AfD-Politiker Stephan Protschka: HistorikerInnen fordern Rücktritt

Stephan Protschka hat einen umstrittenen Gedenkstein in Polen mitfinanziert. ProfessorInnen fordern in einem offenen Brief deshalb seinen Rücktritt.

Ein Gegdenkstein, der an eine Vorfeldorganisation der SS erinnert, wurde beprüht

Gedenkstein auf dem Friedhof in Bytom Foto: Grzegorz Celejewski/Agencja Gazeta

BERLIN taz | 25 namhafte HistorikerInnen haben in einem offenen Brief den AfD-Politiker Stephan Protschka aufgefordert, sein Bundestagsmandat niederzulegen. Grund ist ein Gedenkstein, der am Volkstrauertag im polnischem Bytom von Vertretern der deutschen Minderheit in Oberschlesien eingeweiht wurde und den Protschka mitfinanziert hat. „Dieser Gedenkstein ist eine unerträgliche und skandalöse Verherrlichung nationalsozialistischer und rechtsextremer Verbände sowie ein nicht hinnehmbarer Affront gegenüber Polen“, heißt es in dem Brief, der am Montag veröffentlicht wurde.

Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem die ProfessorInnen Norbert Frei (Jena), Michael Wildt (Berlin), Miriam Rürup (Frankfurt) und Frank Bajohr (München/Berlin) sowie die LeiterInnen zahlreicher Gedenkstätten. Initiiert hat den Brief unter anderem Jens-Christian Wagner, der die Stiftung niedersächsische Gedenkstätten leitet. Wagner hatte Protschka bereits wegen Volksverhetzung angezeigt, der Staatsschutz ermittelt.

In der Inschrift des Steins wird unter anderem der „Selbstschutz- und Freikorpskämpfer“ gedacht. Der „Volksdeutsche Selbstschutz“, so die HistorikerInnen, habe 1939/40 unter der Leitung der Höheren SS- und Polizeiführer gestanden und sei für den Mord an Tausenden Polen und Juden verantwortlich gewesen. „In Oberschlesien unterstand der Selbstschutz SS-Oberführer Fritz Katzmann, einem der schlimmsten NS-Massenmörder während des Zweiten Weltkrieges.“

Auch der „Selbstschutz Oberschlesien“ von 1921, ein Zusammenschluss von rechtsextremen Freikorpsverbänden, habe brutal gegen polnische Aufständische gekämpft. „Zu ihnen gehörte das Freikorps Oberland, das sich 1923 am Hitler-Putsch in München beteiligte und aus dem Teile der bayerischen SA hervorging.“

Auch polnische HistorikerInnen protestieren

„Die in den Stein gemeißelte Liste der Spender zeigt, wie stark die AfD im rechtsextremen Milieu verankert ist“, heißt es in dem Brief weiter. Neben Protschka werden dort unter anderem die Junge Alternative Berlin und die Burschenschaft „Markomannia Wien zu Deggendorf“ genannt, die vom bayerischen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft und beobachtet wird. Anfangs waren auf dem Stein auch die „Jungen Nationalisten“, verzeichnet, die Jugendorganisation der NPD. Dieser Schriftzug wurde inzwischen entfernt.

Umgehend nach der Einweihung war der Gedenkstein mit einem roten Keltenkreuz und dem Schriftzug „Deutsche raus“ beschmiert worden.

Inzwischen haben auch polnische HistorikerInnen die Aufstellung des Gedenksteins scharf kritisiert. „Die Maßnahmen solcher Art beleidigen auf eine entsetzliche Weise das Gedenken an die Millionen von Bürgern der Republik Polen, polnischer und jüdischer Herkunft, die von Mitgliedern der verbrecherischen nationalsozialistischen Formationen Deutschlands ermordet wurden“, heißt es in einer Erklärung des Instituts für nationale Erinnerung in Warschau, die auch auf Deutsch veröffentlicht worden ist. „Gleichzeitig stehen sie im Widerspruch zur Idee der guten nachbarschaftlichen Zusammenarbeit und Verständigung.“

Update: Wie die Gazeta Wyborcza berichtet, wurde der Gedenkstein inzwischen von der deutschen Minderheit entfernt und anschließend von der Polizei beschlagnahmt. Es wird ermittelt.

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