Abtreibungspille in Japan zugelassen: Nur ein Teilerfolg

Weltweit scheint noch Einigkeit darüber zu herrschen, dass Frauen nicht über ihre eigenen Körper bestimmen sollen. Trotz kleiner Errungenschaften.

Eine Frau trägt einen Umhang, der aus aufgeblasenen Kondomen gemacht ist

Mumbai 2015: Ein Model trägt ein Kleid, das aus Kondomen gemacht ist Foto: Hindustan Times/imago

Welches Land ist wirklich fortschrittlich, wenn es darum geht, Frauen zu erlauben, über ihren eigenen Körper zu entscheiden? Dass ich hier von „erlauben“ spreche, sagt ja schon alles: In Japan wurde, nach jahrzehntelangen Kampagnen, ein Medikament zugelassen, das den Abbruch einer Schwangerschaft in frühem Stadium herbeiführt. Japan ist eines der wirtschaftlich fortgeschrittensten Länder der Erde. Wenn es um sichere Methoden zur Beendigung einer Schwangerschaft geht, hinkt es aber ziemlich hinterher. Bisher sind dort nur Abtreibungen mittels gynäkologischem Eingriff erlaubt, und das auch nur, wenn der Ehemann oder Partner zustimmt.

Die USA drohen ja schon länger mit dem Streit um das Medikament Mifepriston weiter in viktorianische Verhältnisse zurückzudriften. Und auch in Japan können die Pillen mit Mifepriston und Misoprostol erst nach einer ärztlichen Konsultation erworben und eingenommen werden, sie kosten umgerechnet 570 Euro. Ein gynäkologischer Eingriff kostet mindestens ebenso viel. Und, wenig überraschend, die Krankenkasse in Japan übernimmt die Kosten nicht.

Doch selbst bis hierher war es ein mühsamer Weg: 12.000 Stellungnahmen wurden online gesammelt, bevor das Gesundheitsministerium aktiv wurde. Und auch jetzt ist noch nicht klar, ab wann die Abtreibungspille verfügbar sein wird. Das japanische Gesetz zu Schwangerschaften verlangt, dass der Partner einer Abtreibung zustimmen muss, es sei denn, er ist unbekannt oder kann seine Haltung nicht mitteilen. Das gilt auch bei einem medikamentösen Abbruch. Selbst unverheiratete Frauen müssen die Zustimmung eines Mannes vorweisen – so patriarchal ist die japanische Gesellschaft geprägt.

In Japan fordern viele auch einen besseren Zugang zu einer Verhütung durch die „Pille danach“. Vor ihrer Verabreichung ist bisher die Zustimmung eines Arztes nötig, und sie muss vor den Augen eines Apothekers eingenommen werden.

Sexuelle Freiheit und Geschlechtskrankheiten

Es gibt bis heute kaum ein Land, in dem nicht versucht wird, Kontrolle über die Körper von Frauen und ihre Reproduktionsfähigkeit auszuüben. In Irland, wo ich lebe, wurden Schwangerschaftsabbrüche erst vor fünf Jahren gesetzlich zugelassen. Protestiert wird aber weiter: Weil sie nur bis 12 Wochen nach der Empfängnis erlaubt sind. Außerdem müssen drei Tage zwischen der Genehmigung durch einen Arzt und dem Eingriff selbst verstreichen. Im Notfall müssen Frauen für eine Abtreibung weiterhin per Flugzeug in ein anderes Land reisen.

Andererseits ist in Indien, dem Land meiner Geburt, Abtreibung bis zur 20. Schwangerschaftswoche erlaubt, was unter besonderen Umständen bis zur 24. Woche verlängert werden kann. Doch noch ist nicht dafür gesorgt, dass alle Frauen ausreichend über Wege und Mittel informiert sind, um eine Schwangerschaft abbrechen zu können.

Letztlich scheint weltweit Einigkeit darüber zu herrschen, dass Frauen nicht über ihre eigenen Körper bestimmen sollen. Als ich in Indien aufwuchs, sah ich ständig aufklärende TV-Spots über verschiedene Verhütungsmethoden und sicheren Sex. Nicht nur ungewollte Schwangerschaften sollten so verhindert werden, sondern auch HIV-Infektionen und andere sexuell übertragbare Krankheiten – und natürlich ging es um Geburtenkontrolle. Ja, Frauen schienen durch die Pille an Freiheit zu gewinnen, aber gleichzeitig nahmen Geschlechtskrankheiten wie Gonorrhöe, Chlamydiose und Syphilis zu. Es läuft darauf hinaus: Wir brauchen besseren Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen – aber auch besseren Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten.

Aus dem Englischen von Stefan Schaaf

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