Actionkomödie „Spenser Confidential“: Kino ohne Schnörkel
Er schwingt die Fäuste im Kampf für die Gerechtigkeit. In der Actionkomödie „Spenser Confidential“ darf Mark Wahlberg kräftig zuschlagen.
Einen männlichen Regisseur als Männerregisseur zu bezeichnen, klingt erstmal tautologisch. Den US-amerikanischen Schauspieler, Produzenten und Regisseur Peter Berg so zu nennen, scheint jedoch genauso richtig wie etwa George Cukor einst als „Frauenregisseur“ galt. Schon die Titel auf Bergs Filmografie sprechen in dieser Hinsicht für sich: „Very Bad Things“, „Operation: Kingdom“, „Friday Night Lights“, „Battleship“, „Lone Survivor“, „Deepwater Horizon“ – man muss die Filme gar nicht gesehen haben, um den Hang zu „Blue Collar“ und Sportbegeisterung, zum Soldatischen und Kriegerischen herauszuspüren. Testosteron, ich hör dich tropfen.
Aber Bergs Filme sind kein langweiliges Männer-Krachkino, auch wenn Frauen darin nicht unbedingt Hauptrollen spielen. Berg, der seine Karriere als Schauspieler begann, als Draufgänger-Arzt Billy Kronk in der Serie „Chicago Hope“ Popularität erlangte und erst seit den späten 90ern ab und zu in den Regiestuhl wechselt, zeichnet nachgerade ein Händchen für Männerhelden der etwas anderen Art aus.
Er betont gerne eine klassische Seite seiner Figuren, zeigt sie als Beschützer, die ihre Familie, ihr Heim, ihre Heimat verteidigen, aber es kommt dann doch immer noch was dazu, eine Sensibilität, die sich in schrägem Humor äußert, einen Hang zur Fürsorglichkeit, der bis zur Verwundbarkeit geht.
Mit „Spenser Confidential“, seiner ersten Zusammenarbeit mit Netflix, fügt Berg ein weiteres Exemplar dieser Reihe hinzu. Erneut von Mark Wahlberg gespielt – in der bereits fünften Zusammenarbeit der beiden –, zeigt Spenser gleich in der ersten Szene, wie er „tickt“: Als der Polizist das Haus seines Vorgesetzten Boylan (Michael Gaston) betritt und in Form von Scherben auf dem Boden und einem zerschlagenen weiblichen Gesicht eindeutige Hinweise darauf sieht, dass ebendieser Boylan seine Frau verprügelt, kann er nicht an sich halten und prügelt seinerseits Boylan zu Boden.
„Spenser Confidential“. Regie: Peter Berg. Mit Mark Wahlberg, Winston Duke u. a. USA 2020, 111 Min. Läuft auf Netflix.
Der Film zeigt es als quasi reflexhafte Reaktion, die weder von Spensers hinzueilendem Partner Driscoll (Bokeem Woodbine), noch durch die Bitten des vermeintlichen Opfers verhindert oder abgeschwächt werden kann. Boylan überlebt, aber Spenser wird für seinen Angriff mit Körperverletzung zu fünf Jahren verurteilt. Richtiger Mann, der er ist, bekennt er sich in allen Punkten schuldig.
Etwas weiser, etwas älter
Die eigentliche Filmhandlung beginnt fünf Jahre später. Am Tag vor seiner Entlassung sitzt Spenser, etwas weiser, etwas älter, mit Lesebrille in der Gefängnisbibliothek und wird von ein paar Verbrechern, die ihm eine Lektion erteilen wollen, eingekreist.
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Trailer „Spenser Confidential“
Eine Zeitlang lässt ihn die Regie standhalten, ganz nach der alten Bud-Spencer-Methode, bei der sich immer nur ein oder zwei Kontrahenten gleichzeitig nähern, aber irgendwann muss auch die männlichste Regie nachgeben und Spenser das Einstecken lernen. Leicht humpelnd und mit Pflaster im Gesicht macht er sich am nächsten Tag aus dem Gefängnis davon. Der forschen Freundin (Iliza Shlezinger), die ihn abholen will, weicht er dabei feige aus.
Das Junggesellenidyll, das Spenser wenig später bei seinem alten Freund Henry (bewährt grantig: Alan Arkin), einem Boxtrainer, bezieht, währt nicht lange. Am Morgen nach seiner Entlassung wird Boylans Leiche, grausam ermordet, gefunden; der Verdacht fällt auf Spenser, vor allem aber auf einen anderen früheren Kollegen, der nach der Tat angeblich Selbstmord begangen hat. Dessen Witwe (Hope Olaide Wilson) wiederum triggert Spensers Instinkte: Er kann nicht anders, als Ermittlungen aufzunehmen.
Altmodisch, aber auch erfrischend
Im Umfeld all der „Bad Boy“-Antihelden mit ihrer toxischen Männlichkeit wirkt Wahlbergs Held zwar altmodisch, aber doch irgendwie auch erfrischend: endlich mal einer, der sich ohne zu hadern oder innere Dämonen zu bezwingen fürs Gute und für Gerechtigkeit einsetzt.
Es ist weiß Gott kein Oscar-Material, aber auch das kann man positiv wenden: Ein Film, der nicht groß analysiert werden will und es nicht auf Haltungsnote anlegt, sondern auf eine pragmatische Weise schlicht Kino sein möchte, ohne Schnörkel. Mithin das, was es im Kino eigentlich kaum mehr gibt – und eben fast ironischerweise nun auf den Streamingkanälen eine neue Heimat findet.
Alles an „Spenser Confidential“ strahlt etwas von dieser Solidität aus: die Action, die viel Fausteinsatz zeigt, aber nie in fantastisches Ballett ausartet; der Plot, der in der Bostoner Umgebung wohl geerdet und nicht allzu erfunden ist, schließlich stammt der Stoff aus der Krimiserie von Robert B. Parker, der als einer Art Bostoner Stadtchronist gilt.
Dass Wahlbergs Spenser am Ende ein weiteres Mal wie „getriggert“ in die Kamera guckt, während ein Mann, der seine Unschuld beteuert, verhaftet wird, signalisiert die Bereitschaft zum Franchise-Ausbau. Und eigentlich wäre das durchaus etwas, worauf man sich freuen könnte.
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