piwik no script img

Abwehr von LuftfahrzeugenDobrindt setzt auf Hightech gegen Drohnen

Der Innenminister präsentiert eine neue Antidrohneneinheit der Bundespolizei. Doch das Kompetenzchaos bei der sensiblen Aufgabe bleibt.

Innenminister Alexander Dobridt (CSU) stellte in Ahrensfelde die neue Antidrohneneinheit vor Foto: Carsten Koall/dpa
Frederik Eikmanns

Aus Ahrensfelde

Frederik Eikmanns

Wie zwei Wespen surren die Drohnen durch den grauen Dezemberhimmel, ein kleines Modell vorne weg, ein größeres und deutlich lauteres hinterher. Die Verfolgerin holt stetig auf. Dann ein Knall: Die große Drohne feuert ein Netz ab – und trifft. Kläglich zappelt das Opfer in den Fäden, bevor es langsam zu Boden sinkt.

Mit einer Livedemonstration auf einem Polizeiflugplatz in Ahrensfelde bei Berlin präsentierte die Bundespolizei am Dienstag ihre neue Drohnenabwehreinheit. Neben der Abfangdrohne gab es auch mehrere schultergestützte Systeme zu sehen, die an Science-Fiction-Waffen erinnern.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt reiste dem aeronautischen Anlass angemessen per Hubschrauber an (Luftlinie vom Flugplatz zu seinem Ministerium rund 20 km). In dunkelblauer Polizeijacke und flankiert von Beamten in Sturmhauben sprach Dobrindt von Drohnen als „neuartiger Bedrohung“ und der Antidrohneneinheit als „Meilenstein für unsere Sicherheit“.

Dummer Streich oder feindliche Sabotage

Die insgesamt 130 Be­am­t*in­nen sollen mit Hightechgeräten künftig auf Jagd nach „nicht kooperativen Drohnen“ gehen. Das können Drohnen sein, die als dummer Streich oder aus Unwissen über Flugplätze gesteuert werden und dort den Luftverkehr lahmlegen. Es können aber auch Drohnen sein, die Agenten feindlicher Staaten nutzen, um Militäreinrichtungen oder sensible Infrastruktur auszuspähen oder zu sabotieren.

Fälle, in denen ausländische Akteure hinter Drohnenflügen vermutet werden, häufen sich in den letzten Jahren. Anfang Oktober sorgte dann eine ganze Reihe von Vorfällen mit Drohnen über Flugplätzen nicht nur in Deutschland, sondern auch andere europäische Staaten für Aufsehen. Ex­per­t*in­nen gehen davon aus, dass Russland hinter den Überflügen steckte. Teils sollen die Drohnen von Schiffen der sogenannten Schattenflotte Russlands gestartet sein.

Dobrindt hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt kaum mit Drohnenabwehr beschäftigt. Sein Fokus lag auf migrationspolitischen Maßnahmen wie der Zurückweisung von Asylsuchenden an deutschen Grenzen. Doch die Vorfälle alarmierten ihn. Innerhalb kurzer Zeit kündigte er eine Reihe neuer Maßnahmen an, darunter den Aufbau der Antidrohneneinheit, die am Dienstag vorgestellt wurde.

Geplant sind außerdem eine eigene Forschungseinheit der Bundespolizei für Drohnenabwehrtechnik und ein Drohnenabwehrzentrum von Bund und Ländern. Dieses soll am Mittwoch auf der Innenministerkonferenz in Bremen beschlossen werden und die Zusammenarbeit von Bundespolizei, Länderpolizeien und Bundeswehr verbessern.

Kompetenzwirrwarr bei der Drohnenabwehr

Ob das gelingt, bleibt ungewiss, denn die Zuständigkeiten sind kompliziert. Die Bundesregierung hat eine Neufassung des Luftsicherheitsgesetzes auf den Weg gebracht. Sie soll der Bundeswehr erlauben, im Inland Waffen gegen Drohnen einzusetzen, wenn dies einen „besonders schweren Unglücksfall“ verhindert. Doch ein solcher Einsatz ist nur als Amtshilfe möglich, wenn die Polizei darum bittet.

Auch die Bundespolizei darf laut neuem Polizeigesetz auf Drohnen schießen, ist aber auf sensible Orte wie Flughäfen oder Bundesministerien beschränkt. An anderen Orten ist die jeweilige Landespolizei zuständig. Bundespolizeipräsident Dieter Romann, der am Dienstag nach Dobrindt sprach, bezeichnete das Kompetenzwirrwarr bei der Drohnenabwehr dann auch als „Gordischen Knoten“ vor dem man stehe. Die Antidrohneneinheit könne nur „ein erster operativer Schritt“ sein, um ihn zu lösen.

Auch Op­po­si­ti­ons­po­li­ti­ke­r*in­nen sehen das so. Sie kritisieren die Pläne der Bundesregierung als unzureichend. Es brauche eine klare Bündelung der Kompetenzen und der Verantwortung bei der Bundespolizei, so die Forderungen, insbesondere aus den Reihen der Grünen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare