Ägyptischer Präsident Al-Sisi in Berlin: Ungeliebter Gast

Menschenrechtsorganisationen und Opposition kritisieren den Besuch des ägyptischen Präsidenten. Die Bundesregierung lässt das kalt.

Merkel und al-Sisi auf dem Weltwirtschaftsforum im Januar 2015

Merkel und al-Sisi auf dem Weltwirtschaftsforum im Januar 2015. Foto: dpa

BERLIN taz | Der rote Teppich liegt bereit: Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi wird heute mit militärischen Ehren in Berlin begrüßt. Bundespräsident Joachim Gauck, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) werden den Ägypter während seines Staatsbesuchs empfangen. Im Vorfeld stießen die Termine auf Kritik: Menschenrechtsorganisationen, Opposition und auch Koalitionspolitiker prangerten Sisis autoritäre Amtsführung an.

Seit seinem Wahlsieg vor über einem Jahr hat der ehemalige General angekündigte Parlamentswahlen mehrfach verschoben. Sicherheitskräfte töteten seitdem über 1.000 Oppositionelle, weitere Regierungskritiker wurden zu langen Haftstrafen oder zum Tode verurteilt. Ein Gericht in Kairo sollte kurz vor Sisis Staatsbesuch abschließend über das Todesurteil gegen Expräsident Mohammed Mursi beraten, verschob seine Entscheidung am Dienstag aber um zwei Wochen.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hatte ein geplantes Treffen mit Sisi aufgrund der Menschenrechtssituation bereits Mitte Mai abgesagt. Oppositionspolitiker bedrängten die Bundesregierung in den vergangenen Tagen, es ihm gleichzutun. „Folter und willkürliche Behandlung durch Polizeibeamte sind in Ägypten an der Tagesordnung. Dieser Staatsbesuch ist eine Schande“, sagte die Linken-Abgeordnete Christine Buchholz. Die Organisation Reporter ohne Grenzen will heute sogar vor dem Kanzleramt gegen den ägyptischen Präsidenten demonstrieren.

Die Regierung lässt sich von alldem nicht beirren. Sie sieht im Sisi-Besuch einen Beitrag zur Sicherheit in Nordafrika und dem Nahen Osten. „Wir wollen, dass Ägypten seine Rolle dabei spielt, Stabilität in diese extrem instabile Region zu bringen“, ließ Merkel über ihren Sprecher ausrichten. Die Menschenrechtsverletzungen werde sie im Gespräch mit Sisi aber thematisieren.

Auch einen aktuellen Vorfall könnte sie ansprechen: Für Dienstagabend hatten die Grünen im Bundestag eine Veranstaltung mit dem Oppositionellen Mohamed Lotfy geplant. Als dieser in Kairo ins Flugzeug steigen wollte, nahmen ihm aber Sicherheitskräfte den Pass ab. Er musste in Ägypten bleiben. „Das ist inakzeptabel“, sagte der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour. Im Außenministerium sieht man das ähnlich: „Die deutsche Botschaft hat den Fall sofort hochrangig mit den ägyptischen Behörden aufgenommen und um Aufklärung der Hintergründe gebeten. Sie steht in engem Kontakt mit Herrn Lotfy“, sagte ein Sprecher.

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