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Abstimmung im BundestagMehrheit beschließt Tarifeinheit

Der Bundestag hat für das umstrittene Gesetz zur Tarifeinheit gestimmt. Es soll im Sommer in Kraft treten. Mehrere Gewerkschaften wollen dagegen klagen.

448 dafür, 126 dagegen: Abstimmung über das Tarifeinheitsgesetz. Bild: dpa

BERLIN afp/dpa | Der Bundestag hat am Freitag das umstrittene Gesetz zur Tarifeinheit beschlossen. Für das Gesetz votierten in namentlicher Abstimmung 448 Abgeordnete, 126 stimmten dagegen, 16 Parlamentarier enthielten sich. Das Gesetz soll im Sommer in Kraft treten, mehrere Berufsgewerkschaften haben allerdings schon Verfassungsklage angekündigt.

Zuvor lieferten sich Koalition und Opposition in der abschließenden Beratung zur Tarifeinheit einen Schlagabtausch. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) verteidigte den umstrittenen Gesetzentwurf als Mittel zur Stärkung der Tarifautonomie. „Das Koalitionsrecht und das Streikrecht tasten wir nicht an“, sagte Nahles. Kollektives Handeln werde aber ad absurdum geführt, wenn nur für einzelne Gruppen auf dem Rücken der Belegschaft gekämpft werde.

Die Opposition warf der Regierung vor, das Streikrecht auszuhöhlen. Laut Entwurf soll in Betrieben für eine bestimmte Beschäftigtengruppe nur noch der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern gelten.

Linke-Fraktionsvize Klaus Ernst kritisierte: „Das Gesetz ist eine Einschränkung des Streikrechts kleiner Gewerkschaften.“ Streiks würden faktisch unzulässig, weil ein Streik nur zulässig sei, wenn er auf den Abschluss eines Tarifvertrags ziele.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte, kleine Gewerkschaften hätten das Tarifniveau zuletzt immer wieder angehoben. „Die SPD steht an vorderster Front, dass das Tarifniveau nicht nach oben gezogen wird.“

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10 Kommentare

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  • Die Verfassungskonformität ist fraglich. Ob der Präsident dieses Gesetz ausfertigt? Und warum will keiner gegen das Gesetz streiken?

  • Leute, die selber kein Tarifgesetz brauchen, weil sie ihre eigenen Gehälter selber festlegen, entscheiden über die Tarifbedingungen von Leuten, deren Gehälter davon abhängen. Unser System ist und bleibt einfach spitze!

  • Ich übersetze das mal für politisch Unerfahrene:

    "Mittel zur Stärkung der Tarifautonomie" bedeutet hier

    a) Mittel zum Eingriff in die Tarifautonomie.

    b) Mittel zur Schwächung erstarkender Gewerkschaften

     

    „Das Koalitionsrecht und das Streikrecht tasten wir nicht an“, heißt:

    Wir nutzen dieses Gesetz, um nach und nach das Koalitionsrecht und das Streikrecht abzuschaffen.

     

    "Kollektives Handeln werde aber ad absurdum geführt, wenn nur für einzelne Gruppen auf dem Rücken der Belegschaft gekämpft werde", heißt:

    a) Wir möchten verhindern, dass starke Einzelgewerkschaften das Lohnniveau in Deutschland insgesamt anheben.

    b) Streiks, die auch Aussicht auf Erfolg haben, waren bei uns sowieso nie vorgesehen.

    c) Wir dulden keine mächtigen Gruppen neben unserer Polit-Mafia, weil sie unserer gefühlten Macht, eine reale Macht entgegensetzen könnten.

    d) Mit "auf dem Rücken der Belegschaft" ist hier gemeint: Zum Nachteil des Bundes als 100%igem Bahneigentümer

    e) Die Groko, die Groko, die hat immer recht

    f) Ohne die Einheitsgewerkschaft gewinnt hier am Ende noch der Sozialismus und das zu verhindern, ist schließlich die Hauptaufgabe aller Demokröten - mal abgesehen von der Besetzung von Pöstchen allenthalben, überall und jederzeit.

     

    PS: In den Geschichtsbüchern wird man später mal über diese Groko lesen können:

    Es war nicht alles nur Autobahn!

  • Soll man sich noch aufregen über die Blassroten?

     

    Übrigens: Es wird hier doch niemand glauben, daß eine GrüKo anders abgestimmt hätte?

  • Beitritt zum SED-DGB mit Beitragsservice oder was?!

  • "Mehrheit beschließt Tarifeinheit" -

    da ist ja ne echte Überraschung, nachdem es Opposition faktisch nicht gibt.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "Laut Entwurf soll in Betrieben für eine bestimmte Beschäftigtengruppe nur noch der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern gelten."

     

    Wie werden dann die Beschäftigtengruppen definiert? Und von wem?

  • Da kann man der Bundesregierung wohl zu einem weiteren nicht verfassungskonformen (ja, kann man verfassungsfeindlichen sagen?) Gesetz gratulieren und ihr herzlich wenig Erfolg in Karlsruhe wünschen.

    Glaubt eigentlich noch irgendwer, dass Frau Nahles zu einem wie auch immer gearteten linken Flügel innerhalb der SPD gehört? Das ist doch absurd. Was für eine einst stolze Partei, in welcher sich heutzutage sogar die sich selbst als links titulierenden Minister den Interessen des Kapitals willfährig um den Hals werfen.

    Was für ein armseliges Verhalten!

  • unSPD

  • Es war doch klar wie unsere Unternehmer und Industrievertreter abstimmen würden.

    Volksvertreter gibt es in unserem Bundestag ja leider kaum noch, auf jeden Fall nicht in den Reihen der GROKOtzos