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Abtreibungsverbot in PolenGesetze gefährden Gesundheit

Patricia Hecht
Kommentar von Patricia Hecht

Der Tod von Agnieszka T. reiht sich ein in eine grauenhafte Zahl: 47.000 Frauen sterben jährlich an unsauber ausgeführten oder verweigerten Abbrüchen.

Protest gegen das Abtreibungsverbot in Polen nach dem Tod von Agnieszka T in Warschau am Dienstag Foto: Imago

D ie polnische Regierung habe „Blut an ihren Händen“, postete die Familie der Toten auf Facebook – und die Familie hat recht. Agnieszka T. starb mit 37 Jahren, weil Polen im Oktober 2021 eines der restriktivsten Verbote von Schwangerschaftsabbrüchen in Europa eingeführt hat. Ärz­t:in­nen haben sich bei der mit Zwillingen schwangeren Frau deshalb nun geweigert, einen toten Fötus aus der Gebärmutter der 37-Jährigen zu entfernen. Sie warteten ab, bis der zweite Fötus gestorben war. Agnieszka T. starb an einer Sepsis, berichten die Angehörigen.

Mitten in Europa sterben im 21. Jahrhundert Frauen, weil ihnen Staat und Religion das Recht auf den eigenen Körper verwehren. Der Fall in Polen war nicht der erste im Land, seit das neue Gesetz gilt, und er wird wohl nicht der letzte bleiben. Dabei ist Polen nicht das einzige Land mit restriktiven Gesetzen in Europa. In Malta zum Beispiel sind Schwangerschaftsabbrüche auch dann verboten, wenn das Leben der Schwangeren in Gefahr ist.

Und auch wenn es gern in Vergessenheit gerät, weil es Wege gibt, das Verbot zu umgehen: In Deutschland sind Abbrüche zwar unter besonderen Bedingungen straffrei, aber grundsätzlich illegal und im Strafgesetzbuch hinter Mord und Totschlag einsortiert.

Beim Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen geht es nicht darum, Leben zu schützen – sondern darum, den weiblichen Körper und weibliche Sexualität unter die Kontrolle eines patriarchalen, oft religiösen oder fundamentalistischen Systems zu bringen. Abbrüche zu verbieten gefährdet die Gesundheit von Frauen und kann zu ihrem Tod führen. Nirgendwo auf der Welt haben restriktive Gesetze zur Folge, dass es keine Abbrüche mehr gibt. Sie verhindern nur, dass sichere Abbrüche durchgeführt werden und das Leben von Frauen gerettet wird.

SPD und Grüne müssen Farbe bekennen

Vergangene Woche forderte der französische Staatspräsident Emmanuel Macron ein Recht auf Schwangerschaftsabbruch in der EU-Grundrechtecharta. Erst im Juni hatten die Abgeordneten des EU-Parlaments für den sogenannten Matic-Report gestimmt, der anerkennt, dass alle Bür­ge­r:in­nen Europas Zugang zu legalen und sicheren Abbrüchen haben sollen.

Rechtlich bindend ist der Report nicht. Hierzulande fordern zwei der drei Regierungsparteien in ihren Programmen, Abbrüche zu legalisieren. Und trotzdem hat es die Ampel nicht geschafft, die Entkriminalisierung im Koalitionsvertrag auf den Weg zu bringen. SPD und Grüne müssen endlich offensiv Farbe bekennen – auf deutscher wie auf europäischer Ebene.

Der Tod von Agnieszka T. reiht sich ein in eine grauenhafte Zahl von Toten weltweit: 47.000 Frauen sterben jährlich an unsauber ausgeführten oder verweigerten Abbrüchen. Alle diese Toten wären vermeidbar.

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Patricia Hecht
Redakteurin Inland
war Chefin vom Dienst in der Berlinredaktion, hat die Seite Eins gemacht und arbeitet jetzt als Redakteurin für Geschlechterpolitik im Inland. 2019 erschien von ihr (mit M. Gürgen, S. am Orde, C. Jakob und N. Horaczek) "Angriff auf Europa - die Internationale des Rechtspopulismus" im Ch. Links Verlag. Im März 2022 erschien mit Gesine Agena und Dinah Riese "Selbstbestimmt. Für reproduktive Rechte" im Verlag Klaus Wagenbach.
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