Adoptionen durch Homosexuelle: Gleichstellung scheint wahrscheinlich
In der Verhandlung über Adoptionen durch Homosexuelle haben sich Experten gegen eine Benachteiligung ausgesprochen. Auch die Richter scheinen überzeugt.
KARLSRUHE dapd/dpa | Das Bundesverfassungsgericht wird voraussichtlich das Recht homosexueller Partner stärken, Kinder zu adoptieren. Das wurde am Dienstag bei einer mündlichen Verhandlung des Ersten Senats in Karlsruhe deutlich. Mehrere Richter deuteten an, dass sie das bisherige Verbot für Homosexuelle, ein Adoptivkind ihres eingetragenen Lebenspartners ebenfalls zu adoptieren, für grundgesetzwidrig halten.
In der Verhandlung sprachen sich Experten gegen eine rechtliche Benachteiligung von Lebenspartnern aus. „Es dient dem Wohl des Kindes, wenn eine faktische Beziehung auch rechtlich abgesichert wird“, sagte Nina Dethloff von der wissenschaftlichen Vereinigung für Familienrecht. Psychologen betonten, dass Kinder in „Regenbogenfamilien“ sich genauso gut entwickeln wie in anderen Familienformen.
Die Karlsruher Richter prüfen, ob das Verbot der sogenannten Sukzessivadoption mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Nach derzeitiger Rechtslage können Ehegatten das Kind des Anderen auch dann adoptieren, wenn der es vorher selbst adoptiert hatte. Schwule oder lesbische Lebenspartner können das nicht.
Der Vorsitzende der Kinderrechtekommission des Deutschen Familiengerichtstags, Michael Coester, betonte, eine doppelte Adoption bringe dem Kind rechtliche Vorteile. So seien zwei Elternteile unterhaltspflichtig. Die Frage einer gleichzeitigen, gemeinsamen Adoption durch ein homosexuelles Paar ist nicht Gegenstand der Verhandlung. Mit einer Entscheidung ist erst im kommenden Jahr zu rechnen.
Leser*innenkommentare
Dr. Birgit Reime
Gast
@Markus Bauer RA
Adoptionen werden befürwortet oder eben nicht je nachdem, ob sie nach Meinung von Familienrichter/in im konkreten Fall dem Kindeswohl dienen. Gleichwohl geht es natürlich um mehr, denn sie finden ja nicht in einem politischen Vakuum statt. Wenn nur Männer oder nur Frauen oder nur Christen oder nur Blonde adoptieren dürften, wäre dies natürlich auch ein Anlass für einen Kampf um Gleichberechtigung. So wie jetzt, wo gemeinsame Adoptionen - sofern sie nicht Stiefkindadoptionen darstellen - nur Paaren vorbehalten sind, die heterosexuell leben. Diese Praxis ist übrigens nicht durch wissenschaftliche Evidenz gerechtfertigt.
Dr. Birgit Reime, stolze Adoptivmutter
Oliver42
Gast
Es ist erfreulich, das nunmehr endlich Karlsruhe hier entscheidet. Bedauerlich das der Weg durch die gerichtlichen Instanzen sich in Deutschland über Jahre hinwegzieht.
Mittlerweile haben parteipolitisch SPD, Grüne, Linkspartei, Piratenpartei und FDP die Gleichstellung im Adoptionsrecht in ihren Parteiprogrammen und fordern diese.
Leider aber blockierte die CDU/CSU hier unter Angela Merrkel weiter und hielt an ihrem Diskriminierungskurs fest.
Nun aber kommen in den letzten vier Jahren mit dem Ende der vielen Gerichtsverfahren, die sich durch die Instanzen zogen, Urteil um Urteil aus Karlsruhe und vom Europäischen Gerichtshof, die der CDU/CSU "eine Ohrfeige" nach der nächsten verpassen.
Frau Merkel, Herr Kauder und Herr Schäuble haben sich im Gegensatz zu ihrer CDU-Familienministerin Schröder und den 13 CDU-Bundestagsabgeordneten für die falsche Seite der Geschichte entschieden. UND nun werden Sie im kommendem Jahr erleben, wie sie weiter höchstgerichtliche Niederlagen erleiden.
Markus Bauer
Gast
Ich halte es für unglücklich formuliert, wenn vom "Recht der Homosexuellen auf Adoption" die Rede ist. Bei einer Adoption geht es um das Kindeswohl und um sonst nichts. Für einen wie auch immer gearteten "Kampf um Gleichstellung" eignet sich dieses Thema nicht.
Markus Bauer, Rechtsanwalt in Hannover