AfD in Berlin-Prenzlauer Berg: Der stabile Klischee-Kiez
Ein einziges Plakat der AfD hängt einsam in der Schönhauser Allee in Berlin – beschmiert ist es noch dazu. Gar nicht übel, oder?
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S ie hängt so hoch, dass man eine Leiter braucht, um in ihre Nähe zu kommen – und ist beschmiert. Von links nach rechts, von oben nach unten. Man muss genau hinschauen, um zu erkennen, dass sich unter der weißen Farbe auf dem Wahlplakat das Gesicht von Alice Weidel verbirgt. Unter ihrem Plakat an einer Laterne in der Schönhauser Allee in Berlin-Prenzlauer Berg hängt eins vom Grünen Robert Habeck und ein weiteres von MERA25. Beide blitzeblank, ohne Schmierereien. So wie alle Wahlplakate hier frei von Zerstörungen sind. Nur Alice Weidel ist demoliert.
Das muss schon hart sein für die AfD-Spitzenkandidatin: Weit und breit das einzige Plakat ihrer Partei hier im Kiez – und dann darf ihr Konterfei noch nicht einmal auf das Treiben der belebten Magistrale nach Pankow blicken. Ja, warum auch? Sie kandidiert hier nicht, sie hat hier nichts verloren.
Ich wage zu behaupten, dass der größte Teil der Menschen in Prenzlauer Berg das auch so sieht. Hier in dieser Ecke Ostberlins dürfte die extrem rechte Partei am Sonntag keinen Stich machen. Hier sind Grüne, SPD und Linkspartei stark. So war das zumindest bei den vergangenen Bundestagswahlen. Ich rechne fest damit, dass das auch diesmal so sein wird. Selbst wenn die Grünen ihren chancenreichen Kandidaten Stefan Gelbhaar selbst abgesägt haben. Wegen einer – man muss es so sagen – dussligen Affäre, die sich als #MeToo-Fake herausstellte.
Und auch wenn das Portal wahlkreisprognose.de vor ein paar Tagen für helle Aufregung gesorgt hatte, weil es den AfD-Kandidaten vor der Grünen Julia Schneider sah, die nun statt Gelbhaar antritt. Aber die vom Portal genommenen Stichproben aus den Wahlkreisen sind viel zu klein, um auch nur eine annähernde Prognose zu treffen. Oder anders formuliert: Cool bleiben – und auf Prenzlauer Berg setzen.
Der Kiez – stabil. Doch was wird sich nicht lustig gemacht über diese Ecke: Bionade-Biedermeier-Bezirk, Scheißspießerschwabenland, Pregnancy Hill mit seinen vielen Kindern. Aber die Kinder wurden groß und jetzt spricht man hier mehr Englisch als Schwäbisch. Aber ein paar Klischees sind geblieben – und nicht unberechtigt. Wer hier großzügig wohnt, besitzt nicht selten eine Eigentumswohnung, häufig bezahlt von Mutti und Vati. Samstagvormittag stiefelt man zum Kollwitzmarkt auf eine Curry mit Schampus.
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Aber es geht auch anders. Neulich bei dm an der Kasse. Ein junger Mann kramt in seinem Portemonnaie und fragt: „Isch des weid bis zum nächschte Biomarkt?“ Die Kassiererin – an beiden Armen tätowiert – schiebt die Kasse vor ihrem Bauch zu und sagt: „Hier is Prenzlauer Berg, hier is üba all Bio. Vaschtehste?“
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