im Stil des britischen Landadels trägt, gehört zum rechten Flügel der AfD, er ist ein enger Verbündeter von Thüringens Landeschef Höcke. Das Parteiausschlussverfahren, das unter anderem Petry gegen Höcke angeschoben hat, hält Gauland für einen schweren Fehler. Gauland will die AfD zur „Partei der kleinen Leute“ machen, sein besonderes Interesse gilt der Außenpolitik.

Im Gegensatz zu Gauland ist Alice Weidel jung, neoliberal, außerdem lesbisch. Die promovierte Ökonomin, die gern mit harten antiislamischen Positionen von sich Reden macht, zieht gemeinsam mit ihrer Partnerin in Überlingen am Bodensee einen Sohn groß. Zuletzt musste Weidel eine Schlappe einstecken: Mit ihrer Kandidatur für den baden-württembergischen Landesvorsitz unterlag sie einem Gegenkandidaten.

Gauland und Weidel können miteinander, auch wenn sie in vielen Fragen anderer Meinung sind. Ein Problem aber für die Höcke-Fans gibt es: Weidel hat für das Parteiausschlussverfahren gegen den AfD-Rechtsaußen gestimmt. Der parteiinterne Streit wirkt sich auch auf die Umfragewerte der AfD aus: Sie liegt bei maximal 11 Prozent.

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6 Kommentare

 / 
  • Das arme Kind.

     

    Zu viele Stresshormone während der Schwangerschaft können zu ggf. lebenslangen psychischen Beeinträchtigungen führen!

     

    Was fällt den beiden eigentlich ein, in so einer Zeit, wo sie (unabhängig von den Inhalten betrachtet) voraussehbar nicht nur während der Schwangerschaft, sondern auch danach, nicht nur sehr viel zu tun, sondern auch ständig Druck bis hin zu Anfeindungen ausgesetzt sein werden ... wie es politische Arbeit generell und insbesondere Karrierismus in einer jungen, von Richtungsstreitigkeiten geschüttelten Partei einfach mit sich bringt.

     

    Und das war/ist auch für beide jederzeit absehbar gewesen...

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Existencielle:

      "Das arme Kind."

      ?

      Die fünf armen Kinder...

  • Immer diese „Parteilinken“. Wenn's ernst wird, kneifen sie. Jetzt ist der Weg wohl endgültig frei für eine schlagkräftige „Fundamentalopposition“ an der Seite der CDU/CSU - gemeinsam mit Höcke, Gauland, Weidel, Goldman Sachs und der Rest-NPD im Rücken direkt zurück zum tausendjährigen Reich (;-))

  • Es ging vor allem um Macht? Nein, es geht nur darum. Und da scheint Petry nun den Kürzeren gezogen zu haben. Gut so, mit den Gaulands und Höckes wird die AfD die heimatlosen Konservativen verschrecken.

  • Na ja, 11% würden genügen, um die anschließenden Koalitionsverhandlungen der etablierten Parteien zu erschweren.

    Vermutlich werden aber die voraussehbaren kriminellen Aktionen der faschistischen Antifa am Wochenende in Köln dazu beitragen, das sich die Prozentzahl erhöhen wird.

    Und das würde wieder auf eine GroKo hinauslaufen, unter wessen Führung auch immer. Schade eigentlich, das bedeutet dann wieder eine schwache Opposition.

    • @Hans-Georg Breuer:

      Das kann man natürlich immer so oder so sehen. Bei Nelson Mandelas Kampf gegen die Apartheid wurde auch stets von „kriminellen Aktionen“ gesprochen.

      Ich persönlich halte aber gewaltsame Aktionen gegen einen Parteitag auch für unangebracht und kontraproduktiv. Letztlich dient das den Rechten mehr, als es ihnen schadet. Die AfD wird jetzt schon immer reichlich unnötig aufgewertet. Locker bleiben, aber Flagge zeigen!