AfD-Klage gegen Seehofer erfolgreich: Politischer Abmahnverein

Die AfD lauert auf Fehler der Bundesregierung. Nun hat sie feixend die Genugtuung, den politisch Etablierten einen „Rechtsbruch“ nachgewiesen zu haben.

AfD-Politiker Meuthen und Chrupalla im Bundesverfassungsgericht.

Die AfD hatte geklagt, weil sie sich davon einen politischen Vorteil versprach Foto: Uli Deck/dpa

Die AfD hat beim Bundesverfassungsgericht einen leichten Sieg errungen. Obwohl die Rechtslage klar war, hat das Bundesinnenministerium ein AfD-kritisches Interview von Horst Seehofer auf die Homepage des Ministeriums gestellt und damit die Neutralitätspflicht verletzt.

Der damit verbundene Nachteil für die AfD war minimal. Das Seehofer-Interview wurde ganze 184 Mal aufgerufen, bis es nach zwei Wochen wieder von der Webseite entfernt wurde. Die AfD hat auch nicht deshalb geklagt, weil sie sich ungerecht behandelt fühlte, sondern weil sie sich davon einen politischen Vorteil versprach.

Die AfD agiert hier wie ein politischer Abmahnverein. Sie lauert auf kleine rechtliche Fehler der Bundesregierung, um dann mit großem Spektakel das Bundesverfassungsgericht einzuschalten. Ihr Nutzen ist die Genugtuung ihrer feixenden Anhänger, dass man der etablierten Politik mal wieder einen „Rechtsbruch“ nachgewiesen hat – egal wie homöopathisch er in der Praxis war.

Dabei sind solche Malheure ja leicht zu vermeiden. Ein Politiker wie Horst Seehofer hat wirklich genug Möglichkeiten, sich öffentlich zu äußern, und ist dabei auf die Webseite seines Ministeriums überhaupt nicht angewiesen. Als wichtiger Parteipolitiker ist er überall als Interviewpartner gefragt, vor allem wenn er sich deftig über die AfD äußert.

Auch wenn die Pflicht zur Neutralität damit oft etwas künstlich wirkt, sie ist doch sinnvoll. Schließlich könnten die Ressourcen und die Amtsautorität der Regierung auch in ganz massiver Form für parteipolitische Einflussnahme genutzt werden. Wenn etwa die Kanzlerin ihre Weihnachtsansprache ausschließlich dem Kampf gegen die AfD (oder gegen die Linke) widmen würde, so wäre das sicher ein Missbrauch staatlicher Mittel.

Das Bundesverfassungsgericht hat daher zu Recht an seiner Neutralitätslinie festgehalten – auch wenn die AfD vielleicht noch öfter solche irrelevanten Showprozesse anzetteln kann.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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