Abwahl des peruanischen Präsidenten: Sieg für die Korruption

Martín Vizcarra ist vordergründig wegen Untreue gestürzt worden. In Wirklichkeit störte er die etablierten Machtstrukturen im Land.

Protest gegen Abwahl des peruanischen Präsidenten vor dem Kongress in Lima . Die Polizei setzt Wasserwerfer ein.

Protest gegen Abwahl des peruanischen Präsidenten vor dem Kongress in Lima am Dienstag Foto: Rodrigo Abd/ap

Am Montagabend zogen in Lima die ersten Demonstrant*innen vor das Parlament, das Präsident Martín Vizcarra mit großer Mehrheit abgewählt hatte. Die Parlamentarier warfen ihm Korruption und moralische Unfähigkeit vor und stimmten für die Absetzung des überaus populären Präsidenten.

Fast 80 Prozent der Peru­aner*innen sind Umfragen zufolge mit ihrem Präsidenten zufrieden und misstrauen gleichzeitig ihren Abg­e­ordneten. Trotzdem musste Vizcarra gehen – und dagegen regt sich landesweit Protest. Der Grund liegt in den politischen Strukturen, die der 57-jährige Vizcarra ändern wollte, aber nicht konnte.

Perus Parlamentarier agieren im Eigeninteresse, nicht im Sinne des ­Gemeinwohls. Gegen 68 der 130 Abgeordneten wird wegen Korruption ermittelt, eine Schwächung der Exekutive liegt in ihrem persönlichen Interesse: Wo kein handlungsfähiger Staat, da auch keine Stringenz in den Ermittlungen. Das ist nichts Neues in der Geschichte der fragilen peruanischen Demokratie, die in den letzten zwanzig Jahren von einem Korruptionsskandal zum nächsten torkelte.

Keiner der Präsidenten der vergangenen 20 Jahre hat den prall Briefumschlägen des brasilianischen Baukonzerns Odebrecht widerstehen können. Präsident Vizcarra hatte 2019 das Parlament aufgelöst, weil es das Land an den Rande der Unregierbarkeit brachte, und ließ neu wählen, um Abgeordnete mit Sinn für das Allgemeinwohl nachrücken zu lassen. Experiment gescheitert – das belegt die Absetzung Vizcarras.

Die Korruption hat gewonnen, lautet die Botschaft aus Lima, auch wenn ­Martín Vizcarra zahlreiche Fehler zu verantworten hat. Auch gegen ihn ermittelten die Staatsanwälte wegen Veruntreuung während seiner Regierungszeit. Doch seine Reformversuche und seine Anti-Korruptions-Agenda vom Herbst 2019 waren für viele Peru­aner*in­nen ein Hoffnungsschimmer. Der ist nun Geschichte. Seine Absetzung werten die Juristen vom „Institut der rechtlichen Verteidigung“ (IDL) als Staatsstreich durch die Abgeordneten – die Korruption hat gesiegt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.