Änderungen des Luftsicherheitsgesetzes: Von Ordnungswidrigkeit zu Straftat
Schwarz-Rot plant, Flughafenproteste zu kriminalisieren. Und die Bundeswehr soll per Luftsicherheitsgesetz Drohnen abwehren dürfen.
Es waren spektakuläre Aktionen: Immer wieder schafften es Klimaaktivist:innen in den vergangenen Jahren, Sicherheitszäune an Flughäfen zu überwinden und Startbahnen zumindest kurzfristig zu blockieren. Das sorgt bis heute für Prozesse. Abgesehen von den Schadensersatzforderungen der Flughafengesellschaften hagelte es Anklagen wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung. Künftig droht Beteiligten allerdings ein zusätzlicher Straftatbestand und sie müssen mit höheren Strafen als einer Verwarnung, einem Bußgeld oder einer Bewährungsstrafe rechnen. So plant es jedenfalls die schwarz-rote Bundesregierung.
Bisher wurde das Eindringen auf ein Flughafengelände im Luftsicherheitsgesetz nur als Ordnungswidrigkeit bewertet. In Zukunft soll es als Strattat gelten und es droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren, bei einer Gefährdung der Luftverkehrssicherheit könnte die Strafe sogar auf bis zu fünf Jahre ausgeweitet werden. Diese schärfere Sanktionierung, die explizit mit den Protestaktionen der Klimaaktivist:innen begründet wird, ist Teil eines Paketes von Änderungen des Luftsicherheitsgesetzes, das das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen hat.
Zudem enthält der Gesetzentwurf, der der taz vorliegt, vor allem Regelungen für den Einsatz der Bundeswehr gegen Drohnen. Kernpunkt ist die Festschreibung, dass die Streitkräfte „bei der Abwehr von Gefahren durch unbemannte Luftfahrzeuge“ Amtshilfe leisten können. Diese Amtshilfe für die eigentlich für die Drohnenabwehr zuständigen Polizeibehörden soll insbesondere „in Form der Bereitstellung von Detektionstechnik und Interventionstechnik“ erfolgen.
Allerdings kann der Bundeswehreinsatz auch wesentlich weiter gehen. Denn zur „Verhinderung des Eintritts eines besonders schweren Unglücksfalls“ sollen die Streitkräfte „auch Waffengewalt oder sonstige Wirkmittel“ einsetzen dürfen, heißt es in dem Entwurf. Das gelte für den Fall, dass eine Drohne gegen das Leben von Menschen oder gegen eine kritische Anlage eingesetzt werden soll und das „das einzige Mittel zur Abwehr dieser gegenwärtigen Gefahr ist“.
„Gegen Sabotage und Spionage“
Neu ist auch, dass in solchen Extremfällen auf Anforderung des betroffenen Bundeslandes allein das Verteidigungsministerium über einen Einsatz der Streitkräfte entscheiden können soll. Normalerweise ist ein Einvernehmen mit dem Bundesinnenministerium bei Amtshilfeeinsätzen im Inneren nötig. Darüber hinaus soll eine Hinweispflicht der Bundespolizei an die Bundeswehr eingeführt werden für Fälle, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für einen Verteidigungszusammenhang vorliegen.
Hintergrund der Gesetzesänderungen, die noch vom Bundestag beschlossen werden müssen, sind die zahlreicher gewordenen Drohnensichtungen an deutschen Flughäfen oder über Teilen der kritischen Infrastruktur. „Wir wissen, dass ein Teil dieser Drohnen auch durch fremde Mächte gesteuert werden“, sagte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) nach der Kabinettssitzung am Mittwoch in Berlin. „Russland spielt da natürlich eine Rolle und wir wollen uns bestmöglich dagegen rüsten.“
Die Gesetzesänderungen seien wichtig, „um uns gegen Sabotage und Spionage zu wehren“, sagte Dobrindt. Mit der Reform werde eine rechtliche Absicherung für die Bundeswehr geschaffen, „Drohnen, die durch die Polizeien nicht mehr bekämpft werden können, in Deutschland zu bekämpfen, abzufangen, auch abzuschießen“.
Die Kritik von Grünen und Linkspartei, dass auch ein solcher Einsatz der Bundeswehr im Innern eine Grundgesetzänderung bräuchte, wiesen sowohl Dobrindt als auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zurück. „Wir sind alle gleichermaßen, einschließlich des Justizministeriums, der Auffassung, der Überzeugung, dass das, was wir jetzt in das Gesetz reingeschrieben haben, vollständig verfassungskonform ist“, sagte Pistorius. Schließlich wäre die Bundeswehr schon heute verfassungsrechtlich befugt, bestimmte Maßnahmen im Rahmen der Amtshilfe zu ergreifen. Es ginge jetzt vor allem darum, Abstimmungen und Entscheidungswege deutlich zu verkürzen.
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