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AfD-Politikerin mit adligem NamenVerdacht der Adoptivstapelei

Es gibt Zweifel am blauen Blut der AfD-Rechtsauslegerin Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein. Hat sie ihren Titel gekauft? Sie bestreitet das.

Rechter als die (vermeintliche?) Fürstin ist nur ihr Schatten Foto: Reuters

Berlin taz | Es war ein fulminanter Auftritt: Mit ein paar flotten deutschnationalen Sprüchen avancierte die bis dahin weithin unbekannte Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein zum Star des AfD-Parteitags am vergangenen Wochenende in Hannover. Sie habe mit ihrer Rede „die Seele der Partei“ getroffen, schwärmte AfD-Patriarch Alexander Gauland.

In deutschen Adelskreisen ist man jedoch weniger begeistert. Hier gilt die 63-jährige Rechtsauslegerin als falscher Fuffziger. Die AfD-Landesvorsitzende in Schleswig-Holstein sei „keine Fürstin“, empörte sich der echte Alexander Fürst zu Sayn-Wittgenstein-Sayn in der Rhein-Zeitung. „Sie trägt nur den Namen.“

Mit den deutschen Adelstiteln ist das so eine Sache. Aus gutem Grund dürfen sie seit dem Zusammenbruch der Monarchie 1918 nicht mehr verliehen werden. Zwar tragen sie immer einige mächtig stolz als Namensbestandteil. Gleichwohl sie sind nicht mehr als absurde Überbleibsel aus vordemokratischen Tagen. „Prinz“, „Graf“, „Freiherr“, „Herzog“ oder „Fürst“ – das sind Relikte, die nicht mehr in die Zeit passen.

Heiß begehrt sind sie dennoch. Denn ein solcher Titel eröffnet auch heutzutage noch die eine oder andere lukrative Tür. Da investiert manch bürgerlicher Meier oder Schulze gerne mal etwas Geld und organisiert sich per Adoption die blaublütige Namensänderung.

Adoption nach Geldfluss

Standesbewussten „richtigen“ Adeligen ist das natürlich ein Graus. Zum Beispiel dem Fürstenhaus Sayn-Wittgenstein. Zu erkennen sind die originalen Sayn-Wittgensteins in der Regel durch ein „zu“ im Namen. Zum Beispiel: Casimir Johannes Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg. Das war der, der eins als Schatzmeister der hessischen CDU die „jüdischen Vermächtnisse“ erfand.

Und dann gibt es da noch die nicht so ganz originalen Sayn-Wittgensteins. Das sind die mit einem „von“ im Namen. Die stammen von einer eigentlich längst ausgestorbenen Familienlinie und haben ihren Titel per Heirat oder Erwachsenen-Adoption erworben. „Seit einigen Jahren wird der Name ‚Fürst von Sayn-Wittgenstein‘ (statt ‚Fürst zu Sayn-Wittgenstein‘) durch sog. Titelhändler oder direkt in Zeitungsinseraten angeboten“, heißt es dazu auf der Internetseite des Fürstenhauses. Die Preise sollen bis zu 300.000 Euro gehen. Nur wenn ein Geldfluss vorher bekannt wird, ist die Adoption unzulässig.

Wer ist Doris Ulrich?

Wie nun genau Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein zu ihrem Namen gekommen ist, ist unklar. Sie selbst sagte der Bild-Zeitung: „Wir sind eine Republik, der Adel ist abgeschafft.“ Aber sie trage ihren Namen zu Recht. „Es ist mein Geburtsname, das wurde von Gerichten bestätigt.“ Geboren wurde sie allerdings wohl mit einem anderen Namen. Früher soll sie als Doris Ulrich unterwegs gewesen sein.

Für Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe ist die bürgerliche Fürstin eine von vielen „Adoptivstapler(innen)“, wie er bereits verganges Jahr auf Facebook schrieb. Dort wetterte er: „So wächst zusammen, was zusammengehört: Die Partei, die uns sinngemäß täglich etwas von kulturfremden Sozialparasiten erzählt, hebt eine Person in verantwortliche Stellung, die parasitär an einer Kultur und Tradition andockt, mit der sie nichts zu tun hat.“

Allerdings hat die AfD auch „richtige“ Blaublütige in ihren Reihen. Beatrix von Storch etwa ist geborene Herzogin von Oldenburg, sie stammt aus bestem deutschen Nazi-Adel, ihr Großvater Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk war Hitlers Finanzminister.

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28 Kommentare

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  • Man muss Beatrix von Storch nicht mögen, auch ich mag sie nicht. Sie jedoch mit dem 'Nazi-Adel' ihrer Familie herabzuwürdigen, finde ich nicht gut. Für ihren Großvater trägt sie keine Verantwortung, für den kann sie nix.

    • @Nikolai Nikitin:

      Das stimmt wohl, aber sie tat nichts, um dieser Gesinnungs-Bande zu entsagen. Im Gegenteil?

      • @Beatbox Racker:

        Ich gehe davon aus, dass sie sich auch von ihrem Großvater distanziert, wenn sie auf dessen Vergangenheit angesprochen wird. Ich bin mir nicht sicher, inwieweit man von einzelnen Vertretern der 'Enkelgeneration' noch einen pflichtgemäßen Kniefall erwarten können sollte.

        • Pascal Beucker , Autor des Artikels, Inlandsredakteur
          @Nikolai Nikitin:

          Eine Distanzierung von ihrem Großvater ist bislang nicht überliefert.

  • 8G
    82278 (Profil gelöscht)

    "Gleichwohl sie sind nicht mehr als absurde Überbleibsel aus vordemokratischen Tagen."

     

    Wo hat der Autor (wenn er hat) seinen Geschichtsunterricht genossen?

     

    Die älteste westliche Demokratie der Welt war und ist eine, inzwischen repräsentative, Monarchie.

     

    Im übrigen hat man sich in Deutschland mit Abdankung des Kaisers Hitler eingehandelt; auch kein idealer Tausch.

  • von einem namen lässt sich nur blenden, wer dem anderen nicht ins hirn gucken kann.

  • Ob Schnösel nun beleidigt sind weil andere sich einen hübschen Namen gekauft haben, ist ohne Belang. Jener Alexander heißt laut Personalausweis Prinz zu Sayn-W..., nennt sich aber dennoch Fürst. Er ist kaum weniger ein echter Fürst als die Doris Fürstin, auch wenn er sich auf solch obsoleten Quatsch wie Primogenitur und Adelsrecht beruft.

    • @Laurenz Kambrück:

      Absolut richtig.

  • Ich meine, es macht grundsätzlich keinen Unterschied, ob eine faule Banane oder ein fauler Apfel streng riecht. Ob von oder zu, ob Adel oder nicht: Allein die Geheimniskrämerei, die die Dame um ihre Vergangenheit/ihren Geburtsnamen macht, zeugt von der Attitüde "derer von und zu Rechtskonservativ & Co.

  • Der Titel "Fürst" bzw "Fürstin" ist 1918 vollkommen aus dem Namensrecht entfernt, er wurde durch "Prinz" ersetzt. Das war schon zu Zeiten so, als der Adel noch was zu melden hatte, da durfte auch nur derjenige den Titel "Fürst" tragen, wenn er wirklich regierte. Das gleiche gilt afaik auch für "Herzog". Das hat auch noch damit was zu tun, dass mit dem Titel auch militärische Rechte verbunden waren. Die wurden alle zu Prinzen, ebenso wie die Kaiser und Könige.

    Es gibt wohl ein paar Ausnahmegenehmigungen für ein paar Familien, dass diese Titel noch im Pass stehen dürfen, ansonsten ist der Name überall auf "Prinz" bzw. "Prinzessin" umgeändert.

     

    Da lobe ich mir ansonsten Baronin Jutta Ditfurth, die schon mit 18 versuchte, ihren Titel loszuwerden, was ihr aber erst Ende der 70er Jahre auch rechtlich genehmigt gelang.

    • @Age Krüger:

      Ja, tatsächlich. Jutta Ditfurth ist hier wirklich Respekt zu zollen, obwohl sie nichts zu selten bei öffentlichen Auftritten eine selbstherrliche Attitüde an den Tag legt, die man ansonsten nicht zu selten aus Adelskreisen gewohnt ist.

  • Was interessiert mich, ob der "echte" Adel beleidigt ist, dass man sich adlige Namen kaufen kann. Ist doch Adel historisch i.d.R. stets verbunden mit Landraub, Ausbeutung und gewaltsamer Bereicherung.

    Insofern wäre das hier ein Thema für die goldenen Blätter dieser Republik und hier in der taz keiner Erwähnung wert.

    • @Rolf B.:

      Ich finde das insoweit berichtenswert, als dies noch einmal deutlich zeigt, wie diese Typen von der AfD ticken.

       

      Die Prototypen der kleinen miesen Möchtegernaufsteiger. Das sind nicht die Abstiegsbedrohten. Niveaumäßig gab es bei denen sowieso nie was noch zum Absteigen, aber auch gesellschaftlich waren die nie das, für was sie sich ausgaben oder gehalten haben.

      • @Age Krüger:

        In dieser Woche wurden in Frankreich Apple Stores besetzt mit der Forderung, dass Apple endlich Steuern bezahlen soll.

        Nur ein Beispiel für wichtige Ereignisse, die hier keiner Erwähnung wert sind. Stattdessen Adelskram.

  • Die Debatte ist merkwürdig. Seit 1919 sind Standesvorrechte abgeschafft. Ehemalige Adelstitel wurden zum Bestandteil des bürgerlichen Namens. Seit der Abschaffung der Standesvorrechte des Adels 1919 wurde der Titel „Prinz“, nicht jedoch der in Primogenitur gewährte Erstgeburtstitel „Fürst“, Bestandteil des Familiennamens. Der "echte" "Fürst" Alexander zu Sayn-Wittgenstein-Sayn heißt Alexander Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Sayn. Chefs irgendwelcher Häuser gibt es im Übrigen auch nicht mehr. Mir wurscht, wo die Dame den Namen her hat. Die politische Überzeugung ist mir wichtig.

  • Der "echte" Adlige fälscht die Promotion, die echte Völkische fälscht die Herkunft, Frau Steinbach ist keine Vertriebene und Bernd Höcke channelt Goebbels. Ein postmodernes Spektakel, die heutige Rechte...

  • Na da schau her!

     

    "Für Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe ist die bürgerliche Fürstin eine von vielen „Adoptivstapler(innen)“, wie er bereits verganges Jahr auf Facebook schrieb. Dort wetterte er: „So wächst zusammen, was zusammengehört: Die Partei, die uns sinngemäß täglich etwas von kulturfremden Sozialparasiten erzählt, hebt eine Person in verantwortliche Stellung, die parasitär an einer Kultur und Tradition andockt, mit der sie nichts zu tun hat.“

     

    Nu. Da spricht ja der richtige

    derer von&zu Sozialparasiten.

    Allen voran die Ostelbischen Krautjunker & Steigbügelhalter Hitlers

    Die Gorbi zu recht - mit späterem

    Segen Karlsruhe - im 4:2 enteignet sehen wollte! (CDU - konterkariert!;((

    &

    Mein lübscher Bürgerbrief anne Wand.

    Fußt auf der bekannten Adelsschand:

    Prasse rum - sei rechts & unbescheiden!

    Aus anderer Leut Leder ist gut Riemen schneiden!

     

    (ps da weiß ich gut wovon ich rede ~>

    Banknachbarn & tumbe Mitstudies

    - a lot! & derer 'v. Scherben' als braune

    Freikorpsverführer a Kapp-Putsch etc!

    Der Rest ist Geschichte!)

    • @Lowandorder:

      Jaja! So hättens gern - bis heute diese

      Herrdämlichschaftsgezeiten!

       

      "Der Adel hält auf Taille -

      Nur der Pöbel frißt sich satt"!

       

      Nu. So siehste aus!

  • "Die AfD-Landesvorsitzende in Schleswig-Holstein sei „keine Fürstin“, empörte sich der echte Alexander Fürst zu Sayn-Wittgenstein-Sayn in der Rhein-Zeitung. „Sie trägt nur den Namen.“"

    Und er ist kein Fürst, stammt höchstens von einem Fürsten ab. Sie hingegen hat sich den Namenszusatz anscheinend durch eine Adoption erworben. Da kann ich keinen Unterschied in der Nichtadligkeit erkennen.

    Es scheint bei vielen Menschen immer noch eine Art Unterwürfigkeit auszulösen, wenn Sie auf einen "Fürsten" oder "Prinzen" treffen. Auch Herr Beucker ringt mit den Bezeichnungen "richtiger" und "falscher" Adel, und will anscheinend unbedingt irgendwo einen Adligen erblicken.

    Unsere Gesellschaft hat vor einhundert Jahren erkannt, dass jeder Mensch gleich ist und beschlossen, dass Hierarchie nicht vererbt werden kann. Wenn die Leute das nicht begreifen, wird es vielleicht Zeit, das Recht auf die Erbschaft eines Titels als Namenszusatz abzuschaffen.

    • @Leotse:

      In der Sache stimme ich Ihnen zu. Insbesondere dieses Titelgedöns institutionalisierter Räuberfamilien hätte m.E. bereits vor 100 Jahre abgeschafft werden sollen.

       

      Dennoch finde ich soetwas durchaus erwähnenswert. Ein Fürst zu Schlagmichtot mag noch aufgrund eines anerzogenen Haus wert darauf legen. Wenn aber jemand ohne entsprechender Ahnentafel sich mittels Adoption so einen Titel holt, sagt das doch einiges über denjenigen aus. Und mit einer demokratischen Gesinnung kann es dann bei einer Politikerin nicht weit her sein, finde ich.

      • @sart:

        Worüber wird sich hier überhaupt aufgeregt? Z.B. hat sich ein gewisser Hans-Jürgen Hubert Dohrenkamp auch einen „adligen“ Namen zugelegt, ohne daß sich irgendeiner drüber aufgeregt hat, soweit ich weiß. Oder wer hat ein Problem mit Jürgen von der Lippe?

        • @Egone:

          Und Herr von Bödefeld aus der Sesamstraße ist bestimmt auch kein richtiger Adeliger.

        • @Egone:

          Er hat sich den Namen als Künstlernamen selbst gegeben, beansprucht auch für sich keine irgendwie adelige Verbindung und firmiert auch nirgends als Fürst, wie DvSW etwa als Fürstin im Landtagsinformationssystem Schleswig-Holstein.

           

          Anadoptiere Adelsnamensbestandteile sind ja so schon erbärmlich genug. Aber es gibt tatsächlich leider noch genug, die sich davon beindrucken lassen. Ich für meinen Teil rege mich auch keineswegs auf, ich bilde mir nur auch anhand dieser Nachricht meine Meinung über den Charakter dieser Person.

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @Leotse:

      "Wenn die Leute das nicht begreifen, wird es vielleicht Zeit, das Recht auf die Erbschaft eines Titels als Namenszusatz abzuschaffen."

       

      Der Titel wird ja nicht vererbt, sondern der Nachname. Mit Abschaffung des Adelssystem in der Weimarer Republik wurden die Adelstitel rechtlich abgeschafft und in Form von Nachnamen eingefroren. Daher kann ein Adeliger heutzutage im Adelsrang auch nicht mehr aufsteigen, weil es dies eben nicht mehr gibt.

  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    Mit dem Beginn der Weimarer Republik haben Adelstitel rechtlich keine Bedeutung mehr. Insofern gibt es überhaupt keinen "richtigen" Adel mehr. Deren Titel wurden schlicht zu deren Nachnamen.

  • Witzig, dass sich sogar der reaktionäre Adel, der seine Titel mit Raub, Mord und Gewalt ursupiert hat sich über die neuen Rechten mokiert.

    • @Frank Stippel:

      Gibt auch genug von diesen wandelnden Anachronismen, die selbst dabei sind.