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Adoleszenz Die Kindheit ist fast vorbei, die Jugend noch nicht ganz da: Carolin Schüten suchte diesen Moment. Sie hat Mädchen und Jungen fotografiert – auf vier KontinentenWie will ich sein?

von Annabelle Seubert

Sie sehen uns an, Ernsthaftigkeit in den Augen, unverstellt, ungeschminkt, ohne Pose – als hätten sie nie von Selfies gehört. Mädchen und Jungen zwischen 10 und 14 Jahren, aufrecht vor blassem Hintergrund, fotografiert in Schwarz-Weiß und immer an derselben Schwelle in ihren Leben: wenn die Kindheit vergeht und die Jugend sich langsam ankündigt.

Es sind schlichte Momente, die Carolin Schüten aufgenommen hat, über Jahre und auf vier Kontinenten. Dokumente jener Tage, in denen Kinder noch nicht viel auf Vorbilder geben, die „Medienprägung noch nicht ihre Ausstrahlung überlagert“, wie Carolin Schüten sagt, nicht der richtige „Look“ zählt; Coolness, Hotness oder wie die Haare liegen, das Instagram-Profil ankommt.

Die ersten Porträts machte sie in Deutschland, 2006, als ihr Sohn die Schule wechselte und neue Freunde mit nach Hause brachte. Die Jungs hatten Energie. Da war Neugier in ihrem Ausdruck, auf die Welt und das eigene Talent. Ob „dieser Augenblick universell ist“, fragte sie sich – wenn sich der Beginn des Erwachsenwerdens in Gesichtern spiegelt.

Später führte sie ihre Suche in andere Länder, nach Israel und Indonesien, in die USA und den Sudan. „Ich kam mir vor wie eine Entdeckerin“, sagt sie. In anderen Kulturen würden vielleicht andere Riten und Religionen zählen, vielerorts gäbe es auch „ziemlich ungünstige Umstände“, und natürlich sei es etwas komplett anderes, jemanden in Nordamerika oder im Sudan abzulichten – aber „diesen Moment der Angst und Ablösung: den hat doch jedes Kind“.

Danach habe sie geforscht. Nach dem „ganz Eigenen“. Ab wann sieht man einem Menschen die Grundstruktur seiner Persönlichkeit an? Abseits der Sommersprossen, der Sozialisation, jenseits von Biografien. Lira, 10, aus Brasilien, bei der sich beides im Blick vereint: Skepsis und Vertrauen. Johan, 12, aus Spanien, bei dem man ahnt, dass er mal was erleben will. Weder Herkunft noch Familienverhältnisse stehen im Mittelpunkt; Carolin Schüten reduziert ihre Aufnahmen auf den Punkt, an dem sich Mädchen und Jungen überall fragen: Wo geh ich eigentlich hin? Wie will ich sein? „Der Körper geht weiter. Die Seele guckt, ob sie nachkommt.“

Der Bildband zur Serie: Carolin Schüten – „Like All But Me“, mit einem Begleittext von Vera King, Kettler Verlag 2015, 128 Seiten, 36 Euro

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