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AfD und Pegida in DresdenGemeinsame Wahlfront

In Dresden haucht Björn Höcke den ermatteten Pegida-Resten kurz neues Leben ein. Der Schulterschluss zwischen AfD und der Bewegung ist unübersehbar.

Björn Höcke bei der Kundgebung der Pegida auf dem Wiener Platz in Dresden, 13. September 2021 Foto: Matthias Rietschel/reuters

DRESDEN taz | Der Auftritt des faktischen AfD-Häuptlings Björn Höcke verhalf am Montagabend den müden Pegida-Resten in Dresden zu einer unverhofften Renaissance. Geschätzt 2.000 Anhänger brachte der angekündigte Auftritt des Wahlthüringers Höcke auf die Straße, einige Hundert mehr als die Gegendemonstranten in nur 30 Metern Entfernung am Dresdner Hauptbahnhof.

Unter den teils von der Bewegung „Herz statt Hetze“ organisierten Gegendemonstranten befand sich zeitweise auch der Dresdner Oberbürgermeister Dirk Hilbert. Die akustische Überlegenheit der Gegendemonstranten durch Rufe, Pfeifen und Trommeln verhinderte beinahe den Höcke-Auftritt. Nach einer Viertelstunde musste Pegida-Gründer Lutz Bachmann den ersten Teil der Veranstaltung abbrechen. Pegida begab sich zunächst auf einen vorgezogenen „Abendspaziergang“ durch die Innenstadt.

Der demonstrative Schulterschluss zwischen AfD und Pegida im Wahlkampf ist ein Indiz für die Radikalisierung der AfD. Zu Zeiten der Bundesvorsitzenden Frauke Petry war die „Alternative“ noch um eine vorgebliche Mindestdistanz bemüht. Vergeblich regte Bachmann 2016 die Gründung einer Pegida-Partei und eine Listenverbindung mit der AfD an.

„Ich habe immer zu Pegida gestanden“, rief nun der AfD-Bundestagskandidat Jens Maier, als Richter in Sachsen suspendiert. Er sehe diese Pegida-Versammlung als Wahlkampfunterstützung an. Auch Björn Höcke redete nicht zum ersten Mal bei der Islam- und ausländerfeindlichen Bewegung. Das hatte gleichfalls der eigentlich dem AfD-„Flügel“ zugerechnete sächsische Landesvorsitzende Jörg Urban in der Vergangenheit getan.

Lob für Assad und sein Regime

„Höcke, Höcke“-Rufe schon im ersten Teil der Veranstaltung zeigten, wie sehr der Rechtsextremist zum Propheten der Pegida-Bewegung geworden ist. Nach einer Neuausrichtung der Lautsprecheranlage während des Umzugs konnte er trotz des fortgesetzten Lärms der Gegendemonstranten sprechen. Höcke sieht die Bundesrepublik im „Übergangsstadium zu einem sanften Totalitarismus“. „Wir stehen vor dem Aufbau eines Überwachungsstaates“, rief er aus. Impfungen bezeichnete er als „Genmanipulation“, Impfgegner als „Freiheitshelden“.

Der Redner lobte das brutale Assad-Regime in Syrien und seine russischen Unterstützer. Mit Blick auf Afghanistan-Flüchtlinge verlangte er eine sofortige „Festung Europa“. Höcke wiederholte seine früher schon geäußerte Forderung „Wir müssen unsere Männlichkeit zurückgewinnen“.

Die eingesetzten 253 Polizeibeamten gingen nach Stein- und Eierwürfen auf den Pegida-Aufzug schließlich gegen die Gegendemonstranten vor. An einer Sitzblockade wurden die rechten Demonstranten vorbeigeleitet. Ein Pegida-Demonstrant wird wegen des Zeigens des Hitlergrußes belangt.

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