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Ältere TennisprofisAdvantage Alter

Venus Williams, 43, will nach ihrem Aus in Wimbledon nicht ans Karriereende denken. Die Ü30-Fraktion im Profitennis wird immer erfolgreicher.

Ausdauernd: Venus Williams will in Wimbledon wieder auf den Rasen Foto: Andrew Couldridge/reuters

Im Theater der größten Grand-Slam-Träume brandete freundlicher Applaus auf, als die ehemalige Wimbledon-Königin humpelnd das grüne Spielfeld verließ. Venus Williams winkte lächelnd in die Menge zurück, es sah nach Abschied aus an diesem ersten Tag der Offenen Englischen Meisterschaften des Jahres 2023. War’s das etwa für die fünfmalige Gewinnerin, die sich nach einem Sturz verletzt durch die verlorene Erstrundenpartie (4:6, 3:6) gegen die Ukrainerin Elina Svitolina geschleppt hatte? Von wegen! „Ich werde weitermachen, das ist nicht das Ende“, sagte Williams später. „Man kann hier auch noch mit Fünfzig antreten. Wenn eine das schafft, dann ich.“

So ändern sich die Zeiten: Vom Jugendwahn vergangener Tennisepochen, aber auch von einer Hoppla-jetzt-komm-ich-Mission eines 17-jährigen Teenagers wie Boris Becker im Jahr 1985, ist das Welttennis gerade weit entfernt. Venus Williams, die zwischen 2000 und 2008 in Wimbledon fünf Mal dominierte, ist nur das extremste Beispiel für die verschobenen Karrieregrenzen in der Branche. Williams spielt noch in einem Alter Weltklassetennis, da war Björn Borg einst bereits 17 Jahre zurückgetreten – der legendäre Schwede hörte 1983 mit 26 auf, damals ein Schock für die Tenniswelt. Aber auch die beiden größten deutschen Spieler, Steffi Graf und Boris Becker, hatten bereits um die 30 genug vom auszehrenden Tourgeschäft. Beckers letzten Schläge waren in Wimbledon 1999 zu sehen, Grafs Abschied folgte wenige Wochen später, am 13. August jenes Jahres.

Hinter Becker, Graf und auch Michael Stich (Rücktritt mit 29 Jahren) hatte eine rüstige Ü30-Truppe in Gestalt der Topleute Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Đoković noch ein bis zwei nachfolgenden Generationen hartnäckig die begehrtesten Pokale verwehrt. Đoković, aktuell der einzig verbliebene Überspieler, will seine Laufbahn noch bis Vierzig fortsetzen. Ans Aufhören verschwende er „gerade nicht einen einzigen Gedanken“. Doch nicht nur die bekanntesten Gesichter schreiben wundersame Geschichten der Ausdauer: Spaniens Feliciano López, 41, der soeben beim ATP-Turnier in Mallorca Lebewohl sagte, trat zwischen den French Open 2002 und den Australian Open 2022 bei 79 Majors in Serie an.

Federer hatte für seinen Karriere-Marathon eine einleuchtende Selbstdiagnose: „Je älter ich wurde, umso besser verstand ich meinen ganzen Beruf. Nie trainierte ich so effektiv und gleichzeitig schonend wie jenseits der Dreißig.“ Tatsächlich bieten sich im modernen Tennis nicht nur für Superstars wie Federer Möglichkeiten, sich mit einem Spitzenteam von Coaches und allerlei Spezialisten optimal aufzustellen. Auch in der Breite reisen die meisten Profis heute mit einem großen Betreuerstab umher. Ernährung, Fitness und methodische Übungsarbeit spielen eine wesentlich größere Rolle.

Fortgeschrittene Schlägertechnik

Ivan Lendl, einst der Avantgardist für eine professionelle Lebensführung in seinem Sport, sagt: „Was ich damals praktiziert habe, macht heute fast jeder im Tennis. Weil er es muss, um nicht abgehängt zu werden.“ Lendls einstiger Widersacher Mats Wilander nennt auch fortgeschrittene Schlägertechnik als Ursache für Karrieren, die inzwischen nicht selten länger als zwei Jahrzehnte dauern: „Die Rackets sind viel schonender, verursachen viel weniger Verschleiß.“

Vor einigen Jahren war der Altersdurchschnitt in den Top 10 der Männer gar bis auf 29,7 Jahre und der Top 100 auf 27,7 Jahre hochgeschnellt. Im Moment ist das Welttennis in der Spitze wieder etwas jünger geworden, aber im historischen Vergleich noch alt. Zum Vergleich: Ende der 80er Jahre lag der Altersschnitt der 100 besten Männer bei 23,7 Jahren und der 100 besten Frauen bei 22,6 Jahren.

Und die aktuellen Schlagzeilen dieser Tage? Angelique Kerber, 35, dreimalige Grand-Slam-Siegerin, beginnt ihre Rückkehrmission nach der Babypause mit dem Ziel, mindestens bis zu den Olympischen Spielen 2024 in Paris zu spielen. Und ihre dänische Freundin Caroline Wozniacki, zweifache Mutter, startet ebenfalls ein Comeback, für die US Open im Spätsommer ist sie bereits mit einer Wild Card ausgestattet.

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