Abschreckung per Urteil: Pluto hilft Castor
Eins muss man dem Lüneburger Amtsgericht lassen: Es ist ehrlich. Aber seine Argumentation, ein Urteil gegen einen Atomkraftgegner solle andere abschrecken, ist dennoch, um mit seinen Worten zu sprechen, undemokratisch. Weil diese „Generalprävention“ allzu gern nur in politischen Prozessen angewandt wird – um aus einer Mücke einen Elefanten zu machen.
Kommentarvon HEIKE DIERBACH
Die Absurdität im Fall Bavendorf mag ein Vergleich verdeutlichen: Auch die Raser bilden in Deutschland eine Massenbewegung. Auch sie setzen sich bewusst über geltendes Recht hinweg. Aber obwohl sie es auf eine tausendfach größere Fallzahl bringen als angekettete AtomkraftgegnerInnen, obwohl sie aus rein egoistischen Motiven handeln und das Leben anderer massiv gefährden, ruft kein Staatsanwalt, kein Richter nach Generalprävention. Weil Sicherheit im Straßenverkehr keine politische Priorität genießt.
Im Gegenteil zu Castor-Transporten, die jetzt gar der Lackmustest der Demokratie sein sollen. Dabei stände es schlimm um ein Land, nähmen seine BewohnerInnen die Gefährdung ihres Lebens und das kommender Generationen durch Atommüll leise seufzend hin. Auch ignoriert das Gericht, dass die Verhandlungen über den Atomausstieg alles andere als demokratisch waren: Die gewählten Volksvertreter hatten dabei nicht mehr zu sagen als Personen, deren „Mandat“ sich allein auf Eigentum stützt.
Der Protest gegen diese Plutokratie wird sich von einem Urteil nicht abschrecken lassen.
bericht SEITE 26
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen